Jamaican update II – about mountains, waterfalls and wild crocodiles

Ein erneutes Hallo aus Trench Town! Zum Wochenanfang folgt ein weiterer Beitrag, gefüllt mit den Erlebnissen unserer letzten Ausflüge. Naja, der Beitrag ist schon eine Weile fertig, das Internet ist nur momentan sooo grottig schlecht, dass es eine Weile gedauert hat, den hier hochzuladen. (Wir haben tatsächlich darüber spekuliert, was uns mehr stört: dass wir gerade kein fließend Trinkwasser haben, oder dass das Internet nicht ordentlich geht… schlimm schlimm :D) 

Mir war klar, dass es irgendwann vorkommen wird, dass ich einen Ausflug, den ich bereits erlebt habe, mit den „neuen“ Freiwilligen nochmal durchführen werde, weil die nach mir eingetroffenen Deutschen einen Ort noch nicht gesehen hatten. Deshalb hat es mich besonders gefreut, dass wir tatsächlich meine bisherigen zwei Lieblingsausflugsziele an einem Wochenende miteinander kombinieren konnten. Dabei schien es zunächst so, als würde das erste Märzwochenende, von dem ich gerade erzähle, für uns als Ausflugswochenende ins Wasser fallen. Suarez Oma ist im Februar gestorben und am Samstag jenes Wochenendes war die Beerdigung angesetzt. Als uns allerdings die Idee kam, die Familie unter sich zu lassen und einfach allein in die Blue Mountains zu fahren (die erstens recht nah an Kingston liegen, zweitens ich mich da schon ein bisschen auskannte und drittens die Berge ziemlich reisesicher für Touris sind) buchten wir schnurstracks noch ein Zimmer im schönen Mount Edge Guest House und reisten also am Samstag frühs Richtung Berge.

Während mein letzter Bergebesuch recht regnerisch war, hatten wir diesmal bestes Wetter und unsere Stimmung wurde auch nicht dadurch getrübt, dass wir zu früh aus dem Local Bus stiegen und dadurch eine halbe Stunde mehr Aufstieg hatten (so viel zum Thema, Claudia kennt sich aus :D). Das Mount Edge war noch genauso umwerfend wie im Januar, hatte Hummingbirds und Doctorbirds zu bieten und unser Zimmer war urig gemütlich. Noch am selben Tag stiegen wir zum Hollywell Park hoch, welchen ich auch bereits mit den anderen besucht hatte (wer erinnert sich an den Park mit dem Jurassic-Park-Feeling? Ja, genau der!). Dort kauften wir den sündhaft teuren Queen-Kaffee und drehten noch eine Runde durch den Park im Wolkennebel, in welchem wir uns mittlerweile in dieser luftigen Höhe befanden. Nach einem angenehmen Abstieg gönnten wir uns noch ein feines Abendessen im Guest House, schauten uns einen Film an und rollten uns ins Bett, wobei wir ziemlich froh über die dicke Decke im Bett waren, weil es nachts in den Bergen ziemlich frisch werden kann.

Am nächsten Tag genossen wir ein super leckeres Pancake-Frühstück mit einer Tasse Blue Mountain Kaffee, also ein Frühstück, wie wir es sonst in Trench Town nie zu mampfen bekamen, und wagten uns danach auf unsere nächste Wanderung. Vom Mount Edge wanderten wir abwärts an einem kleinen Dorf vorbei, bogen eine Straße an einer Kaffeeplantage ab, um so auf einen wunderschönen Wanderpfad zu den kleinen Wasserfällen in Gordon Town zu gelangen, die ich auch bereits kannte und die mit eine der schönsten Badegelegenheiten war, welche ich hier auf der Insel so erlebt hatte. Es dauerte keine zwei Stunden, da schwammen wir bereits im Becken des ersten Wasserfalls, der uns entgegen kam. Das Wasser war zwar eisig frisch, aber das kam uns nach der hitzigen Wanderung gerade recht. So genossen wir unsere Wander-Erholung zunächst in diesem einen, darauf im nächsten Wasserfallbecken. Unsere Rückfahrt nach Trench Town verlief ebenso unproblematisch wie die Anreise, und so konnten wir von einem erfolgreich ausgenutzten Wochenende sprechen.

 

Am vergangenen Wochenende machten wir einen größeren Ausflug. Es ging, diesmal wieder mit Suarez zusammen, nach Black River. Der Ort hat einen gleichnamigen Fluss, welcher der zweit längste Fluss Jamaikas ist. Obwohl der Ort recht klein und beschaulich ist, kommen dort täglich einige Touristen hin, denn der Black River ist dafür bekannt, dass man Krokodile hautnah sehen kann. Am Freitag Nachmittag machten wir uns auf den Weg und kehrten am frühen Abend bereits in unser Guest House ein. Die Unterkunft hatte ich nach kurzer Recherche im Internet ausgesucht und sie vorgeschlagen, weil sie am interessantesten klang: Wir übernachteten im Waterloo Guest House, welches das erste Gebäude in der Geschichte der Insel ist, das überhaupt Elektrizität hatte. Das Anwesen hatte wirklich den Charme der letzten Jahrhunderte behalten, und auch wenn der im Internet angepriesene Pool kaputt war (wie jamaikanisch :D) hatten wir definitiv eine coole Zeit in diesem Guest House.
Am Samstag ging es dann also auf den Black River. Mit circa 15 anderen Touristen zusammen in ein mittelgroßes Boot gequetscht, fuhren wir von einem kleinen Hafen aus gemütlich auf dem Fluss entlang. Der Name kommt daher, dass der Grund des Flusses durch seine dunkle Farbe das Wasser nahezu schwarz erscheinen lässt, obwohl es eigentlich kristallklar ist. Die Fahrt ging los, der Kapitän stellte sich vor, entschuldigte sich erst mal dafür, dass er nicht schwimmen könne und ob jemand damit ein Problem habe… als alle verneinten, erzählte er uns von den Krokodilen (über 500 im 53 km langen Fluss lebend) und konnte uns nach wenigen Minuten auch schon das erste Prachtexemplar vorstellen. Am Ende der Fahrt hatten wir 3 oder 4 Krokos im Fluss gesehen, davon wurde aber eins aus dem Boot heraus gefüttert, sodass das „Safari Tour“ Feeling, wie die Tour angepriesen wurde, auf jeden Fall vorhanden war. Als unser Boot nach knapp einer Stunde wieder im Minihafen eintrudelte, konnten wir alle noch einer Crocodile Nursery einen Besuch abstatten, wo wir die Möglichkeit erhielten, ein kleines Kroko in den Händen halten zu dürfen. Das war auf jeden Fall ein cooles Erlebnis!

