Die letzten Tage in Jamaika und der Aufbruch in ein neues Land

Alright Jamaica, Biggamore!

Nach 12 Wochen auf der Reggae Insel musste dann doch tatsächlich der Koffer gepackt werden! Die letzte Woche war die Karwoche, und so war es wie in anderen Ländern auch der Fall, dass ein Großteil des Unterrichts nicht stattfand. Für mich war das ein bisschen schade, wollte ich mich doch ordentlich von allen Kids mit Spaß und Gesang (und Fotos knipsend) verabschieden und keine der Schulen hatte uns im Vorfeld darüber informiert, dass es Sporttage statt Unterricht geben wird. Dementsprechend waren auch wieder super wenig Schüler im Haus und wir hatten jede Menge „Freizeit“. Wenigstens konnte ich mich von Lion, meinem zuverlässigsten und begabten Gesangsschüler verabschieden. Nun ja, letztendlich kann ich somit sagen, dass es eine super „jamaikanische“ Woche war, etwas chaotisch und voller unvorhergesehener Kleinigkeiten. Was will man mehr, als solch eine Woche zum Abschied?

Viele Dinge habe ich dann in dieser Woche zum „letzten Mal“ gemacht: Wäsche per Hand mit kaltem Wasser gewaschen, das letzte Eis gegessen (sonntags gab es immer Sundae’s Ice Cream), die letzte Stunde unterrichtet, das letzte Mal auf dem Dach gesonnt, das letzte Mal jamaikanisches Frühstück gemacht und so weiter. Dennoch fiel mir das alles gar nicht so schwer. Das liegt an zwei Dingen: Erstens habe ich das Trench Town Leben nun doch ein bisschen satt, zweitens weiß ich trotzdem ganz genau, dass ich an diesen verrückten Ort zurückkehren möchte…. nein – definitiv werde! 

Ich habe es außerdem gewagt, mir Braids machen zu lassen! Das sind diese kleinen Zöpfe über den ganzen Kopf verteilt und mit Kunsthaar gefüllt. Es hat ganze fünfeinhalb Stunden gedauert, bis Suarez Tante mit der Prozedur fertig war. Mir gefallen sie echt gut, auch wenn es etwas gewöhnungsbedürftig war, mit so viel mehr Gewicht auf dem Kopf herum zu laufen. Bis Ende April werde ich sie tragen können, vielleicht auch länger, mal sehen. 

Das letzte Wochenende näherte sich, und damit der endgültige Trench Town Abschied bereits am Karfreitag, denn wir planten, einen Wochenendausflug nach Negril (gaaaanz im Westen) zu machen. So konnte ich am Oster-Sonntag schneller nach MoBay gelangen und die anderen wieder nach Trench Town fahren.  Noch einmal das Haus abgefilmt, mit ein paar Leuten Kontakte ausgetauscht, Katze gestreichelt, Gasteltern umärmelt und auf ging es Richtung Busbahnhof und somit nach Negril. 

Nach einer verhältnismäßig entspannten Busfahrt Richtung Savanna-la-Mar stiegen wir dort noch in ein Taxi, welches uns direkt nach Negril zu einem Busbahnhof beförderte. Dort passierte wieder etwas super jamaikanisches getreu dem Motto „euch Touris kann ich doch bestimmt abzocken“: Ich hatte zwar die Adresse unseres Hostels, hatte aber vorher nicht genau im Navi nachgesehen, wie weit das Hostel vom Busplatz entfernt war. Natürlich belagerten uns die Taxi-Fahrer als wir ausstiegen und fragten uns, wo es denn weiter hingehen soll. Als ich den Namen des Hostels nannte, sagte einer zu uns: Jaaa, da kann ich euch hinfahren. Ich fragte diesen Taxifahrer, ob sich das Hostel in „walking distance“ befindet. Der Taxifahrer antwortete darauf, dass er uns doch mit dem Taxi hinfahren könnte. Ich wiederholte meine Frage und betonte erneut, dass ich gerade nur wissen will, ob man da auch hinlaufen kann. Er wiederum erklärte uns erneut, dass er uns doch zum Hostel fahren würde. Das Klare-Frage-Falsche-Antwort-Spiel wiederholte sich ein weiteres Mal. Da sich dieses Gespräch nur im Kreis drehte und er meine Frage anscheinend nicht gescheit beantworten wollte, suchte ich das Hostel erneut mit der Navi App und fand tatsächlich die Straße ganz in der Nähe des Busbahnhofs. Ich konnte nicht anders, als dem blöden Taxifahrer ein genervtes „Thanks for nothing!“ hinterherzuzischen. Es war dann doch noch ein Stück zum Hostel, aber definitiv zu Fuß machbar, trotz meines roten Koffermonsters, welches wir hinter uns her schleppten. 

