Chiclayo

 Am Mittwoch machten wir eine kleine Odyssee durch die Stadt, um unsere bereits reservierten Bustickets für den Abend abzuholen. Seit einigen Monaten hat sich das Gesicht von Guayaquil verändert. Eine Situation, die uns in Europa, wenn überhaupt nur als Randthema in den Nachrichten beschäftigt, betrifft hier einen ganzen Kontinent: nämlich die politische Situation in Venezuela. An den Straßenecken und in der Bahía stehen Venezolaner und verkaufen Spezialitäten aus ihrem Land. Aber wer kann, bleibt nicht in Guayaquil, sondern reist weiter in Richtung Norden. Chile ist ein beliebtes Ziel, da die Standards und Löhne dort besonders hoch sind. Dementsprechend war unser Bus vollkommen von Venezolanern ausgebucht. Die Mitglieder einer Großfamilie, die vor uns am Schalter bedient wurde, mussten sich sogar aufteilen, da ein Teil der Familie erst im Bus am nächsten Tag Platz fand. Man fragt sich, was aus diesen ganzen Menschen wird. Junge Männer mit Frauen und Kindern, die sich in den Nationalfarben Venezuelas kleiden oder ihre Fahne mit sich tragen, als würden sie sich weigern dieses letzte Requisit ihrer Heimat aufzugeben.

Die Busfahrt von Guayaquil nach Chiclayo dauert etwa 14 Stunden, je nachdem wie viel Zeit für den Grenzübergang benötigt wird. Um ca. ein Uhr morgens kamen wir an der Grenze an. Alle mussten aussteigen, sich in die Schlange stellen und warten, bis die ecuadorianischen Behörden einen aus- und die Peruanischen eingestempelt hatten. Zwischen halb drei und drei waren wir bereit zur Weiterfahrt. Als ich das erste Mal um etwa 6 Uhr morgens aufwachte und aus dem Fenster blickte fiel mir sofort auf, wie kahl Perus Küstenland im Vergleich zu Ecuador war. Hier wuchsen fast keine Bäume und Büsche, sondern nur kurzes braunes Gras. Wir fuhren an Gebieten vorbei, in denen weitläufige Reisfelder angelegt waren. Dort standen Bauern bis zu den Knie im Wasser und arbeiteten auf den Feldern, indem sie sie entweder abernteten oder umgruben. Chiclayo ist keine schöne Stadt. Schon als uns unser Taxi vom Busbahnhof zum Hostel fuhr, machte sich der dichte Verkehr bemerkbar. Aus allen Ecken drangen Autos. Rechts vor links gilt hier nirgendwo, Zebrastreifen sind nicht für Fußgänger bestimmt und man kann sich glücklich schätzen, wenn Ampeln berücksichtigt werden. Motorräder und Tresymotos fahren im Slalom um stehende Autos. Ständig wird gehupt und gedrängt, aber irgendwie funktioniert alles mit ein wenig Geduld. An den Straßenecken stehen Verkäufer und bieten ihre Ware den vorrübergehenden Scharen an. Besonders abends sind die Straßen voller Menschen. Im Zentrum der Stadt befindet sich eine hübsche Kathedrale, gelb angestrichen, mit zwei Türmen. Der Vorplatz wird völlig vom Verkehr umschlungen.

Am Freitag fuhren wir nach Pimentel an den nahegelegenen Strand. Um einen Bus zu finden, der uns dort hinbrachte, mussten wir zahlreichen Peruanern wenig hilfreiche Wegbeschreibungen entlocken, die sich meistens auf „por alla“ (nach da) beschränkten. Allerdings fanden wir schließlich doch unseren Weg und verbrachten den Vormittag an besagtem Strand. Dort gibt es einen Pier, der bis weit ins Meer hervorragt und auf dem früher sogar Schiffe transportiert wurden. Heute ist er eine Touristenattraktion und für 2 Sol Eintritt zugänglich. Es war sehr windig an diesem Tag und das Meer dementsprechend von Wellen durchzogen. Über dem Pier kreisten Pelikane und Kormorane. Der Strand war weitläufig und wenig besucht. Wir schlenderten eine Weile in Richtung einer großen Düne und entdeckten drei tote Seehunde über denen bereits die Fliegen kreisten. Gerüchten zufolge musste der Strand einige Jahre zuvor wegen Verschmutzung geschlossen werden. In der anderen Richtung konnte man die traditionellen Fischerboote bestaunen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie irgendjemand in diesen Booten fahren kann, die aus einer Art Schilf gemacht sind und in denen nur eine einzige Person Platz findet.

Am nächsten Morgen, es war unser letzter Tag in Chiclayo, fuhren wir zum Museo de Tumbas Reales, laut Reiseführer eines der besten und modernsten Museen in ganz Peru. In der Nähe von Chiclayo hatte man eine Grabpyramiede gefunden, in der Überreste der alten Moche Kultur erhalten geblieben waren. Die Moche Kultur ist älter als die der Inka. Überreste finden sich vor allem in Nordperu. Das Museum zeigte Schätze aus den Gräbern des „Señor de Sipán“, dessen Vorfahren, sowie Priestern und hohen Militärs. Der Senor, der „König“ der Moche wurde von Goldschätzen überhäuft, mit drei Frauen, einem Kind, einem Wächter und zwei Lamas beerdigt. Die Grabpyramiede ist in zehn Stockwerken aufgebaut über die sich je nach Alter die Gräber in verschiedenen Kammern erstrecken. Muschelketten, Krüge und Goldschmuck reihen sich aneinander. Der „Señor de Sipán“ wurde mit 212 verschiedenen Krügen beerdigt, in denen sich unter anderem Getreide, Bohnen und Mais für sein Leben nach dem Tod befanden. Ähnlich wie die Ägypter glaubten die Moche, dass das Leben nach dem Tod nicht endete, sondern im Jenseits fortbestand. Dieselben Hierarchien, die im Diesseits galten sollten auch im Jenseits herrschen. Daher wurde man je nachdem welcher sozialen Schicht man angehörte auch auf unterschiedliche Art und Weise beerdigt. Der Señor, der noch vor dem Priester den höchsten sozialen Stand verkörperte, sollte die Zeichen seiner Herrschaft mit ins Grab nehmen. So blieben sie ihm, aber vor allem den Touristen auch nach etwa 1500 Jahren noch erhalten.

 

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