Nach der Safari Tour hatten wir die Idee, einen Strand aufzusuchen. Dies stellte sich als schwieriger heraus als erwartet, obwohl Black River direkt am Meer liegt. Zwar gab es eine Strandpromenade, dort war es aber  zu sehr mit Algen belagert und zu dreckig um dort baden zu gehen. Nach einem Blick auf die Karte im Reiseführer entschieden wir uns für den nahe gelegenen Parrottee Beach. Zunächst begannen wir dort hin zu laufen, um vielleicht auf dem Weg auch ein Taxi aufzugabeln. Da das Laufen allerdings in der puren Sonne kein gesundes Unternehmen gewesen wäre und außerdem alle Taxis die an uns vorbei fuhren schon voll waren, realisierten wir, dass wir zurück nach Black River gehen und von dort ein Taxi nehmen müssen, weil die Gefärhte von der Stadt aus starten würden. Der erste Taxifahrer der uns dort anquatschte sah wohl reiche Beute bei uns Weißen. Er verlangte 40 US $ pro Person. Als wir ihm darauf hin sagten, dass es sich um einen nur 7km entfernen Strand handelte, stellte er sich dumm und sagte etwas wie „aaaach soooo, Parrottee Beach, nicht Treasure Beach! Ja also da könnt ihr mir auch alle zusammen 40 US $ für hin und zurück geben!“ Völlig absurd, der Typ. Am Ende haben wir doch noch ein normales Route Taxi gefunden, wo wir einfach pro Person 120 J $ bezahlt haben, das sind umgerechnet  ca. 80 ct! Es ist und bleibt manchmal hart als Weiße. Deine Hautfarbe wird zum Aushängeschild für Reichtum. Trotzdem will ich diese Erfahrung nicht missen. (Zitat einer Deutschen zu einem Jamaikaner: „Do you think we sh*t money?“)

Der Strand war ganz schön trotz knaller Sonne, auch wenn Hellshire Beach und Lime Cay meine bisherigen Favoriten bleiben. Der Perottee Beach ist übrigens dafür bekannt, dass man von dort aus mit einem Boot auf eine Bar raus fahren kann. Die Pelican Bar steht quasi mitten im Meer auf Holzstelzen und macht daher einen spannenden Eindruck. Die Bar sah jedoch von weitem für uns nicht besonders aus, deshalb blieben wir am Strand und ließen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Zwar wurde meine Euphorie leicht gedämpft als eine Ameisenkolonie meine Tasche aufgrund eines Schokobrötchens als neues Zuhause bezog, aber nach Minuten langem Schütteln (Danke Kira :D) war auch dieses kleine Problem behoben.

Den Abend ließen wir gemütlich bei einem Bier ausklingen. Das jamaikanische Bier ist gar nicht schlecht! Die bekannteste Marke nennt sich Red Stripe. Leider werde ich keine Kostproben mit nach Deutschland bringen können, weil meine Flug-Kilogrenze in Koffer und Handgepäck schon fast erreicht wurde. Wem ich ein Bierpäckchen (auf eigene Kosten) schicken soll, der kann sich natürlich noch bis Ostern bei mir melden 😉

Am Sonntag fuhren wir zu den nahe gelegenen YS Falls. Warum die Falls so heißen ist nicht eindeutig überliefert. Entweder handelt es sich um die Initialen der ersten Besitzer des Anwesens (Yates und Scott) oder der Ursprung liegt in einem keltischen Begriff „whyess“, was eigentlich „winding“ bedeutet.
Uns war natürlich klar, dass die YS Falls eher touristisch angelegt werden sein. Dementsprechend war der Eintritt recht teuer aber noch bezahlbar. Ich muss echt sagen: es fühlt sich richtig gut an, kein klassischer Tourist zu sein! Wenn wir diese Touristenmassen sehe, habe ich oft das Gefühl, dass diese Leute in ihren behüteten Kleingruppen bei weitem nicht das wahre Jamaika kennenlernen, das Jamaika, das wir Freiwilligen zunächst leben und dann lieben gelernt haben. Und wenn uns dann noch eine deutsche Truppe einen schönen Resturlaub wünscht, können wir meist nur schmunzeln. Urlaub? Neeee … Freiwilligendienst!
Jetzt zu den Falls selbst: der Eingang, wo der Eintritt bezahlt wird, befindet sich nicht direkt an den Falls. Wir wurden alle in den Anhänger eines Traktors gesteckt und fuhren gute 5 Minuten mit diesem Gefährt eine Flusslandschaft entlang, bis sich die Wasserfälle talartig vor uns aufbauten.