Negril ist ganz schön touristisch und war voller Menschen, wobei die Karwoche sicherlich ihren Beitrag dazu geleistet hat. Mich hat das allerdings weniger gestört, ich sah es eher als eine Vorbereitung auf die „westliche Welt“, die mich bald wieder erwarten würde. Unser Hostel, das las ich bereits auf dessen Webseite, hatte auch eine Bar. Dass die Bar jedoch eine große Bühne mit Live-Music beinhalten würde, und unser Schlafzimmerfenster direkt auf diese Bühne gerichtet war, ließ uns etwas stutzen. Es war unglaublich laut in unserem Zimmer, Kira und ich mussten uns fast anbrüllen um uns zu verstehen.  Nach einem Strandspaziergang zum frühen Abend hin wurde uns allerdings klar, dass die Dauerbeschallung bis maximal 9 pm anhalten würde, und so war es dann auch.  Nach einem jamaikanischen, selbst gekochten Abendessen und einem Filmabend ging es dann ins Bett und mein letzter jamaikanischer ganzer Tag stand mir bevor.

Negril hat wenige, aber schöne Attraktionen zu bieten: mit seinem Seven Mile Beach hat der kleine Ort den längsten Strand Jamaikas! Wir nutzten die Gelegenheit, nach einem ausgiebigen Frühstück den Strand gleich um die Ecke für eine Runde Schwimmen und Bräunen auszukosten. Es war herrlich! So wunderschön türkis-blaues Wasser, bunte Holzboote schwimmen in den Wellen, Musik auf den Ohren und ein Buch dazu – der perfekte letzte Tag! So konnte ich ein wenig vorsorgen, dass jamaikanische Bräune und Entspannung noch ein wenig anhalten, denn wo es mich als nächstes hin verschlägt würde es weniger karibisch sein. Den Rest des Tages verbrachten wir auf ebenso schöne Weise. Wir machten einen zweistündigen Spaziergang zu einer weiteren Attraktion Negrils: Rick’s Café. Es handelt sich bei diesem Café um eine große Anlage, wo man nicht nur Essen und Trinken kann, sondern einen atemberaubenden Blick auf den Sonnenuntergang hat und sich außerdem daran erfreut, wie Wagemutige 12 Meter hohe Klippen runter springen, um mit lautem Platsch in einer Badebucht zu landen. Nachdem wir eine Weile Musik lauschten, Klippenspringer bewunderten und die Sonne langsam unter ging, machten wir uns auf den Weg zurück zum Hostel, diesmal mit dem Taxi. Dann ließen wir bei Bier und Chips meinen letzten Abend ausklingen.  

Whoooioooooiii, was war ich aufgeregt vor meinem nächsten Flug! Das lag vor allem daran, weil ich die Anreise zum Flughafen etwas abenteuerlicher ausgewählt habe als nötig. Es gibt in Jamaika den sogenannten Knutsford Express, das ist ein Busunternehmen, vergleichbar mit Flixbus, die unter anderem auch Shuttles zu den Flughäfen der Insel anbieten. Leider waren die Fahrzeiten für die Verbindung Negril- MoBay Airport so blöde (Mit Abfahrt entweder 7 Uhr frühs, sodass ich den halben Tag rumgehangen wäre oder 13 Uhr, womit kaum Zeitpuffer gewesen wäre), dass ich mich entschloss, das Risiko einzugehen und in der nächst gelegenen Stadt Savanna-la-Mar einen Local Bus nach MoBay zu nehmen. 16 Uhr ging mein Flug, gegen 13, spätestens 14 Uhr wollte ich am Flughafen sein. Gesagt, getan, am Oster Sonntag brachen wir alle gegen 10 Uhr Richtung Sav auf (wobei uns ein Taxifahrer auch wieder abzocken wollte, aber nicht mit uns, mi a no tourist, bomboclaat!) und dort sah ich schon einen Local Bus Richtung MoBay! Doch halt, dieser fuhr gerade los, er war nämlich schon randvoll mit Menschen. Der nächste, menschenleere Bus Richtung MoBay rollte heran und ich stieg mit meinem Koffer ein. Falls ich es in meinen bisherigen Einträgen nicht erwähnt haben sollte: Die Local Busses haben keine konkrete Uhrzeit, zu der sie losfahren. Gefahren wird nach dem Motto: Wenn der Bus voll ist, dann geht es erst los! Es war mittlerweile um 11 und weil ich wusste, dass es von Sav circa anderthalb Stunden Fahrt bis MoBay sind und es schon mal ein, zwei Stunden dauern kann, bis sich so ein Local Bus komplett (also 5 Leute in einer 4er-Reihe sitzend) füllt, wurde ich langsam nervös. Dazu kam, dass Maxi sein Handy in Negril liegen gelassen hat und er mit Suarez dorthin zurück fuhr. Suarez Kommentar „Claudia ist bestimmt noch da bis wir wieder da sind“  hat mich auch alles andere als beruhigt, denn Negril liegt von Sav ungefähr eine halbe Stunde entfernt. Da stand ich also mit Kira und Jonas und wir wurden hin und wieder von irgend welchen Dudes angequatscht, die uns Zeugs verkaufen wollten. Zum Glück füllte sich der Bus unerwartet erstaunlich schnell und gegen halb 12 wurde mir mit einem Wink erklärt, ich möge in den gut gefüllten, jedoch nicht vollen Bus einsteigen, es gehe los. So konnte ich mich leider nicht ordentlich von Suarez und Maxi verabschieden, war aber heilfroh, als sich der Bus in Bewegung setzte. Letztendlich musste ich dann in MoBay noch einmal umsteigen und war dann wie erhofft kurz nach 13 Uhr am Flughafen Montego Bay.  

Kurz vor dem Flug häuften sich auch einige neue Abschiedsgedanken an. Was waren das für erlebnisreiche 3 Monate! Ich habe den Großteil einer abgefahrenen Insel sehen dürfen, einer Insel mit einem Leben, das ich mir so nie hätte vorstellen können! Ich habe neue Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensansichten kennengelernt, einen Kulturschock bekommen, der sich gewaschen hat, Dinge gegessen, von denen ich nicht mal wusste, dass es sie gibt, und einen übermäßigen Reggae-Konsum erfahren. Ich habe meine Leidenschaft zur Musik in neuen Kontexten erleben dürfen, habe Arm und Reich nahezu nebeneinander wohnen gesehen und durfte erleben, was es bedeutet, „weiß“ zu sein, und in gewisser Weise auch, wie reich ich doch im Vergleich zu so vielen anderen bin. Durch das Erfahren fremder Dinge bin ich aber auch mir und meinen Stärken und Schwächen bewusster geworden, weiß jetzt ein wenig besser, worauf ich bereits jetzt stolz sein kann und woran ich noch an mir arbeiten möchte. Ich freu mich natürlich wahnsinnig auf meine baldige Heimreise. Endlich wieder der Familie, Freunden und vor allem der besseren Hälfte auf den Keks gehen! Es wird eine ganz wunderbare Heimkehr mit einem riesigen Gedankenkoffer voller schöner Erinnerungen. Und dennoch bin ich mir jetzt schon bewusst, dass die Heimkehr auch gleichzeitig ungewiss sein wird. Vielleicht wunderbar, vielleicht sogar furchtbar. Warum? Weil ich mir absolut sicher bin, dass nach diesem Viertel Jahr Jamaika sich mein Heimatland für mich nie wieder so anfühlen wird wie vorher. Noch bin ich unterwegs und kann gar nicht sagen, warum ich mir da so sicher bin und was dieses Gefühl genau bestimmt. Besser ist es daher, die Heimkehr mit Freude, jedoch mit Vorsicht zu genießen und sich darauf einstellen, dass bald ein kleiner Deutschlandkulturschock auf mich wartet. 

Die restliche Zeit bis zum Flug – welch Witz – verging wie im Flug, haha. Ich checkte ein, gab den Koffer ab, stöberte ein paar Touri-Läden durch und schon war Zeit fürs Boarding! Die Staaten warten darauf, ganze zwei Wochen lang entdeckt zu werden, USA, ich komme! Nach Dreieinhalb Stunden Flug bin ich dann in meinem Zwischenstoppsort angekommen, Houston, Texas! Zum Glück holte mich mein Couchsurfing-Host Madhan ab, ein ganz reizender Inder mit einem großen Herz.

Wie das USA-Abenteuer weiter geht und wohin es mich dort sonst noch hin verschlägt, verrate ich euch in meinem nächsten Blog!

Respekt – Love – Peace – Blessings

 

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