Fünf Tage Musik!

Nun melde ich melde ich mich doch nochmal mit einem Blogeintrag über unser Musik Camp Anfang August: Nach dem ganzen Trubel mit unserem Cebra Crossing Konzert, kamen wir und unsere Schüler ein wenig zu Ruhe. Die Examszeit war angesagt, daher waren nun viele mit Lernen beschäftigt. Ab August war die Ruhe dann vorbei: Die Planung für unser Camp im Kinderparadise stand an. Alle Instrumentalisten aus Nungua und Nima sollten für 5 Tage nach Prampram kommen, um dort mit den Kinderparadise Musikern zusammen zu üben und natürlich auch, um noch näher zusammen zu wachsen. Aus Nima konnten leider nur die Kinder der Bethany Schule (weiterführende Schule nach der AMIS) kommen, da wir zwischendurch mal kurz eine kleine Meinungsverschiedenheit mit dem Schulleiter der AMIS Schule hatten. Zusammen mit dem Geigenlehrer Matthew und dem Gitarrenlehrer Joshua von geniusHive haben Rebecca und ich in den 5 Tagen an unserem Dschungelbuch Programm gearbeitet, welches im November nochmals aufgeführt werden soll. Nicht nur gemeinsames Spielen, sondern auch Workshops für Theorie standen an der Tagesordnung. Der Abschluss sollte dann eine CD Aufnahme werden. Ein ehemaliger Kinderparadiseler hat ein kleines Tonstudio, sodass wir dieses Experiment durchführen konnten, ohne groß Geld dafür auszugeben. Soweit der Plan, aber in Ghana habe ich es nicht ein einziges Mal erlebt, dass ein Plan reibungslos aufgegangen ist.

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Es ging am Freitag dem 5. August los. Mit einer Verspätung von zwei Stunden kamen wir mit den Nima und Nungua Kindern in Prampram an. Danach hieß es erstmal Kleider wechseln. Da es in den meisten Highschools nur so von Bettwanzen wimmelt, wollten wir nicht riskieren, dass jemand die Tierchen in die Kinderparadise Häuser bringt. Dementsprechend hat jeder ein paar neue Klamotten bekommen (die Kleiderauswahl war teilweise echt ein Drama). Nachdem wir das Ganze hinter uns gebracht haben, war es schon wieder so spät, dass wir alle nur noch ins Bett gefallen sind.

P1050507Am Samstag ging es dann richtig los. Wir trafen uns in den Instrumentengruppen, um an Klang und Technik der Stücke zu arbeiten. Das Ganze wurde dann in den Orchesterproben zusammengesetzt. Sonntagnachmittag gab es für jeden einen Theoriekurs in dem Notenlesen, Rhythmus und Gehörübungen durchgeführt wurden. Dienstag waren wir dann bereit für die geplante Audio Aufnahme. Doch natürlich war der Raum noch nicht abgedichtet und Kabel haben auch noch gefehlt. Dementsprechend haben wir dann fast einen ganzen Tag warten müssen, bis es losgehen konnte. Durch die abgedichteten Fenster und Türen wurde es unglaublich schnell unglaublich warm, wodurch wir unsere Schüler ein wenig vor ihre Grenzen stellten. Die Aufnahme war eine sehr gute Übung für uns, was Geduld und Disziplin angeht. Geduld deswegen, weil wir die Stücke wieder und wieder spielen mussten, bis wir einen sehr guten Durchgang gefunden haben. Die Disziplin war erforderlich, da nach und vor dem Stück absolute Ruhe herrschen musste. Dass das bei Konzerten auch so sein sollte, wird von manchen Schülern auch gerne mal vergessen. Das Thema Orchesteraufnahme war für unseren Tonmeister Neuland, da er normalerweise eher mit moderne Musik beschäftigt. Obwohl die Aufnahmen dementsprechend etwas experimentell geworden sind, war es dennoch eine super Übung zur Festigung der Stücke.

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Am Mittwoch war es dann soweit. Gegen Mittag verließ der Kinderparadise- Bus mit Nungua und Bethany Schülern das Gelände und machten sich auf den Weg Richtung Accra. Unsere Schüler sind innerhalb der wenigen Tagen total zusammengewachsen und auch der Klang unseres Orchesters hat sich deutlich verbessert. Auch, wenn noch viel in der Hinsicht auf unser Konzert im November zu machen ist, sind wir der Sache ein großes Stück näher gekommen.

Liebe Grüße

Sofie

Zebra Crossing- oder auch, wie deutsche und ghanaische Kultur zusammen wachsen kann

Warum soll europäische und ghanaische Musik nicht kombiniert werden? Genau das war die Idee unseres letzten Konzertes ‚Cebra Crossing‘. Der Anlass des Konzertes war der Besuch unseres Projektleiters Markus und der Opernsängerin Anna. Die Beiden kamen Ende Juni für zwei Wochen nach Ghana, um mit den Kindern zu proben, Workshops zu geben und letztendlich ein Konzert auf die Beine zu stellen. Bei der Stückauswahl haben wir versucht, mit Monteverdi, Jenkins und ghanaischem Rap, eine Mischung aus typisch europäischer, afrikanisch angehauchter und ghanaischer Musik zu finden. Durch traditionelle Trommelklänge haben auch Monteverdis Barockstücke eine andere Farbe bekommen.

IMG_4491Die Beiden Wochen waren gefüllt mit vielen musikalischen Stunden, von Dur bis Moll war alles dabei. GeniusHive ist zum Leben erwacht und all die Klänge flogen durch die Räume, welches in einem Unterhaltungsprogramm für die Architekten, die im selben Haus arbeiten und sicherlich den einen oder anderen Anwohner endete. Wir haben mit den Kinder für die Konzerte sowohl im Kinderheim als auch in Accra geprobt, wodurch eine Abwechslung vorhanden war. Für die Konzertvorbereitungen sind Markus und Anna von Schule zu Schule gegangen und haben mit den Kids aus Nima, Nungua und Kinder Paradise im Orchester geprobt und mit unseren beiden Chören gesungen. Nach der ersten intensiven Woche mit Anna und Markus stand das erste Konzert an: Orchester, Chor und A-Capella-Gruppe des Kinder Paradise hatten einen Auftritt im Konzert ‚Breaking the Myth‘. Dieses Konzert wurde von der Second Lady, der Frau des Vizepräsidenten von Ghana, organisiert. Mitgewirkt haben neben dem Kinder Paradise noch eine Flöten- und eine Tanzgruppe von der OrganisClwaforWIAAM_7Eation BASICS international, eine Theatergruppe der Organisation Achievers Ghana und das Pan African Youth Orchestra. BASICS international ist eine Amerikanische NGO, die den Kindern wichtige Grundlagen, wie Bildung oder Essen, gibt. Ihr Motto ist ‚Ending cycles of illiteracy, poverty, hunger and child labour in Ghana permanently‘. Sie wollen gegen Analphabetismus, Kinderarbeit, Armut und Hunger in Ghana arbeiten. Die Achievers in Ghana helfen jungen Frauen, der hier doch recht verbreiteten Jungendehe zu entkommen. Sie führten ein Theaterstück mit folgender Message auf: A women is a strong image of god. Auch wenn diese Aussage, die Frau sei ein starkes Abbild Gottes, vor allem hier in Ghana, riskant ist, finde ich es wirklich schön, dass sich junge Frauen bemühen, der Gesellschaft ein anderes, und vor allem auch ein besseres und moderneres Frauenbild zu vermitteln. Die letzte Gruppe, das Pan African Youth Orchestra, ist hier in Ghana sehr bekannt. Es besteht aus einem kleinen Flötenesemble und natürlich der Trommel- und Percussion-Section. Mit seinen traditionellen Instrumenten und Melodien hat es das Publikum mehr als nur begeistert. Unser Auftritt war gegliedert in zwei Teile. Ein Rezitativ aus der Bibel stellte das Publikum auf unser gemischtes Programm ein. Während der Psalm vorgetragen wurde, erklang im Hintergrund ein Duo mit Klavier und Geige. Danach begeisterte der Chor die Leute mit dem kraftvollen ‚The Lion Sleeps Tonight‘, worauf eine Orchesterversion von ‚Bruder Jakob‘ folgte. Den Abschluss des ersten Teil bot die A Capella Gruppe mit dem gefühlvollen ‚Who am I‘ aus dem Musical Annie. Ebenso bunt war das Programm unserer zweiten Hälfte mit einer zweiten Bibelrezitation, ‚Mary Did You Know‘ wurde von der A Capella Gruppe gecovert, das Orchester spielte den Türkischen Marsch von Lully und der Chor beendete unseren Auftritt mit dem afrikanischen Stück Siyahamba.. Die Kinder und das Publikum waren fröhlich, das Konzert war gelungen.

Für die zweite Woche waren Gesamtproben mit allen Beteiligten angesetzt. Dafür kamen die Kinder von Nima, Nungua und Kinderparadise Donnerstag, Freitag und Samstag nach geniusHive. Zusammen wurde Jenkins, Monteverdi und Lully gespielt und mit traditionellen Trommelrhythmen experimentiert. Nach vielen nervenaufreibenden, aber auch schönen Stunden war es dann am 2. Juli so weit: knapp 100 Musiker standen auf und neben der Bühne. Unser Musikprojekt ist in diesem Jahr so sehr gewachsen, dass nicht mehr alle Schüler auf die Bühne passten. Im Publikum saßen nicht nur Schüler aus der AMIS und der Grater Care Schule in Nima, sondern auch viele Eltern und Lehrer, was uns sehr gefreut hat. Bisher war es immer schwierig, die Eltern davon zu überzeugen, dass die Musik nicht vollkommene Zeitverschwendung ist. Nicht nur ghanaisches Publikum hat uns zu gehört, sondern auch deutsches: Vertreter der deutschen Botschaft, die den Großteil des Konzertes gesponsert hat, durften wir ebenfalls begeistern. Doch egal ob groß, klein, ghanaisch oder deutsch, am Ende gingen alle mit einem Lächeln nach Hause.

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Neben dem Vorbereiten der Stücke gab es auch Zeit, mit Markus unser neues Projekt, die 8-School, anzusehen. Für einen Besuch auf dem Makola-Markt hat sich auch noch Zeit gefunden und Anna konnte mit mir in die bunte Welt der Stoffe eintauchen. Gemeinsame Abende mit leckerem Essen und dem ein oder anderen Meeting zur weiteren Planungen haben natürlich auch stattgefunden, denn wo so viele Menschen aufeinander treffen, ist Kommunikation und Planung das A und O.

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Die gemeinsame Zeit mit Markus und Anna, die beiden Konzerte, haben für Johannes, Lisa und mich das Ende unserer Zeit hier in Ghana eingeleitet. Bereits zwei Wochen nach dem Konzert verabschiedeten wir uns von Johannes, und auch Lisa und ich sind mittlerweile wieder in Deutschland angekommen. Wir hatten hier eine Zeit mit tollen Schülern, super Konzerten, vielen Besuchern, noch mehr Erfahrungen und vor allem unvergesslichen Freundschaften. Wir übergeben unsere Arbeit nun an die nächsten Freiwilligen. Vielen Dank an dieser Stelle für all die Unterstützung, die wir auf verschiedenste Weise bekommen haben!

Liebe Grüße und alles Gute

Sofie0A2A3075

PS: Der Blog wird von den neuen Freiwilligen weitergeführt, ich hoffe ihr bleibt dran! 🙂

 

Das Konzert „Together for good“

Hallo!
Diesen Blogeintrag über unser Konzert im November 2015 habe ich schon vor langem geschrieben und wollte ihn im Advent veröffentlichen. Die Fotos vom Konzert wurden mir immer wieder versprochen, aus verschiedenen Gründen gelangten sie jedoch erst heute zu mir. Daher mit Verspätung – aber keine Sorge, das Lesen und Bilder Anschauen wird sich trotzdem noch lohnen.
Johannes

Vor uns ist alles dunkel. Und aus dem Finsteren schauen zig Augen nur auf uns. Wir sind strahlend hell von blendenden Scheinwerfern beleuchtet. Gerade war noch alles hektisch, schneller Umbau, zügig wurden die Instrumente gestimmt. Doch nun ist alles ruhig, nur unsere Herzen pochen eifrig. Jetzt ist er da, unser erster Auftritt. Die Geigen sind gehoben, die Bögen liegen auf den Saiten und konzentriert warten wir auf den Einsatz.

Am 28.11. fand das geniusHive End-of-year-concert unter dem Motto „Together for good“ in einer Kirche in Legon, dem Universitätsstadtteil von Accra, statt. Musiker und Musikschüler mit verschiedenen Beziehungen zur ghanaischen Musikschule geniusHive präsentierten ihr Können vor einem interessierten Publikum. Auch Schüler von Musiker ohne Grenzen waren auf der Bühne.

Schon über einem Monat vorher begannen die Geigenschüler im Kinder Paradise, ihren Beitrag zum Konzert zu üben. Sie spielten das griechische Lied „Xenina mja psaropula“. Aufgeteilt in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Stimmen spielten sie auf leeren Saiten. Ich spielte die Melodie dazu. Obwohl die Schüler nur auf leeren Saiten spielten, war das Stück nicht zu unterschätzen. Denn die 7/8-Taktart ist nicht nur für Anfänger ungewohnt. Der Rhythmus war daher etwas kompliziert und es war nicht einfach, immer zusammen und im Tempo zu bleiben. Doch mit Wörtern wie „orange juice, fanta, fanta!“ oder „violin, guitar, guitar!“ verstanden die Kinder Taktart und Rhythmus und hatten gleich viel mehr Spaß dabei.

Obwohl die Geigen-Anfänger in Nima erst im Oktober mit dem Unterricht begonnen hatten, war einer von ihnen in der Lage, dasselbe Stück bis zum Konzert aufführungsreif zu spielen.

Im Kinder Paradise übten die Geigenschüler also ihr griechisches Lied und Julius und ich begannen, dem Chor die vierstimmigen Lieder „In Christ alone“ und „Christmastime“ beizubringen. Da die Zeit zum Konzert am Ende knapp wurde, fuhren wir zweimal am Mittwochabend zur Chorprobe nach Prampram. Dort genossen wir nach anstrengenden, aber konstruktiven Proben ein hervorragendes nächtliches Spagetti-Mahl unterm Summerhut. Während ich jeweils bis Freitag zum Geigen- und Musikunterricht im Heim blieb, machte sich Julius auf den Weg nach Hause, wo er erst um 23 Uhr ankam. Julius, der Leiter von geniusHive, zeigt einen unglaublichen Einsatz für den Musikunterricht für Kinder und Jugendliche; besonders was das Straßenkinderheim betrifft. Das bestätigt, dass Musiker ohne Grenzen e.V. AK Ghana mit geniusHive einen tollen und verlässlichen, einheimischen Partner gefunden hat.

Christmastime sollte das letzte Stück im Konzert werden. Ein grandioser Abschluss mit großem Chor und Orchester. Für den Chor sollten zwei Chöre zusammen singen: Der Chor des Kinder Paradises und der Legon Interdenominational Church Choir. Die Instrumentalisten waren Lehrer und Schüler von geniusHive, die MoG-Streicher aus Nima, Nungua und Prampram, Mitglieder des Accra Symphony Orchestras, des National Symphony Orchestras und von Afro Maestros.

Am Sonntag vor dem Konzert gab es die erste gemeinsame Probe mit Geigen und Chor im Kinder Paradise. Die Kinder waren schon voller Vorfreude auf das Konzert. Die Generalprobe fand am Donnerstag in der Kirche in Legon statt. Die Kinder aus dem Kinderheim kamen mit ihrem Bus, für die Kinder aus Nima und Nungua mieteten wir einen Trotro. Obwohl es spät war und die Anreise lang, waren die Kinder bei der Probe sehr konzentriert. Mit so vielen anderen zusammen zu musizieren und andere Instrumentalschüler kennenzulernen, war für sie, wie sie erzählten, ein sehr schönes Erlebnis.

Am Samstag war es dann so weit. Ein Trotro, gestopft voll mit den aufführenden Schülern aus Nungua und Nima, sowie einigen interessierten Kindern aus Nima, die zum Zuschauen kamen, rollte auf den Parkplatz vor der Kirche. Auch der Kinder-Paradise-Bus und die anderen Beteiligten trafen ein. Aufbau, Soundcheck, die letzte Probe und auf einmal ging das Konzert schon los. Bernard, ein Celloschüler aus Nungua, spielte mit Isaac, dem Cellisten von geniusHive, ein Menuett von Bach.

Es folgten Stücke für Klavier, Querflöte, Geige und Gitarre, von Barock über Klassik und Romantik bis hin zur Moderne. Nach einer kleinen Umbaupause eröffneten die Geigen vom Kinder Paradise zusammen mit einem Geigenschüler aus Nima den letzten Konzertteil mit „Xenina mja psaropula“.

Wir fangen zusammen an. Töne, Rhythmus, Tempo, Wiederholung, Pausen – es klappt.
Gemeinsam fliegen unsere Bögen mit dem letzten Aufstrich in die Luft. Das Publikum beginnt, zu klatschen und wir wissen: Unser erster Auftritt – wir haben ihn gut gemacht.

Es folgte „In Christ alone“ und „Christmastime“. Das Publikum applaudierte begeistert.

Nach dem Konzert wollten die Zuhörer erst gar nicht gehen, so gut gefiel es ihnen. Dabei rundete die instrumentale Zugabe „See You Again“ das Programm ab und vermittelte die Botschaft: Bis zum nächsten Konzert!

Ho, ein Hoch auf Hohoe!

Unsere Musikschüler haben sich im Verlaufe der letzten Wochen alle in die Ferien verabschiedet und deshalb waren wir Freiwillige während dieser Zeit arbeitslos. Arbeitslos aber nicht tatenlos. Also beschlossen wir eine kleine Reise nach Hohoe, hinter Ho, in der Volta Region nahe der Grenze zu Togo zu machen. Geplant war eine Abfahrt am frühen Mittwochnachmittag, aber wie es halt hier in Ghana so ist, sind wir dann um 17.00 Uhr losgekommen. Sofie, Johannes und ich spazierten also mit unseren Rucksäcken zum Makola-Markt und suchten nach einem Trotro, das uns nach Hohoe bringen würde. Weil wir eh schon zu spät dran waren, ergab sich diese Suche natürlich als schwieriger als erwartet und das Trotro war noch leer als wir ankamen. Ein Trotro ist ein unbequemer Minibus, der dann losfährt, wenn jeder seiner Sitze belegt ist und wegen dieser Abfahrtsregel ist es kein freudiger Moment, wenn man ein leeres Trotro vorfindet. Wer in Ghana nach Fahrplänen oder pünktlichkeitssüchtigen Fahrgästen sucht, ist definitiv am falschen Ort. Wir haben uns also ins Trotro gesetzt und gewartet. Ungefähr eine Stunde später war das Trotro tatsächlich voll und unsere Reise konnte beginnen.
Während der Fahrt hatte ich gute vier Stunden Zeit um meinen Gedanken nachzugehen und da habe ich mir überlegt, ob man sich eine Trotrofahrt vorstellen kann, wenn man noch nie hier war und bin zum Schluss gekommen, dass es eine schwere Aufgabe ist. Eine Trotrofahrt vereint nämlich gaaanz viele sehr ghanaische Besonderheiten. Das Wasser für die Fahrt kauft man sich von den vielen Frauen, die auf der Strasse stehen und Pure Water verkaufen, das sie auf dem Kopf tragen. Pure Water ist Tütenwasser… Desweiteren fährt man auf Strassen mit Schlaglöchern in einem Trotro, bei dem möglicherweise das Gaspedal nur noch an einem Kabel befestigt ist oder man zum Hupen zwei Kabelende aneinander halten muss. Hupen ist ebenfalls ein wichtiges Stichwort. Hier in Ghana löst hupen jedes Problem.


Donnerstagmorgens waren wir dann also halbausgeschlafen in Hohoe und Johannes und ich sind zu Kaskadenwasserfällen gegangen, während die arme Sofie krank im Bett lag. Bei der Ankunft im Dorf mussten wir dem Chief der Community einen Besuch abstatten und ihm nach einem Schwatz einige Cedis (Ghanaische Währung) in die Hand drücken, damit wir zu den Wasserfällen durften. Unser Guide erklärte uns auf dem Hinweg ausführlich, weshalb man nur 2 der 7 Kaskaden besuchen könne. Scheinbar seien die anderen zu gefährlich, weil schon jemand hineingefallen sei und dann in ein unglaublich tiefes Loch gezogen wurde. Ob das tatsächlich der Fall war oder ob es vielleicht doch eher Übertreibung ist, wage ich nicht zu urteilen.
Wir wollten am selben Tag noch zu anderen Wasserfällen und sind deshalb mit dem Trotro in ein abgelegenes Dorf gefahren. Bei der Ankunft hat man uns mitgeteilt, dass es schon zu spät sei, um zu den Wasserfällen zu kommen, aber man könne noch auf den Berg steigen. Ein steiler Weg führte durch tropischen Wald hinauf zum Gipfel, wo wir nassgeschwitzt ankamen. Auf dem Berg wurden Johannes und ich von einem Kindheitsanfall erfasst und wir begannen im Zehnerpack mit dem Selbstauslöser Selfies zu schiessen. Johannes versuchte mich aufzufressen, wir schnitten Grimassen und wir haben Lachanfälle gekriegt. Zwischenzeitlich genossen wir natürlich die wunderschöne Aussicht auf das flache und üppig grüne Land aus dem unser Berg, der Mount Afadjato als alleinstehender Berg hinausragt. Wir erfreuten uns also am rosa Sonnenuntergang und machten Selfies. Sonnenuntergang bedeutet aber hier in Ghana ziemlich schnell einmal Dunkelheit und so kam es, dass wir bei Nacht, ohne Taschenlampe im tropischen Wald vom höchsten Berg Ghanas hinunterstiegen. Wir kamen allerdings heil unten an und ich wage gar zu behaupten, die Rückreise nach Hohoe sei gefährlicher gewesen als der Abstieg, denn da fuhren wir zu dritt auf einem Motorrad bei Nacht eine Landstrasse entlang. Aber auch da hat wohl ein Schutzengel über uns gewacht. Man muss noch anmerken, dass wir zwar sehr wohl auf dem höchsten Berg Ghanas waren, aber uns dies erst zwei Tage später klar wurde, als wir auf den höchsten Berg steigen wollten und dann plötzlich merkten, dass wir den Namen dieses Berges irgendwoher schon kennen… 🙂

Auch am nächsten Tag stand ein Wasserfall und ein Berg auf dem Programm. Wir wollten nämlich eine weite Runde zu den Wli Waterfalls wandern. Das sind zwei richtig schöne Wasserfälle. Wir liefen also zu dritt mit unserem Guide los und kaum hatten wir die erste Steigung erreicht, speedete besagter Guide so schnell den Berg hoch, dass wir, trotz aller Alpenerfahrung, Mühe hatten mitzuhalten. Unser Guide trug Flipflops. Ziemlich schwer sich da eine gute Ausrede zurechtzulegen, damit man sich nicht allzu schwächlich vorkommt. Aber zum Ausreden Suchen blieb auch wenig Zeit, denn die Aussicht war fantastisch und man konnte die Wasserfälle schon von Weitem sehen. Nach einem ausserordentlich steilen Abstieg konnten wir dann die imposanten Wasserfälle auf uns wirken lassen und die gewaltige Kraft des Wassers geniessen. Die Felswände neben dem Wasserfall sind mit schwarzen Punkten übersäht, bei denen man sich erstmals nichts grosses denkt. Bei genauerem Hinschauen wird aber ziemlich schnell klar, dass es sich möglicherweise trotzdem lohnt, diesen schwarzen Punkten Aufmerksamkeit zu schenken. Jeder einzelne Punkt ist nämlich eine schlafende Fledermaus….

Letzte Station unserer Reise war der Voltasee. Der Voltasee ist, gemäss Wikipedia, ein 520 km langer Stausee, der 1966 fertiggestellt wurde und eine Fläche von über 8500 km2 bedeckt. Bei der Erbauung wurden 78 000 Menschen umgesiedelt. Zahlen, Zahlen, Zahlen. Es ist selbst dann schwer, sich eine Vorstellung von diesen gewaltigen Dimensionen machen zu können, wenn man sich auf einem Kanu auf dem Voltasee befindet! Auf dem See zu sein, war für mich ein ausserordentliches Erlebnis, denn der See ist umgeben von grünen Hügeln und deshalb sehr malerisch. Der Gedanke daran, dass vor nicht allzu langer Zeit noch gar kein See da war, ist unvorstellbar. Und mir wurde noch selten so sehr vor die Augen geführt, wie stark wir als Menschheit manchmal versuchen, die Natur in die Knie und in unsere Knechtschaft zu zwingen.


Inspiriert von der malerischen Landschaft, der ungeheuren Grösse und vielleicht als Ausflucht vor allzu philosophischen Gedankenspielen bezüglich menschlicher Macht, begannen wir auf dem See unsere Regisseurkarriere. Wir hörten also Filmmusik, paddelten mitten auf dem See, sahen kaum Spuren der Zivilisation und malten uns dabei einen krassen Filmplot aus, bei dem wir drei die Helden waren, auf einem magischen See paddelten und in einer Höhle vor einer alten Hexe, einem flüsternden Mann und einem Taxifahrer flüchten mussten… Ihr seid dann alle zur Filmpremiere in Hollywood eingeladen. 🙂 Nachdem wir ein Filmschluss geschaffen hatten, fand auch unsere Reise ein Ende und wir kamen wohlbehütet in Accra an.

Musik im Dschungel: Konzert im März

Leise zwitschern Vögel, rascheln Blätter, murmeln die Tiere und zischen und knurren und rufen. „In dem Dschungel, dem mächtigen Dschungel, schläft der Löwe heute Nacht.“

So beginnt der Chor den Hauptteil des Konzerts im Kinder Paradise, eine Woche vor Ostern. Vorher haben vier Jugendliche aus dem Kinder Paradise ein selbst einstudiertes, mehrstimmiges Stück gesungen und genauso wie die darauffolgenden Aufführungen zweier Klavierschülerinnen von geniusHive das Publikum musikalisch eingestimmt.

Der kleine Mowgli wird als ausgesetztes Baby im indischen Dschungel vom schwarzen Panther Bagheera gefunden. Dieser bringt Mowgli zu einer Wölfin, die ihn in ihrem Rudel aufzieht. Dabei meistert das jüngste Kind im Kinder Paradise ihren Schauspielpart zwischen Scheinwerfer und weißen Laken. Stimmungsvoll untermalt wird dieser Beginn des Schattenspiels von einem Duett von Xorlali und Bernard, zwei Celloschülern aus Nungua.

Zehn Jahre später erfahren die Wölfe, dass der gefährliche Tiger Shere Khan in ihr Gebiet des Dschungels zurückgekehrt ist. Gemeinsam mit Bagheera wollen sie Mowgli zu seiner Sicherheit in ein Menschendorf bringen. Auf dem Weg verbringen Mowgli und Bagheera die Nacht unter einem Baum. Kaum hat Mowgli es sich bequem gemacht, kommt die hungrige Schlange Kaa zwischen den Blättern hervor.

Dieses Mal springen meine Geigenschüler nicht auf und rennen zur Schlange. So wie damals, als ich Gruppenunterricht in einem Klassenzimmer gab und alle Kinder samt Geigen und Bögen plötzlich aufgeregt rausrannten, um zuzusehen, wie die Schlange, die nicht weit vom Unterrichtsraum gefunden wurde, getötet wurde. Nein, diesmal sitzen sie im Orchester, lauschen der Geschichte, schauen der Schlange im Schattenspiel zu und warten auf ihren ersten Einsatz.

Die Schlange hypnotisiert Mowgli, während Lisa das Publikum mit mysteriösen Flötenklängen in den Bann zieht. Bagheera rettet Mowgli, bevor die Schlange ihm etwas antut. Am nächsten Morgen marschiert eine Elefanten-Herde vorbei.

„Hup, two, three, four!“ Der Chor, bestehend aus Schülern aus Nima und aus dem Kinder Paradise, singt den Elefantenmarsch und spielt dazu mit Boomwhackern, das sind gestimmte Plastikröhren. Der Elefant im Schattenspiel ist so groß, dass er von zwei Kindern in einem Kostüm gespielt wird. Die Szene erinnert mich an den Besuch im Mole-Nationalpark im Norden Ghanas. Schnell und leise waren wir zwei riesigen Elefanten aus dem Weg gegangen, die daraufhin gemächlich und majestätisch an uns vorbeischritten.

Anschließend weigert sich Mowgli, ins Menschendorf zu gehen, was zum Streit mit Bagheera führt. Die Beiden trennen sich und Mowgli trifft auf Baloo, den Bären, der ihm zeigt, wie man das Leben im Dschungel genießt. „The bare necessities of life will come to you!“: Der Chor aus 30 Personen und das 40-köpfige Orchester mit Geigen, Bratschen, Celli, Querflöten und Klarinetten faszinieren gemeinsam das Publikum, während Baloo und Mowgli im Schattenspiel dazu tanzen.

Kurz darauf wird der Dschungeljunge von Affen gekidnappt und zum Affenkönig King Loui gebracht. Dieser will von Mowgli lernen, wie man Feuer macht und dadurch so mächtig werden wie der Mensch. Chor und Orchester führen „Ich wär‘ so gern wie du“ auf, während sich im Schattenspiel ein Kind zum Affen macht.

Baloo und Bagheera befreien Mowgli aus der Situation und sind nun der festen Meinung, dass der Dschungel für Menschen zu gefährlich ist. Mowgli haut daraufhin erneut von seinen zwei Freunden ab. Shere Khan ist inzwischen dem Jungen auf der Spur. Mowgli macht mit Geiern Bekanntschaft, die sich als seine Freunde anpreisen. „We are your friends to the bitter end!“ Der Chor singt mehrstimmig das Lied der Geier. Als das Lied endet, kommt der Tiger Shere Khan. Die Maske im Schattenspiel ist beeindruckend und die Trommel hinter der Bühne erhöht die Spannung.

Bevor Shere Khan sich auf Mowgli stürzen kann, greift Baloo den Tiger gerade noch rechtzeitig an und rettet so Mowglis Leben. Es kommt zu einem heftigen Kampf. Streicher und Klavier spielen ein schnelles, spannendes Stück. Mowgli verjagt Shere Khan mit Zweigen, die Feuer gefangen hatten. Nach dem Kampf findet Bagheera Baloo bewegungslos und verletzt am Boden liegen und erklärt Mowgli, dass Baloo nun im Himmel ist.

Ein Geigen- und ein Klavierschüler aus dem Kinder Paradise haben nun ihren solistischen Auftritt. Sie spielen ein Stück in Moll, in dem man das Säufzen und die Trauer von Mowgli und Bagheera hören kann. Beide lernen ihr Instrument erst seit einem halben Jahr und beeindrucken das Publikum.

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Doch plötzlich bewegt sich Baloo. Er hat überlebt! Die Streicher feiern das mit einem schnellen Stück – fröhlich und ausgelassen.

Mowgli widerstrebt es immer noch, dass der Bär und der Panther ihn aus dem Dschungel bringen wollen. Doch auf dem Weg zum Dorf trifft er ein schönes Mädchen, das Wasser schöpft.

Zwei Mädchen singen vom Wasserschöpfen, vom Erwachsenwerden und vom Zuhause. Sie werden mit Klavier begleitet.

Die Schönheit und die Stimme des Mädchens beeindrucken Mowgli. Als sie ihn bemerkt, lässt sie ihre Schüssel ins Wasser fallen. Mowgli holt die Schüssel für sie und folgt ihr damit ins Dorf. Baloo und Bagheera sind froh, dass der Junge endlich in Sicherheit ist. Es folgt ein zweites Geige-Klavier-Duo zum Abschluss.

Der Applaus für die Musiker und Schauspieler ist groß. Das Publikum ist froh, dass das Konzert noch nicht ganz aus ist: Die Celli setzen mit Jan am Kontrabass und Elias am Xylophon ein. Und bei den meisten dürfte es schon rattern… „Das kenne ich doch!“ Joel spielt den rhythmisch komplizierten Anfang auf der Geige, dann setzt das Orchester ein – mit dem Refrain von Telemo. Telemo ist ein Rap-Song auf einer ghanaischen Sprache, der nach meiner Ankunft aus allen Boxen kam. Im Trotro, am Straßenrand, in Läden… Auch die Kinder mochten das Lied, also schrieb ich eine Orchesterfassung. Sofie studierte das Stück mit dem Chor ein, was vor allem wegen des Textes eine große Herausforderung war. Und die ersten Geigen meisterten bis zum Konzert ihre schwere Stimme auch im Tempo. Nach dem instrumentalen Refrain stößt der Chor dazu. Kurz vor Ende rappt ein Junge, begleitet vom Orchester, ehe zum letzten Mal der Refrain erklang.

Die Begeisterung der Zuhörer war groß und wir hörten die Forderung, Telemo gleich nochmal zu spielen. Sowohl für die Aufführenden, als auch für das Publikum und uns Freiwillige, war das Konzert ein schönes, gelungenes Ereignis.

Liebe Grüße,

Euer Johannes

Gute Stimmung beim Probentag

Eine Woche vor dem März-Konzert hatten wir einen Probentag in der Musikschule geniusHive. Die Wochen vorher hatten wir in den Schulen in Nima und Nungua und im Kinder Paradise die Stücke mit den Schülern geprobt. Die Flötenlehrerin Lisa ist seit Anfang März die ganze Woche in unserem Projekt. Jan und Joel, zwei Studenten, die vor zwei Jahren als Freiwillige das Musikprojekt in Accra voranbrachten, kamen für sechs Wochen zu Besuch in ihre zweite Heimat. Sie brachten sechs Geigen und ein Cello mit; herzlichen Dank an die Spender! Neben Reisen und Wiedersehen mit ghanaischen Freunden, bereiteten sie das Konzert mit vor und unterrichteten die Streicher. Jan studierte mit einigen Kindern im Kinder Paradise ein Schattenspiel zum Dschungelbuch ein. Fast zeitgleich mit Jan und Joel kam Elias, ein Freiwilliger aus der Schweiz, von Tamale, einer Stadt im Norden Ghanas, zu uns ins Musikprojekt nach Accra, um für einen Monat in Nima und im Kinder Paradise Gitarre zu unterrichten. Er half auch bei der Durchführung von Konzert und Proben.

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In der Nacht vor dem Probentag waren wir fünf „Obrunis“ (Twi für Weiße) und eine Ghanaerin, die gemeinsam Joels Geburtstag feierten. Am Morgen mussten wir natürlich bald aus den Betten und so fiel die Nacht sehr kurz aus. Während Jan am nächsten Morgen die Stuhllieferung entgegennahm und aufbaute, machten sich Joel und ich zum „Circle“, dem größten Verkehrsknotenpunkt Accras, auf, um dort ein Trotro für den Transport der Kinder und Instrumente von Nima zu mieten. Sofie und Elias fuhren nach Nungua und sammelten dort die Schüler ein. Auch Julius Söhne und eine seiner Klavierschülerinnen kamen. Alles klappte sehr gut, bis die Nachricht kam, der Bus vom Kinder Paradise sei auf dem Weg liegengeblieben. Schließlich trafen auch die Orchester- und Chormitglieder aus dem Kinderheim mit anderen Bussen ein und wir konnten mit den Stimmproben beginnen. Joel leitete die ersten Geigen, ich die zweiten, die Bratschen wurden aufgeteilt, Jan probte mit den Celli, Lisa mit den Flöten und Sofie mit dem Chor. Bis zum Mittagessen wurde in diesen Gruppen geübt, dann hatten sich die Kinder Kenkey mit Fisch wahrlich verdient. Wir waren wirklich sehr angetan von dem guten Verhalten und der Konzentration der Kinder.

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Nach dem Mittagessen gab es eine Probe mit allen Kindern zusammen. Die Stimmung war gut; nicht nur die der Instrumente. Für einen großen Teil war es das erste Mal, mit so vielen anderen zusammen zu musizieren. Und für uns war es toll, 40 unserer Instrumentalschüler zusammen mit dem Chor aus mehr als 20 Leuten spielen zu sehen. Auch mit dem Verlauf der Gesamtprobe waren wir zufrieden, das Zusammenspiel klappte immer besser und die Befürchtungen, dass das Konzert nicht klappen könnte, waren endlich vom Tisch. Die Kinder und Jugendlichen von Nima und Nungua fuhren um halb vier wieder zurück. Die Leute vom Kinder Paradise jedoch warteten immer noch auf ihren Bus von der Werkstatt, als ich aus Nima zurückkam. Manche nutzen die Chance, nochmal ihr Instrument auszupacken und gemeinsam Musik zu machen bis der Bus letztlich kam.

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Wir freuen uns, dass dieser Probentag so durchgeführt werden konnte und sind dankbar für die Unterstützung vom Kinder Paradise, geniusHive und den Spendern. Nicht nur wir Freiwillige waren zufrieden mit dem Orchesterspiel und der Disziplin der Kinder. Auch den Kindern konnte man ansehen, dass es ihnen Spaß gemacht hat und manche erzählten noch in der folgenden Woche vom Essen, Trinken und der Süßigkeit zur Belohnung.

Neue Schule im Projekt!

IMG_3879 Als Johannes am Dienstagvormittag nach den Weihnachtsferien in die AMIS Schule nach Nima kommt, wird er von einer Anfrage einer anderen Schule überrascht. Die ‚Greater Care International School‘ in Mamobi, welche nicht weit von der AMIS Schule entfernt ist, würde auch gerne mit Musikunterricht in den unteren Klassen starten. Seitdem unterrichte ich donnerstagvormittags in der 3.-6. Klasse Musiktheorie.