Die Wasserfälle waren wirklich wunderschön! Optisch erinnerten sie mich sehr an die Dunn’s River Falls, die ich in meiner ersten Woche auf der Insel in Ocho Rios gesehen hatte. Über mehrere Etappen zogen sich die Wasserfallreihen, wobei an manchem Abschnitt der Fälle auch eine Bademöglichkeit war. Leider konnte man nicht wie bei den Dunn’s River Falls den kompletten Wasserfall alleine hochklettern. Teilweise sollten Gebiete nicht betreten oder konnten nur mit einem Guide erklommen werden. Das war uns irgendwie zu doof, deswegen zogen wir es vor, in den natürlichen „Pools“ der Wasserfallanlage zu schwimmen. Ganz oben konnte man sich auch an einem Seil ins Wasser schwingen, was wir sehr genossen! Neben dem Wasserfall konnte man außerdem in zwei künstlichen Poolbecken (jeweils warm und kalt) schwimmen gehen, wo wir unseren Falls-Besuch ausklingen ließen. Auch wenn das Wasserfallvergnügen durch die ganzen Einschränkungen etwas begrenzter war hatten wir trotzdem eine super Zeit, ich kann die Fälle wirklich nur ans Herz legen!
Von den YS Falls aus brachen wir nach Hause auf. Leider standen wir über eine Stunde im Stau, und das zu fünft in unserer 4er-Sitzreihe, das war schon eine Belastung. Die Jamaikaner hingegen waren alle soweit gut drauf, wurden laut und lachten über alles mögliche. So endete die Rückfahrt von einem Ausflug mit einer Verzögerung und wir kamen ziemlich müde aber voller schöner Erinnerungen zuhause an.

So viel zu unseren sehr schönen Ausflügen der letzten Wochen. Übrigens gab es noch ein paar kleine Erlebnisse unter der Woche, zum Beispiel sind wir mal ins Kino und zum Bowlen gegangen. Zu beiden Erlebnissen kann ich nur sagen: Die Jamaikaner lassen einfach viel mehr „die Sau raus“! Kleinigkeiten werden viel größer gefeiert, es wird miteinander gelacht und viele loben sich gegenseitig in den Himmel oder im Kino wird geklatscht, wenn der Superheld etwas beeindruckendes gemacht hat. Wenn ich zurück an Deutschland denke, kommt mir so aus der Ferne einiges am deutschen Verhalten viel verklemmter vor. Von so einer Verklemmtheit lasse ich mich oft genug mitreißen und kriege nicht den Mund auf. Ich hoffe, dass ich auch ein klein wenig zum Jamaikini geworden bin (bzw. diesen in mir noch erwecken werde) oder zumindest zukünftig in Situationen, wo nichts voran geht, weil jeder gefühlt einen „Stock im Arsch“ hat (ich entschuldige mich für die heutigen Ausdrucksweisen) selber ein bisschen mehr auf den Putz hauen werde.

Wow, in 2 Wochen ist der Jamaikaspaß bereits vorbei! Wie geht es weiter? Heute verrate ich es euch: da es ziemlich langweilig gewesen wäre, einmal auf die andere Seite der Erde zu fliegen, um dann nur ein Land zu bereisen, schließe ich an meine 3 Monate Jamaika noch 2 Wochen USA an. Wohin es mich dort treibt, wen ich besuchen und was ich erleben werde…. dazu spreche ich Ende März.

Das wa’rs schon wieder mit den Ausflugsgeschichten! Drücker aus Jamaika an alle lieben Menschen da draußen!

-> ÜBRIGENS: Der Club in der Charlie Smith fängt nun doch nicht wie geplant diese, sondern nächste Woche an. Warum? weil die Lehrer sich aus Protest für die geringe Bezahlung einfach 3 Tage lang krank schrieben ließen und dementsprechend keine Schule stattfand, und das nicht nur an dieser Highschool! Interessante Art des „Streikens“ …

jamaican life update I – teaching music and fulljoying our lifes

Aktuelles aus Trench Town und Schilderungen der letzten Ausflüge

Es grüßt das braun gebrannte Fräulein Danner! Während Deutschland von Eiseskälte geplagt wird, lassen wir uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Also ehrlich, so braun war ich noch nie, und das ohne jemals auf der Insel einen heftigen Sonnenbrand erlitten zu haben. Mal sehen, wie lange sich das in Deutschland hält. Es folgt ein vielseitiges Update der letzten Wochen mit bunten Erlebnissen. Die Schilderungen werden etwas ausufern, deswegen werde ich meine Beiträge auf diesen und einen weiteren Post innerhalb dieser Woche verteilen. Viel Spaß beim Eintauchen in Claudels kleine Karibikwelt (Alliteration for president) 😀

Wie läuft das Unterrichten?

Mittlerweile befinde ich mich in meiner 10. Jamaikawoche, sodass das Unterrichten zur Routine geworden ist. Montags bis freitags befinden wir uns frühs für eine Musikstunde weiterhin an Basic Schools oder an der privaten Schule für Sonderschüler im Teenie-Alter. Meine Erfahrungen aus dem Studium haben mir gute Dienste geleistet, um zusammen mit den anderen Freiwilligen und deren Ideen vielfältige Unterrichtsstunden vorzubereiten. Es ist immer wieder schön, den ein oder anderen Fortschritt der Schüler zu beobachten, auch wenn dieser noch so klein zu sein scheint. Manchmal ist es schwierig einzuschätzen, was man von den Kleinen (und Großen, die können manchmal aber nur genauso viel wie die Kleinen) abverlangen kann. Vor allem die Basic Kids haben oft Probleme, Anweisungen konkret umzusetzen oder halten sich nicht an die Call ’n‘ Response- Weise „Wir machen vor, ihr macht nach“ sondern reden zwischendurch schon rein, rennen auf uns zu, umarmen uns oder werfen sich auf den Boden. Im Vergleich zum deutschen Schulsystem handelt es sich bei diesen „Schulkindern“ ja eigentlich um Kindergartenkinder, und oft denke ich mir, wenn ich die Kleinen in ihren Uniformen mehr oder weniger gerade im Stuhl sitzen sehe: Lasst doch die Kleinen einfach mal spielen! Aber vielleicht sind genau dafür unsere Musikstunden auch da, dass sie sich mal etwas wilder bewegen können. Und auch wenn es mal etwas anstrengender wird, das Freudengeschrei auszuhalten, so denke ich mir, schreit los, ihr Pimpfe, denn wenn wir den Raum wieder verlassen, müsst ihr wieder konzentriert eure Schulbank drücken (was die Kids eh nicht machen, weil sie dafür viel zu wuselig sind!). Ich bin gespannt, was ich nach meiner Jamaikazeit vom deutschen Unterricht halten werde… 

Der Nachmittagsunterricht läuft mal gut, mal weniger gut. Wir dürfen leider immer noch nicht im Culture Yard unterrichten, da es Unstimmigkeiten über finanzielle Vorstellungen gab. Wie so oft im Leben hat also wieder das liebe Geld das letzte Wort. Wir unterrichten also im Haus. Manche mögen sich unseren Unterricht ähnlich wie in einer Musikschule vorstellen: ein fester Termin mit der Lehrkraft, man kommt und man geht wieder. Ein solcher Ablauf würde jedoch mit dem jamaikanischen Zeitgefühl und -management nicht übereinstimmen. Meist läuft es so ab: die Kids wissen: Zwischen 15 und 18/18.30 Uhr können sie zu uns ins Haus zum Unterricht kommen. Das Motto lautet dann: „first come, first serve“, und dann wird drauf los unterrichtet, bis der Abend anklingt. Wir unterrichten im Wohnzimmer, auf dem Dach und mittlerweile auch im Park des Kreisverkehrs vor unserer Haustür. Leider sind dort die Bänke recht unbequem, ansonsten ist gerade dieser Ort ein sehr schöner Platz zum Unterrichten, umgeben von Kokospalmen und anderen Gewächsen.
Mittlerweile habe ich wirklich alles unterrichtet, was ich anbieten kann: Klavier, Gesang, Gitarre, Ukulele, Blockflöte. Wer will, dem zeig ich auch die Melodika, die hier als MoG-Instrument zur Verfügung steht. Ich habe nur wenig „feste“ Schüler. Einen Gesangsschüler, er hat sich als „Lion“ vorgestellt (hier haben fast alle einen Spitznamen), unterrichte ich ein bis zwei Mal die Woche. Er ist allerdings bereits erwachsen und gerade dabei seine eigene Firma aufzubauen, dementsprechend von einer zuverlässigeren Natur als so manch anderer Jamaikaner. Im Gegensatz zu vielen anderen ist er auch unglaublich dankbar und scheint immer sein Bestes zu geben. Für manche Kinder ist das alles nur Spaß, und wir müssen uns manchmal gegenseitig darauf hinweisen, dass es unser gutes Recht ist auch mal ein Kind vor die Tür zu setzen, wenn es unseren Musikunterricht und unser Haus mit einer Art Spielplatz verwechselt.

Kleine bis große Erlebnisse

Vor 2 Wochen hatten wir sogar einen weiteren Auftritt: am 23. Februar war Jamaica Day. An diesem Tag ziehen alle Schüler nicht ihre Schuluniform an, sondern tragen Klamotten ihrer Wahl in den Farben Jamaikas. Die Charlie Smith Highscool hatte uns gebeten, unsere Performance vom Bob Marley Earthday zu wiederholen. Davon abgesehen, dass wir von diesem gewünschten Auftritt einen Tag vorher erfahren hatten, lief es eigentlich ganz gut. Ich musste zwar spontan den Klavierpart übernehmen, weil unser Freiwilliger, der es im Bob Marley Museum pianistisch unterstützt hatte, schon abgereist ist (Hallo Yannis, wir vermissen dich, big up yourself!) aber außer ein, zwei verrückten Akkorden klang es eigentlich ganz gut. Mittlerweile führen wir gerade einen Music Club in der Charlie Smith ein und die Schüler scheinen recht interessiert auf die Aussicht einer Bandgründung zu sein. Hoffen wir, dass das klappen wird.

Oooh, von einem Ausflug habe ich ja auch nicht erzählt! Einen Tag nach dem Jamaica Day wollten wir einen Tagesausflug zu einem Strand machen, der Ort und Strand heißen Treasure Beach. Im Reiseführer wurde die Gegend erwähnt, weil sie trotz schönen Strandes als wenig touristisch und dörflich ruhig beschrieben wurde. Auch Suarez war von dieser Idee recht angetan, weil er an diesem Ort auch noch nicht war. Unsere Badetücher und Bikinis im Gepäck machten wir uns früh auf, um sobald wie möglich am Strand liegen zu können. Leider stellte sich auf dem Weg dorthin heraus, dass wir von Kingston aus nicht direkt nach Treasure Beach fahren können, sondern mehrmals umsteigen mussten. Von der Strecke her hätte unsere Anreise höchstens so lange wie die 3-Stunden-Fahrt nach Belmont (Grasplantage, vorletzter Blogeintrag!) dauern müssen. Letztendlich waren wir durch 2 mal Umsteigen über 4 Stunden unterwegs und hatten nur knapp 3 Stunden Zeit, um uns am Strang zu räkeln. es war ziemlich bewölkt, aber das war uns nur recht, denn so wurden wir von der Sonne nicht gegrillt. Besonders wird mir dieser Strandausflug in Erinnerung bleiben, weil ich in die höchsten Wellen gesprungen bin, in denen ich je gebadet habe! Es war wirklich umwerfend toll, vielleicht wäre es ein Paradies für Surfer? So war der kurze Strandbesuch auf jeden Fall den Ausflug wert, wobei ich zukünftigen Freiwilligen auf jeden Fall eine Übernachtung empfehlen würde. Denn auch die Rückfahrt kam mit einigen Tücken: unser letzter Bus, in den wir stiegen, hatte im Laufe der Fahrt einen Platten bekommen, und wir mussten an einer Tankstelle eine Weile verharren. Dennoch handelte es sich definitiv um einen gelungenen Ein-Tages-Ausflug, mit kleinen Hindernissen.

