Zwischen Moche und Chimú

Um sechs Uhr morgens sitzen wir im Bus von Cajamarca nach Trujillo. Draußen regnet es, der Himmel nimmt zwischen Wolken und Dämmerung eine gräuliche Färbung an. Mit Trujillo beginnt ein neuer Abschnitt unserer Reise. In Zukunft werden wir nicht zu dritt, sondern zu viert reisen. Daniel wird uns in Trujillo treffen und die nächsten Wochen begleiten. Die Fahrt nach Trujillo führt uns über kurvige Bergstraßen, hin zu den staubigen Küstenorten, die wir schon von Chiclayo gewohnt sind. Unterhaltung spendet uns ein „Naturmediziener“, der eine Stunde lang im Bus seine Produkte anpreist und mit Gottes Hilfe ihre Wirkung erklärt.

Trujillo ist mit 700.000 Einwohnern ein regionales Zentrum. Unser Hostel erinnert mit seinem improvisierten Zimmer ein wenig an den Guasmo. Außer uns ist das gesamte Haus von einer Gruppe Engländern gemietet worden, die in einer Schule in der Nähe eine Art Freiwilligendienst leisten. Um etwa 15 Uhr kommen wir an, müssen aber noch fast 2 einhalb Stunden warten, bis Daniel endlich vor uns im Innenhof steht. Er hat 20 Stunden Reise von Guayaquil aus hinter sich gelassen. Wir essen in der Fußgängerzone in einem Hinterhof, der mit seinen roten Sternen und schwarz-weiß Fotos an die Stiftung einer kommunistischen Partei erinnert.

Am nächsten Morgen fahren wir nach dem Frühstück mit dem Taxi für 7 Soles nach Chan Chan. Chan Chan ist eine antike Stadt der Chimú Kultur. Die Chimú entwickelten sich aus den Moche heraus und existierten parallel zur Chachapoya Kutur. Schwierig bei all den verschiedenen kulturellen Strömungen den Überblick zu behalten. Chan Chan entstand um 1300. Laut Reiseführer muss sie mit rund 60.000 Einwohnern zu ihrer Blütezeit die größte präkolumbianische Stadt Amerikas gewesen sein. Heute haben die Peruaner auf einem Teil der alten Stadt bereits eine neue errichtet, weshalb manche archäologische Funde verloren gingen. Die Anlage besteht aus neun, aneinandergereihten Tempeln. Außerhalb dieser Tempelanlagen lebte die „normale“ Bevölkerung, deren Häuser heute fast vollständig zu Staub verfallen sind. Innerhalb der Tempel lebte die Elite der Kultur, unter anderem Priester und die königliche Familie. Im großen Innenhof wurden Opfergaben für die Götter dargebracht. Dabei handelte es sich um Speisen, Trank, aber auch menschliche Opfer in Form von ausgewählten Jungfrauen. Die Kultur der Chimú war eng mit dem Meer verknüpft. Wenn ein „El Niño“ Jahr die Ernte auf den Feldern zerstörte, blieb der Bevölkerung trotz allem noch das Meer als Nahrungsgrundlage. Daher sind die Tempel von Chan Chan auch mit allerlei Meerestieren verziert. Da gibt es zum einen den Pelikan, der verehrt wurde, weil er den Fischern den Weg zu neuen Nahrungsquellen wies. Dazu Fische, Meereswellen und Fischotter. Für die Chimú am wichtigsten war der Mond und die damit zusammenhängende Ebbe und Flut. Sie arbeiteten einen Mondkalender mit 14 Monaten aus und opferten den Göttern nachts bei Mondschein. Es wird erzählt, dass als die Inka versuchten Chan Chan zu erobern, die Stadt aber hundert Jahre lang nicht einnehmen konnten. Erst als sie alle Wasserzuläufe der Stadt blockiert hatten, konnten sie die Chimú besiegen. Nachdem uns ein Führer durch die Teile der Stadt geführt hatte, die man besichtigen konnte, fahren wir mit dem Colectivo weiter in Richtung Meer. Wir haben Glück, zumindest scheint die Sonne und es geht kein allzu starker Wind, sodass man endlich mal einen Tag genießen kann, an dem man sich nicht ständig in dicke Pullover hüllen muss. In einem Restaurant mit Blick auf die am Strand auf und ab hüpfenden Pelikane essen wir Ceviche.

Am nächsten Tag besuchen wir die in unserem Kombiticket von Chan Chan inkluierten Huacas Esmeralda und Arco Iris, zwei kleinere in der Stadt gelegene Tempel. Am Abend essen wir Guacamole, Brot und Chips.

Huaca de Arco Iris

Am dritten Tag in Trujillo fahren wir für 15 Sol zur Huaca de Sol y Luna, zwei außerhalb von Trujillo gelegene Tempel. Diese Tempel sind Produkte der Moche Kultur, die vor den Chimú die Gegend beherrschte und durch ein besonders starkes „El Niño“ Jahr geschwächt und sich schließlich durch einen politischen Wandel zur Chimú Kultur wandelte. Bei den Tempeln handelt es sich um zwei Pyramiden, die zu rituellen (Huaca de Luna) und zu politischen (Huaca de Sol) Zwecken dienten. Betreten können wir nur die Huaca de Luna. Im anderen Tempel werden noch immer Ausgrabungen getätigt. Im Tempel wurde eine enorme Anzahl an Gräbern, aber auch an geopferten Skeletten gefunden, die einfach im Innenhof des Tempels liegen gelassen wurden. Im Gegensatz zu den Chimú, die vor allem Jungfrauen opferten, opferten die Moche junge Krieger. Dazu führten sie Wettbewerbe zwischen den besten Kriegern durch und opferten jene, die im Kampf erlagen. Nach und nach vergrößerten die Moche ihren Tempel und zwar indem sie die alte Version des Tempels mit Steinen auffüllten und auf dessen Fundament eine identische neue Schicht bauten. Der Tempel besitzt fünf solcher Schichten. Weil die alten Mauern unter den neuen begraben waren, sind sie besonders gut und sogar in Farbe erhalten. Allerdings birgt ebendiese Architektur auch Schwierigkeiten bei der Freilegung. Bis heute sind nicht alle Schichten erkundet und es könnte sein, dass sich in den unteren Kammern noch zahlreiche unentdeckte Gräber befinden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert