Besuch von Auswärts

Als ich Ende Juni eines Morgens nach Mi Cometa kam, erwartete mich eine freudige Überraschung. Es wurde geputzt! Und wie.- Sogar die Treppen, die in meinen neun Monaten hier noch nie jemand wirklich sauber gemacht hatten wurden mit Wasser und Besen sauber geschrubbt. Natürlich war mir sofort klar, dass dieser scheinbar plötzliche Reinlichkeitswunsch nicht grundlos über die Teilnehmer mi cometa gekommen war. – es wurde Besuch erwartet. Besuch aus den USA.
Mi cometa hat nämlich seit Jahren ein Häuserbau Projekt ins Leben gerufen, für das einmal im Jahr, eine Woche amerikanische Freiwillige in den Guasmo kommen. In dieser Zeit arbeiten die „USAler“ und die Ecuadorianer zusammen, um einigen in der Gemeinschaft engagierten Familien neue oder renovierte Häuser zu ermöglichen. Und da die Familie von Ana und Daniel schon seit Jahren in mi cometa engagiert ist, hatte AUF letztes Jahr begonnen das Haus der beiden zu renovieren. Normalerweise läuft der Prozess des Häuserbauens über zwei Jahre hinweg. Im ersten Jahr wird der Rohbau gefertigt. Im darauf folgenden Jahr wird das Haus dann komplett fertiggestellt. Ana und ihre Familie hatten nun ein Jahr an einem anderen Ort gewohnt, darauf wartend, dass die Amerikaner zurückkehrten, um fertigzumachen, was sie begonnen hatten.
Die Freiwilligen aus den USA wurden mit großem „TamTam“ empfangen. Die Flaggen von Ecuador und USA wurde aus dem Fenster gehängt, eine Musikanlage aufgebaut, eine Reihe Kinder mit Willkommensschildern und Luftballons aufgestellt, und dann warteten zahlreiche Familien am Straßenrand, bis ihre Schützlinge eintrafen.

Zur gleichen Zeit bereitete sich der Staat Ecuador auf einen ebenfalls wichtigen Besuch aus dem Ausland vor. Der Papst sollte kommen! In einem weitgehend katholisch geprägten Land löste diese Neuigkeit natürlich großen Aufruhr aus. Und während die Freiwilligen aus den USA, eine Woche lang auf zwei Baustellen arbeiteten, machte sich die Öffentlichkeit auf das Spektakel bereit, das der Papst nach Ecuador bringen würde.

Am 4. Juli zog Anas Familie in das fertiggewordene, neue Haus ein. Ich half den ganzen Samstag lang, Sachen von A nach B zu tragen, zu putzen. Und aufzuräumen. Die Familie hatte sehr viel Arbeit, weil am darauffolgenden Tag die USAler, das fertig eingeräumte Haus besichtigen wollten und alles bis dahin einigermaßen in Ordnung sein sollte. Dazu kam, dass Daniel krank geworden war und Chikungunya hatte. Diese Krankheit wird ähnlich wie das Dengue durch Stechmücken übertragen und verursacht vorwiegend Fieber und Gelenkschmerzen.
Am Sonntag probten wir den ganzen Tag in Clave de Sur, denn wir mussten ja noch so viel üben für das Jubiläum der Musikschule. Am Mittag aßen wir zusammen in der Musikschule und griffen danach wieder zu unseren Instrumenten. Ich hatte Spaß- ich bin gerne in Clave de Sur, auch am Wochenende.
Für den Montag und damit den Tag, an dem der Papst nach Guayaquil kommen sollte, wurde an den meisten Orten ein spontaner Feiertag ausgerufen, damit alle die so wollten, den Papst sehen konnten. Und da nicht einmal in den Schulen Unterricht gegeben wurde, beschlossen wir, es in Clave de Sur ebenfalls langsam angehen zu lassen.
Schon vom frühen Morgen an, wurde jeder Schritt des Papst im Fernsehen übertragen. Sogar im Flugzeug wurde der Arme von Kameras verfolgt.
Am Mittag aßen wir alle zusammen mit meiner Familie Ceviche, lachten,redeten und sahen fern. Da fühlte ich mich sehr zu Hause! Allerdings erinnerte ich mich, dass ich um fünf Uhr nachmittags eine neue Freiwillige für Galapagos vom Flughafen abholen sollte. Und das gestaltete sich als nicht ganz einfach. Wegen des päpstlichen Besuchs waren die Straßen teilweise gesperrt und die Metrovia fuhr nicht. Die ganze Stadt war in Aufruhr. Viele Leute hatten die Nacht in Zelten oder im Freien geschlafen (sogar im kalten Quito konnten Sie davon nicht abgehalten werden) nur um am nächsten Tag den Segen des Papsts zu empfangen. Wir nahmen ein Taxi und glücklicherweise schafften wir es bis zum Flughafen. Der Papst war nämlich genau eine Stunde vor uns abgereist. So zeugten nur noch vereinzelte Menschengruppen und eine übermäßige Polizeipräsenz von dem hohen Besuch.
Die Freiwilligen aus den USA waren bereits am Sonntag abgereist. Das einzige was von Ihnen blieb, waren die fertiggestellten Häuser und ein Berg Sand, den man im „Garten“ mi cometas abgeladen hatte. Und weil natürlich die Uhren jetzt wieder normal tickten, machte sich niemand die Mühe, meinem Wunsch nachzukommen und sich um den Garten zu kümmern. Im Gegenteil, jetzt hatte auch niemand mehr die Motivation den restlichen Sandhaufen hinfort zu schaffen und langsam aber sicher verfiel mi cometa wieder in die alte, träge Verlassenheit, sodass die Töne aus Clave de Sur bald das einzige waren, was man aus dem großen Gebäude zu hören begann.

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Ankunft der Freiwilligen aus den USA

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