Vorletzten Freitag gab es noch ein besonderes Erlebnis. Kevin, der Cousin unseres Gastbruders Suarez erzählte uns etwas von einem Videodreh in Trench Town, der bald stattfinden würde und ob wir bereit wären, daran teilzunehmen. Wir sagten einfach mal zu, ohne groß zu wissen, was auf uns zukommen sollte. Es hatte irgend etwas mit Trench Town zu tun, eine Dokumentation oder so ähnlich, stellte sich auf Nachfrage raus. Einen Tag vorher fuhren wir zu einem Bürohaus, um uns persönlich bei den Leuten vom Videodreh vorzustellen. Das ganze lief ziemlich absurd ab: Uns begrüßten zwei, drei Leute (darunter der Schlagzeuger von Alborosie, einem Reggae-Künstler mit italienischen Wurzeln) und wir wurden von einer Dame sodann durch das Gebäude geführt. Wir liefen einen langen Gang entlang, jede Tür wurde kurz aufgemacht, jedes Mal saß eine Dame am Bürotisch, wir gingen rein, stellten uns vor, schüttelten Hände und gingen wieder raus und zur nächsten Tür mit der nächsten Dame. Das Prozedere wiederholte sich ganze 5 bis 6 mal. Dies erklärte allerdings die Frage nicht, was für ein komischer Videodreh am nächsten Tag erfolgen sollte. Von Tür zu Tür kam mir der Spaß immer lächerlicher vor und ich musste an mich halten, um nach der vierten Tür bereits nicht in schallendes Gelächter auszubrechen, weil dieses ständige Vorstellen uns keinen Deut näher zur Antwort der Frage brachte, was es mit diesem Videodreh auf sich hat…
Schließlich wurden wir in einen Konferenzraum gesetzt, bekamen dort noch den Big Boss vorgestellt… und dann saßen wir da und wussten nicht, worauf wir eigentlich warteten. Jedenfalls stellte ich einer jungen Dame, die mit uns ein bisschen schwatzte dann endlich mal die Frage, was das morgen eigentlich für ein Videodreh werden soll. Es stellte sich heraus, dass es sich um ein Promotionsvideo für eine bald startende Tour-Reihe von „jammin tours“ drehte, die mit einem Bus berühmte Orte in Trench Town bereisen sollte.
So geschah es auch am besagten Tag darauf. Wir wurden zusammen mit einigen anderen schwarzen und weißen Touristen, welche zunächst erzürnt NICHTS von den Kameras wussten (wo haben sie die aufgegabelt???) in einen Bus gepackt und dabei gefilmt, wie wir jeeeeede Menge Spaaaaaß auf unserer Trench Town Tour hatten. Teilweise mussten die Jamaikinis die Reisetruppe motivieren, wie eine fröhliche Reisegruppe auszusehen, aber ich bin mir sicher, am Ende des Tages werden sie schon die Aufnahmen bekommen haben, die sie wollten. Mein besonderes Highlight der Tour war der Besuch eines Musikstudios, wobei ich selbst auch einige Takte ins Mikro singen durfte, freestyle gerapt und herumgealbert habe und dabei aufgenommen wurde. Sobald ich die Aufnahme oder den Link zum Tourwerbevideo habe, werde ich sie hier posten, ist glaub ich ganz lustig geworden. Am gleichen Tag ist leider noch eine Freiwillige aufgebrochen, um Jamaika den Rücken zu kehren. Jetzt sind wir nur noch 4 Freiwillige, solange ich noch da bin.

So, dieses war der erste Streich für diese Woche, der Zweite folgt in zwei, drei Tagen. Da erzähl ich euch etwas vom Krokodil und von einem weiteren abgefahrenen Wasserfallerlebnis.

Bis dahin: Soon forward, be blessed!

 

Out of many – one people! Szenen aus dem Leben mit Jamaikanern

Night, guys!

In Jamaika sagt man tätsächlich „Night“ anstatt von Guten Abend. Good morning sagt man bis ca. 12 Uhr, danach good afternoon bis ungefähr 15 Uhr, good evening hören wir hier bis 18, maximal 19 Uhr, alles danach ist night. Nicht zu verwechseln mit Gute Nacht, denn es handelt sich bei „night“ hauptsächlich um eine Begrüßungsform. Und da wären wir schon mitten im Topic dieses Blogs: Wie ticken die Blackies hier eigentlich so? Einiges über die Jamaikinis konntet ihr bestimmt in meinen bisherigen Blogeinträgen bereits „herauslesen“. Natürlich ist es schwer, eine bestimmte Art von Mentalität, einen Lebensstil oder ein kulturbedingtes Verhalten zu beschreiben. Deshalb besteht der folgende Eintrag aus lauter kleinen Geschichten, mal mit und mal ohne Kommentar meinerseits. Es handelt sich um kleine Erlebnisse, die sich in meinen mittlerweile 8 Wochen angesammelt haben. Ich möchte jedoch davor warnen, beim Lesen der Geschichten zu voreilige Schlüsse über die jamaikanische Mentalität zu schließen. Vieles liest sich „krasser“ als es tatsächlich ist, und jeder Freiwillige erlebt seine Zeit im Projekt und mit den Einheimischen immer ein bisschen anders. Das Leben hier ist ja auch anders als in Deutschland, und diese Andersartigkeit genieße ich, so gut es geht, insbesondere in dem Wissen, dass 3 Monate keine lange Zeit sind. So, und nun auf ins Geschichten erzählen!

No, children, no cry. Ich gehe in die Jonestown Basic School und sehe ein schüchtern drein blickendes Kind auf dem Arm einer Lehrerin. Die Lehrerin zeigt auf uns und zeigt dem Jungen, dass er uns zuwinken kann. Die anderen Freiwilligen erzählen mir darauf, dass der Junge weint, weil wir weiß sind.

Two Rastamen. Wir gehen in Downtown einkaufen und ein alter Rasta fragt uns in einem super sympathischen Auftreten, wo wir herkommen und ob uns Jamaika gefallen würde. Er erklärte uns, dass wir doch alle Menschen sind und dass das einzige, was uns unterscheidet, die Hautfarbe ist. Für ihn wäre es selbstverständlich, dass wir alle aufeinander aufpassen. „I take care of you when you’re in my country the same way as you watch out for me when I’m in your country!“ Ein paar Tage später erklärt jedoch ein anderer Rasta einem unserer Freiwilligen: „Also, von deiner Denkweise her bist du aber schon eher schwarz als weiß“ … die Ansichten sind also auch im selben Volk recht unterschiedlich.

