Quinceañera

Samuel war so nett und erklärte sich bereit mir ein bisschen mehr von Guayaquil zu zeigen. Wir, Samuel, Gary (ein Freund von Samuel) und ich, machten uns darum um fünf Uhr nachmittags auf den langen Weg, mit der Metrovia zum Malechon.

Von dort aus wanderten wir, eine Weile die Uferpromenade entlang, machten an einer Art Spielhalle Halt und gingen schließlich weiter, einer Art „Berg“ entgegen, von dem man über ganz Guayaquil blicken kann.
Das Guayaquil, was ich dort erlebte war ein ganz anderes, als das, das ich vom Guasmo gewöhnt war. Wir stiegen die rund 400 Stufen zu der Spitze des Ausguckpunktes hinauf und blickten auf das sich vor uns erstreckende Meer von Lichtern. Die Flussmündung hob sich in der Dunkelheit schwarz von der sonst erleuchtenden Stadt ab. Das viele Licht verdeckte auch die Sterne, aber man konnte gut das ein-oder andere Flugzeug sehen, dass den Himmel in Richtung des nahegelegenen Flughafens durchkreuzte. Ich dachte daran, dass es nun schon 3 Wochen her war, dass ich in eben solch einem Flugzeug saß und rechnete mir die ewigen Wochen aus, die es trotz allem noch dauern würde, bis ich von dort aus meinen Heimweg antreten würde. In dem Moment Kammer Deutschland schrecklich weit weg vor.
Mit der vollgestopften Metrovia fuhren wir zurück in den Guasmo. Dort angekommen fiel mir sogleich auf, dass das Fußballfeld, wo normalerweise zu fast jeder Uhrzeit Kinder spielen, sich in einen festlich herausgeschmückten Saal verwandelt hatte. Überall hingen Lampions, Tische und Stühle standen mit weißen Decken und und Bändern umhüllt in einer Art Halbkreis und präsentierten damit die noch freigebliebene Fläche. Die Durchgänge des Feldes waren versperrt und aus einem Haus führte ein mit Luftballons verkleideter Eingang.
Bald erfuhr ich, dass all diese Vorbereitungen für die Quinceañera, also den 15. Geburtstag eines Mädchens aus der Nachbarschaft getroffen wurden. In Ecuador ist es so üblich, dass ein Mädchen wenn es fünfzehn wird, ein großes Fest gibt. Man feiert dann, dass aus dem jungen einstigen Mädchen nun eine Frau geworden ist.
Jean Pierre lud mich ein, ihn auf das Fest zu begleiten Und so bekam ich die einzigartige Möglichkeit, alles genau mitzuerleben.
Über ein Mikrofon wurde der genau Ablauf des Geschehens angekündigt. Zuerst traten fünf Tanzpaare, die Mädchen in weißen Kleidern, die Jungen in schwarzen Anzügen auf die Fußballfläche. Danach kam ein kleines Mädchen, ebenfalls in Begleitung eines kleinen Jungen hinzu, die ein pinkes Kleid und ein Kissen mit einem Paar silberner Schuhe darauf trug. Zuletzt kam dann die Quinceañera, in einem bodenlangen, ebenfalls pinken Kleid, dazu gelockte Haare und Handschuhe, die ihr bis zu den Ellenbogen reichten.
Alles war sehr feierlich. Die Eltern des Geburtstagskinds traten hinzu und alle begannen Walzer zu tanzen. Darauf tauschte die Quinceañera ihre Schuhe, mit eben jenen die das kleine Mädchen auf ihrem Kissen trug. Ein Zeichen dafür, dass das Mädchen nun zur Frau gekürt war. An jeden wurde ein Glas Sekt verteilt und alle riefen „Viva la Quinceañera“.
Darauf wurde verschiedene Reden vorgetragen, das Geburtstagskind beteuerte unter Tränen, wie glücklich es sei, dass alle gekommen wären und dankte ihrer Familie. Es folgte ein weiterer Tanz, begleitet von hochromantischer Musik.
Nachdem dann dieser, „offizielle“ Teil des Festes vorbei war, wurde bald etwas fröhlichere und weniger elegante Musik, wie zum Beispiel Salsa gespielt und die Gäste begaben sich auf die Tanzfläche. Sogar ich tanzte ein wenig, obwohl ich nicht so recht wusste wie. Die Zeit verging wie im Flug und schon war es für mich Zeit nach Hause zu gehen. Das Fest ging aber noch einige Zeit weiter und von meinem Bett aus konnte ich die Musik so klar und deutlich vernehmen, als schliefe ich neben einem Lautsprecher.

 

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Vor der Quinceanera

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