Davon, wie ich mein Visum schließlich doch noch bekam

Wenn man über sechs Monate hinweg versucht, ein Visum zu verlängern und einem jedes Mal, wenn man seinem Ziel nahe scheint, ein weiteres Dokument in den Weg geworfen wird, kann man ganz schön verzweifeln. Man kann sogar so sehr verzweifeln, dass man beginnt sich nach Hochzeitskandidaten umzuschauen, und davon hätte ich in der Musikschule genug finden können. Zu dieser Zeit war ich ungefähr jede Woche mindestens zwei Mal zu Gast im „Gobierno del Litoral“, die zuständige Behörde, die sich leider ganz im Norden von Guayaquil befindet. Das hieß für mich jedes Mal eineinhalb Stunden Hinfahrt, eine halbe Stunde Wartezeit,fünf Minuten, in denen man mir erklärte, warum man mir das Visum nicht geben konnte, und eineinhalb Stunden Rückfahrt. Ich hatte mich inzwischen daran gewöhnt, aber Spaß machte es mir nicht. Etwas lustiger war es wenigstens, wenn mich jemand begleitete. Und an eben diesem Tag, an dem ich wieder neu verlangte Dokumente einreichen musste, erklärten sich Daniel und Samuel zum Glück dazu bereit, mich zu begleiten. Das einzige Problem bestand darin, dass ich auf meinem Dokument eine Unterschrift von Ana brauchte und diese war nicht zu Hause. Sie schickte uns dann sogleich ein Foto von ihrer Unterschrift und ich animierte einige Mitglieder Clave de Surs dazu, sich im Unterschriften fälschen zu üben. Mit mäßigem Erfolg- Musiker bleiben eben Misiker und keine Dokumentenfälscher. Welch Ironie wäre es auch gewesen, hätte ich mein Visum auf Basis einer falschen Unterschrift bekommen. (Ich überspringe die Details zu diesem Thema lieber). Wir nahmen uns schließlich vor, auf dem Weg ins Gobierno del Litoral, Ana bei der Arbeit zu besuchen.
Ausnahmsweise wurde es ein ganz schöner Ausflug. Endlich hatte ich einmal ziemlich viel Zeit mich mit Samuel auszutauschen und ihm zu erzählen, was in den letzten Monaten, die er hier verpasst hatte, alles passiert war. Wir gingen Empanadas essen und in der Mall nach Mückenspray suchen (schließlich hatten Daniel und nun auch Ana schon Chikungunya bekommen und Samuel und ich versuchten eben das zu vermeiden). Als wir endlich im Gobierno ankamen war es schon drei Uhr nachmittags. Ich reichte meine Dokumente, wie immer ein und zweifelte daran, ob ich nun endlich das Visum bekommen würde. Schließlich hatte ich schon zwei Ordner voller Dokumente eingereicht und immer fand die Behörde irgendeinen Grund, um mir mein Anliegen zu verweigern. Ich glaube es gibt keinen einfachen Weg, ein Visum, für Ecuador zu bekommen. Samuel, der sein Visum lediglich registrieren lassen wollte, wurde auch sofort in das aussichtslose Glücksspiel der Visumssuchenden verwickelt. Nachdem der uns bedienende Angestellte ihn eine Weile ausgelacht hatte, erklärte er uns, dass das Konsulat in Deutschland Samuel anscheinend ein Visum gegeben hatte, das es überhaupt nicht gibt…- Manchmal frage ich mich, warum wir alle Dinge auf dieser Welt zu Zwängen machen. Warum kann ich nicht hingehen,wo ich hinwill oder dort bleiben, wo ich glücklich bin. Wo bleibt die Freiheit, wenn alles hundertfach gestempelt, registriert und geprüft wird?
Nun ja, ich will mich nicht beschweren, denn, man glaubt es kaum, aber an jenem Abend bekam ich endlich eine email, die mir bestätigte, dass mir das Visum gestattet werden würde. Ich bin wirklich dankbar, dass ich diese Sorge nun vom Hals habe.
Mit blieben zwei letzte Ausflüge zum Gobierno Del Litoral, um mein Viusm zu bezahlen und das Endprodukt schließlich abzuholen. Daniel begleitete mich und auf dem Rückweg gingen wir am Malechon spazieren, kauften Saft, Pan de Yuka und für mich ein Paar Flip Flops, weil alle meine Sandalen kaputtgegangen waren und man in Guayaquil ohne Flip Flops nicht überleben kann.
Man versicherte mir, ich könnte mein Visum am kommenden Montag abholen und als ich es an jenem Tag endlich in den Händen hielt, könnte ich kaum glauben, dass ich es nach so langer Zeit doch noch geschafft hatte. Ich war gar nicht einmal besonders glücklich, sondern eher überrascht, dass ich nun keine neuen Dokumente mehr kreieren, keine Unterschriften suchen oder Hochzeiten planen musste. Und als ich realisierte, dass ich nun wohl nicht mehr jede Woche im Gobierno del Litoral zu Gast sein würde, fühlte ich fast ein wenig Wehmut- schließlich war dieser Ort nun schon so vertraut geworden…

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Ausflug mit Daniel

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