Dem like leaders. Hitler ist bei manchen hier angesehen. Während wir ihn als einen der unmenschlichsten Personen beschreiben, die je gelebt haben, feiern sie ihn als beeindruckenden Führer. So wie es Putin auch wäre, wurde uns gesagt. Als wir den Holocaust ansprechen, sagen sie darauf, dass Hitler ja nur was gegen Juden und nichts gegen Schwarze gehabt hätte („Mi a no jew!“). Wenn ich sie richtig verstanden habe, meinten sie „wenn er gemerkt hätte, dass wir ihn als Führer anerkennen, hätte er uns nichts angetan“. Hmpf.

Music 24/7. Frühs werde ich häufig von Musik geweckt. Und damit meine ich, dass irgendwer eine riesige Box aufgestellt hat, um hauptsächlich reggae, oder auch r n b, pop oder dancehall abzuspielen. Die Musik ist laut, sehr laut. Auch auf Busfahrten oder einfach mitten auf der Straße ist laute Musik zu hören. Ich habe tatsächlich auf längeren Reisen immer Ohropax dabei, um nicht völlig gehörlos wieder kommen zu müssen. Viel Bass, mehr dieser chillige, langsame Reggae als tanzbares Zeug. Musik Hören ist hier eine Beschäftigung zum Abhängen, Chillen, rauchen. Kein Problem soweit, solange wir auch unsere deutsche Musik hören können, ist alles ok. Während man in Deutschland gewöhnt ist, dass die Musik auch mal runter gedreht wird, wenn man miteinander reden will, habe ich es schon öfters erlebt, dass die Musik laut bleibt und die Leute einfach lauter reden. Ebenso ist es völlig normal, wenn nicht nur eine Musik im Raum läuft, sondern mehrere Menschen ihren Lautsprecher herausholen. 

Trench Town Jamaika, born and raised. Da wir ja an 3 verschiedenen Schulen unterrichten und auch durch den Instrumentalunterricht somit viel Kontakt zu Kindern haben, versuche ich mich oft in das Leben der Kids, das Aufwachsen in Trenchtown oder Jonestown hineinzuversetzen. Und obwohl wir so viel Kontakt zu den Kids haben, empfinde ich es als unmöglich, mich in dieses Leben hier hineinzuversetzen. Es passiert mir immer wieder, dass ich meine Kindheit mit der der Kids vergleiche und mir denke: oh, das hatten/kennen die ja gar nicht, das machen die ja anders oder überhaupt nicht, das wäre ja komisch für die. Beispiel: wenn ich mit den Kids ein kleines Einsingen machen will, verbinde ich das gerne mit einer Fantasiereise, z.B. „Wir gehen an den Strand und springen ins Wasser, dabei sagen wir huiiiiiiiii…“. Hierfür muss ich mich immer wieder vergewissern, dass die Kids das hier auch wirklich kennen. Letztens wollte ich mit den Kids auf den Rummel gehen. Aber welches Trench Town Kid war schon mal auf einem Jahrmarkt? So was gibt es hier nicht, zumindest nicht ansatzweise vergleichbar mit Deutschland.

„Ey whities“ hören wir eigentlich jedes Mal, wenn wir einkaufen oder sonst wo hingehen. Wobei, man hört es in Downtown schon eher als in Uptown. Wenn man dann immer noch nicht zu der anquatschenden Person hinguckt, kommt ein „ssssssssst“ hinterhergehisst. Das fühlte sich anfangs besonders unangenehm an. Mittlerweile weiß ich, dass sie dieses Geräusch häufig machen, um Aufmerksamkeit zu erhalten und dass es nichts unbedingt mit uns als Weißen zu tun hat. Einmal bin ich in einem kleinen Supermarkt früher dran gekommen als ein Schwarzer neben mir, als hätte die Kassiererin gedacht, dass ich mich sonst beschweren könnte. Das war mir im Nachhinein auch unangenehm, aber es geschah so schnell, dass ich in dem Moment nicht drüber nachdachte. Vielleicht hat es der schwarze neben mir auch nicht gemerkt, keine Ahnung. Im großen und ganzen hält sich der Rassismus jedoch in Grenzen, und die Leute sind auch häufig einfach neugierig, wo wir herkommen und was wir hier so treiben. Ich fühle mich inzwischen eher unwohl, wenn ich von einem Haufen weißer Touristen umgeben bin, denn schließlich bin ich ja mittlerweile ein Brownie und wohne hier^^. Einziges, immer wiederkehrendes Problem ist die Sache mit dem Geld. Mir war im Vorfeld klar, dass man hier angebettelt wird. Doch dass meine Hautfarbe mit Geld direkt verbunden wird, ist oft ärgerlich. Ich möchte nicht sagen, dass uns regelmäßig Bettler umschwärmen. Es wird selten nach Geld gefragt, wenn es aber vorkommt, wird es mit bewusster Selbstverständlichkeit verlangt. Und es gab bereits andere Freiwillige im Projekt vor uns, die von Jamaikanern übel abgezockt wurden, in scheinbaren Freundschaften. Man MUSS sich jedes Mal die Frage stellen: was nützt der Person mein Geld wirklich? 

Ein Wort zur Kriminalität. Wenn wir nach Downtown fahren, wo wir wie gesagt auf dem Markt unser Essen einkaufen, lasse ich mein Handy zu hause und halte meinen Rucksack lieber vorn als auf dem Rücken. Einem Freiwilligen vor mir wurde auch schon an die Tasche gegriffen, man sollte wirklich aufpassen. Leider müssen wir nicht nur in Downtown aufpassen. Inzwischen wurde auch von einem anderen Freiwilligen eine Kamera gestohlen. Er hatte sie auf der Dachterrasse unseres Hauses über Nacht liegen gelassen. Hmpf. Die krasseste Story allerdings geschah an meinem ersten Abend in Trench Town. Jemandem wurde aus dem eigenen, leider nicht abgeschlossenen Bus das Portemonnaie geklaut. Wie sich im Nachhinein herausstellte, wurde das Portemonnaie von einer Kinderbande gestohlen, Kids, die nicht älter als 8,9 Jahre alt waren. Wie sind die Kinder aufgeflogen? Bei dem Versuch, teure Sportschuhe zu kaufen, wobei sie von allen Verkäufern abgewiesen wurden, weil sie für ihr Alter verdächtig viel Geld bei sich hatten (der Geldbeutel enthielt eine dreistellige Summe, zumindest in Euro umgerechnet). Tja, traurig für den Besitzer. Da mir schon in voran gegangenen Urlauben einiges abhanden kam, bin ich hier super vorsichtig und lasse nichts unbeaufsichtigt rumliegen. Es macht mich allerdings auch traurig, dass ich so auf mein Zeug aufpassen muss. Vielleicht kann das Projekt ja einen winzigen Teil gegen die Kriminalität beitragen, nämlich dadurch, indem viele Kids ihre Freizeit am Instrument verbringen und nicht in irgend welchen Jugendbanden.

Küchenhilfe auf jamaikanisch. Ein Freiwilliger sollte beim Kochen helfen. Aber die „Küchenhilfe“ bestand im Endeffekt daraus, für den schwer beschäftigten Koch Joints zu drehen.

Katzengeschichte: (nichts unbedingt jamaikanisches, aber ich finde die Story einfach ulkig :D) Als wir in meiner ersten Woche in Ocho Rios, auch Ochi genannt waren, hatten wir uns einen Abend lang eine große Runde Gin Tonic gegönnt. Leicht angeheitert wie wir alle waren, warf ich einen Blick aus dem Fenster unseres Hostelzimmers. Auf einer Mauer saß eine Katze, die mit großen Augen zum hellen großen Mond aufblickte und maunzte. Ich öffnete das Fenster, und sang der Katze das Lied aus dem Musical Cats. „Mooondliiiiicht, schau hinauf in das Mooondliiiiicht“… Was ich nicht sah: da stand die ganze Zeit ein Jamaikaner. „Are you singing for me?“ Ehrlich antwortete ich „Noooo, for the cat!“ Wollte er mir einfach nicht abnehmen… Apropos: wenn man hier als Frau irgendwelche körperlichen Arbeiten vollzieht, sei es Kochen, Putzen, Waschen oder auch wenn man einfach nur sein Instrument spielt, wird das gerne mal von den Herrschaften so kommentiert, als würde dabei etwas für sie rausspringen. „Kannst du für mich kochen? Soll ich meine Wäsche auch gleich runter bringen? Spielst du ein Lied, nur für mich?“ Mittlerweile ignoriere ich die Kommentare oder mache mich lustig über sie. Da müssen die Herrschaften durch!

Yow gyal! (Ey Mädchen!) Allgemein fällt in der Kommunikation auf, dass sehr fordernd und scheinbar undankbar miteinander umgegangen wird. „E Boy, give me dem …!“ „Claudia, stir that for me!“ „Isabella, buy a new charger!!!“. Ich deute dies allerdings nicht als Unhöflichkeit, sondern als den hier nun mal vorherrschenden Umgang miteinander und möchte dies insofern als Lehre für mich mitnehmen, dass man manchmal etwas durchsetzungsfähiger ist, wenn man einen kleinen Befehlston an den Tag legt und nicht so überirdisch dauerfreundlich und hyperhöflich, wie ich es manchmal bin. Ob das im Grundschullehramt von Nützen sein könnte? „Ey Chantal-Mandy, mach gefälligst deine Hausaufgaben!“ (????) 

Tier“liebe“? In Jamaika, insbesondere in der Gegend, wo wir wohnen, wird mit Tieren allgemein sehr schlecht umgegangen. Unserer Katze hier wird gerne mal ein Schuh hinterher geworfen. Die Hunde, die wild auf der Straße leben, ducken sich instinktiv wenn ihnen ein Mensch zu Nahe kommt. Hunde, Katzen, Schweine, aber vor allem Ziegen leben vom Müll der Menschen. Es ist bei weitem kein Vergleich zur deutschen Haustierkultur, wobei ich das übermäßige Verhätscheln von Haustieren, wie man es in Deutschland oft sieht, natürlich auch nicht begrüßen würde. 

Missverständnis

Ich: „I can’t marry a jamaican boy“.

M: „Why?“

Ich: „Because my boyfriend would’nt like that!“

M: „Why, is he racist?“

 

The Talk. Mit Jamaikanern kommt man super locker und unkompliziert ins Gespräch. Seien es Belanglosigkeiten, Gespräche über Politik, Kultur oder Musik, jeder steht gern zu seiner eigenen Meinung. Manchmal kann man die Leute allerdings nicht von einer falschen Aussage in den Äußerungen abbringen, und selbst wenn man ihnen den falschen Inhalt beweisen kann, kommen sie gerne mit einer Ausrede rum, warum ihre falsche Antwort doch hätte richtig sein können. Diese Falschaussagen fallen besonders auf, wenn die Jamaikaner voreinander angeben wollen, was sie schon alles geschafft haben. Hört man genauer hin, entpuppt sich oft aus einem lang anhaltenden Lobgesang über die eigenen Fähigkeiten ein eher, naja, normales Bild eines Menschen, der eben Stärken und Schwächen hat. 

Out of many, one people. Es herrscht ein krasser Gegensatz zwischen dieser gegenseitigen Feindlichkeit und einer ungeheuren Freundlichkeit zueinander. Einerseits gibt es die verfeindeten Dons, also die Bandenchefs, oder den (mal friedlichen, mal blutigen) Krieg zwischen den zwei großen Parteien, der Jamaican Labour Party und der People’s National Party. Und gleichzeitig herrscht eine ungeheure Hilfsbereitschaft und aufeinander achten, wie man es selten sonst mitbekommt. Hier wartet der Bus auf dich, wenn du angerannt kommst. Während wir in Deutschland eher etwas googlen würden anstatt andere Leute um Rat oder Informationen zu fragen, hat letzteres noch Priorität hier vor Ort. Außerdem lachen sich die Leute hier im Kino bei einem lustigen Film so laut schlapp, dass man sich in jedem anderen deutschen Kino beschwert hätte. Vielleicht sollte ich eine Kampagne für lauteres Gelächter in deutschen Kinos starten…

Ach du dicker Topf! Knapp 4 Wochen war ich hier, als mir mein erstes, größeres Malheur passiert ist. Es war 6 Uhr frühs, als ich nur kurz aufs Klo und danach wieder ins Bett wollte. Ging leider nicht, denn vom Bad aus hatte sich in unser Zimmer eine riesige Pfütze geschlichen, die fast das ganze Schlafzimmer einnahm. Der Spülkasten war anscheinend undicht (es handelte sich also um „sauberes“ Wasser!). Ich war müde und wollte so schnell wie möglich die Pfütze beseitigen. Suarez und Yannis begannen bereits mit dem Aufwischen, aber es war so viel Wasser, dass ich mich auch noch auf die Suche nach einem Eimer begab, um helfen zu können. Ich fand allerdings keinen in Griffweite. Unsere normalen Plastikeimer werden im Haus für alles mögliche genutzt und ich wollte nicht durchs ganze Haus flitzen, wenn doch einfach nur fix diese Suppe entfernt werden sollte. Was macht also Claudia? Ich greife unüberlegt zu einem unkonventionelleren Mittel des Aufputzens und hole einen Kochtopf aus der Küche in unser Schlafzimmer. Ich beginne also, die Pfütze mit einem Putzlappen aufzusaugen und in dem Topf auszuwringen. Ich fand das selber schon so absurd, dass ich anfing, vor mich hin zu kichern. Suarez war überhaupt nicht begeistert, ließ ein wehleidiges „nooooo“ hören und lief erzürnt aus dem Raum, nur um mein Vergehen brühwarm seinen Eltern zu erzählen. Sein Vater war ebenso alles andere als begeistert. Ich brach daher die Putzaktion ab und begann in der Küche den besagten Topf gründlich zu spülen. Einmal, dann ein zweites mal. Ich versuchte mich vorsichtig beim Vater zu entschuldigen, der mir darauf hin erklärte, dass man den Topf jetzt nicht mehr benutzen könne. Ich habe ja schließlich Dreck vom Boden in den Topf befördert, und Dreck essen nur sehr arme oder kranke Menschen. Ich erklärte ihm, dass ich den Topf auch einmal komplett mit heißem Wasser auskochen könnte, um wirklich alle Bakterien zu beseitigen. Nein, da würden bestimmt nicht alle Bakterien sterben, und außerdem helfe das dem Gewissen nicht, dass Dreck in diesem Topf war. Nun ja, dumme Nummer war das. Ein anderer Freiwilliger fiel mir am Tag darauf noch in den Rücken, als er den Jamaikanern erklärte, dass mein Verhalten nicht unbedingt ein „Kulturunterschied“ war, denn in Deutschland würde man auch nicht sofort zu Töpfen zum Putzen greifen . Jaaa, das war eine klassische Claudel-Nummer, zugegebenermaßen. Lustig ist folgendes:

1. Der Topf wurde nur selten genutzt, war in einem miserablen Zustand und ich freu mich schon richtig drauf, ihn durch einen besseren zu ersetzen…  2. Hat Suarez mich selbst letztens gefragt, ob wir nicht den aussortierten Topf zum Reis kochen nehmen sollen, als alle anderen Töpfe besetzt waren. 3. Haben wir letztens mit eigenen Augen gesehen, wie ein Küchenmesser zum Reparieren eines Autoreifens verwendet wurde (eigentlich schade, dass ich deshalb keinen Aufstand gemacht habe…)

Counting. Super spannend: wenn sie mit den Fingern zählen, zählen sie für uns falsch herum: 1=kleiner Finger, 2=Ringfinger und so weiter.

Außen die harte Schale. Einmal habe ich mit der Hand den Abfluss im Küchenspülbecken von Essensresten befreit, also eine Angelegenheit, vor der sich der ein oder andere eher zieren würde. Kommentar eines Jamaikaners: Good Claudia, you’re already hard outside. Now you have to become hard inside too to achieve your dreams!

Jamaica, Land we love. Ich bin außerdem sehr positiv beeindruckt vom Nationalstolz hier. Überall sieht man jamaikanische Flaggen, die Gesichter von Bob Marley, Usain Bolt, Haile Selassie oder anderen Berühmtheiten an die Wände gepinselt. Sie sind stolz auf ihre Kultur, und sagen dabei aber nicht direkt, dass andere Kulturen dadurch schlechter sind. Das Interesse an deutscher Kultur ist zwar sehr unterschiedlich, manche wollen Deutsch lernen, andere verziehen bereits das Gesicht, wenn wir das Essen anders als jamaikanisch kochen… aber mit der Art und Weise, wie ich bisher mit jamaikanischer Kultur in Berührung gekommen bin, kann ich mich sehr anfreunden und denke, es ist nichts schlechtes, wenn ich insgeheim durch das Vergleichen von fremder Kultur mit meiner Eigenen auch ein bisschen mehr Freude an meiner Heimatkultur bekomme. Das deutsche Leben hat eben auch seine Vorzüge, und was sollte daran falsch sein, diesen Gedanken zu haben?

Zum Schluss noch ein paar kleine Sprüche, die ich so von Jamaikanern aufgeschnappt habe:

  • School makes you smart, life makes you wise!
  • The white Part of the pepper gives you cancer! You germans don’t know that!

So, das war’s, kleine bis große Erfahrungen aus acht Wochen Jamaika! Eigentlich wollte ich diesen Blogeintrag schon viel früher schreiben, aber je länger ich blieb, umso eher wusste ich, dass es sich lohnt für diesen Eintrag noch weitere Geschehnisse abzuwarten. Liebe Leute, ich hoffe, ich konnte euch durch diesen Mentalitätenblogeintrag noch ein wenig mehr vom Leben hier zeigen. Beim nächsten Blog gibt’s dann auch wieder abgefahren schöne Strand- und Wanderbilder^^

Soon forward, lickkle more!