Ein Vormittag an der Greater Care School sieht in etwa so aus:

Um kurz nach 9 Uhr laufe ich die Straße am Big Gutter in Nima entlang und biege rechts in eine kleine Gasse ab, die zur Schule führt. Wenn ich ankomme, werde ich zunächst von vielen Lehrern begrüßt, bevor ich um 9.15 Uhr zu meiner ersten Klasse gehe. Ich betrete einen geschlossenen Klassenraum, in dem die Kinder der dritten Klasse mich sofort freudig begrüßen. Zum Beginn jeder Stunde wird immer ein kleines Lied gesungen: This Is The Way We Start The Class

Danach werden bis jetzt in allen Klassen noch hauptsächlich Notenwerte gelernt und Rhythmen geklatscht.

IMG_3867Nach der Stunde in der dritten Klasse ist erstmal Pause, in der viele Kinder zu mir kommen und mir zeigen wollen, was sie sich vom letzten Unterricht gemerkt haben. Danach geht es weiter in der 4., 5. und 6. Klasse. Diese drei Klassen haben, ähnlich wie die Kinder in der AMIS Schule, in einem großen Raum Unterricht, der durch Trennwände getrennt ist. Im Gegensatz zur AMIS Schule sind die Trennwände größer und man bekommt weniger von den Nachbarklassen mit. Da diese Trennwände allerdings zum Großteil Löcher haben und nicht mehr ganz stabil aussehen, kann man den Trubel von nebenan nicht immer überhören. Zuletzt haben wir den Calypso Kanon gesungen und haben es sogar als zweistimmigen Kanon geschafft, was schon bewundernswert ist. Nach wenigen Wochen hat ein Lehrer sein Keyboard in die Schule gebracht, das mir auch ermöglicht, den Kanon etwas gleichmäßiger und harmonischer zu gestalten.

IMG_3858Nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer sind begeistert dabei. Sie bemühen sich selber, den Stoff schnell zu lernen, um das Gelernte auch ohne mich mit den Schülern wiederholen zu können. Manchmal wird auch noch weitergeklatscht oder gesungen, nachdem ich aus dem Klassenraum gehe.

Gegen 13.00 Uhr verlasse ich die Schule, meistens sehr zufrieden, und laufe in die Richtung der AMIS Schule, um dort die Schüler für den Instrumentalunterricht am Nachmittag abzuholen.

Liebe Grüße,

Sofie

Ankünfte

Hallo von der Goldküste!

Lange habe ich mich hier auf dem Blog nicht mehr gemeldet. Das liegt keinesfalls daran, dass es nichts zu berichten gäbe, sondern dass wir im Projekt sehr ausgelastet sind. Über das Konzert im November wird es noch einen Eintrag geben, allerdings fehlen mir immer noch die Fotos. In diesem Eintrag schreibe ich, was seit der Weihnachtszeit passiert ist. Von nun an werden Sofie und ich öfter und zeitnah berichten.

Mitte Dezember kam Sofie, eine weitere Freiwillige von Musiker ohne Grenzen, in Ghana an. Sie unterrichtet Cello und Querflöte leitet die Chöre in Nima und im Kinder Paradise. Nach ihrer Ankunft blieben drei Schultage zu den Weihnachtsferien, in denen sie einen Eindruck von den Schulen bekam und gleich bei einer Aufführung mitspielte.IMG_3266

Eine Woche später kamen Sofies Mutter und Schwester für ein paar Wochen nach Ghana. Sie brachten drei Geigen für Julius Familie mit. Ich unterrichte seitdem auch Julius, seine Frau und seine zwei Söhne.

Außer Gottesdiensten besuchten wir an Weihnachten eine traditionelle Trommel- und Tanzaufführung in Nyanyano sowie das „Get together“ im Kinder Paradise. Die ehemaligen Heimbewohner, die miIMG_3175ttlerweile schon erwachsen und reintegriert sind, waren zum „Home coming“ eingeladen und hatten viel Spaß mit den Kindern.

Morgens stand Sport auf dem Programm: Volleyball, Basketball, Fußball, sowie Sackhüpfen und ähnliche Wettkämpfe für die Kleinen. Nachmittags gab es dann Lied- und Tanzaufführungen.

An Silvester wurden Sofie, ihre Mutter, ihre Schwester und ich von Julius Familie eingeladen. WirIMG_3260 wurden hervorragend bekocht. Es gab gekochte Kochbananen und Jam, frittierte Kochbananen, Reis, Kontomre, Tomatensoße, Ei, Fisch und Fleisch. Anschließend genossen wir einen Rosinenkuchen mit Eis. Für mich war das nicht nur ein schöner Jahresabschluss, sondern auch ein toller Geburtstag.

An Silvester um Mitternacht in der Kirche zu sein, schien für einen Großteil der Bevölkerung üblich zu sein, also schlossen wir uns an. Von 9 Uhr abends bis halb eins in der Nacht dauerte der Gottesdienst. Es gibt aber durchaus längere Gottesdienste. Man könnte sagen, ghanaische Kirchgänger sind sehr ausdauernd. Die letzte Viertelstunde im Jahr 2015 verbrachten wir alle schweigend in der dunklen Kirche. Das war eine interessante Erfahrung. Ein paar Knaller gab es danach zu hören, jedoch eher vereinzelt. Großes Feuerwerk gab es nicht; wir vermissten es auch nicht.

AnfanIMG_3480g Januar reisten wir für fünf Tage mit einer kleinen Reisegruppe. Über unsere Erlebnisse in Burgen, Urwald, Plantagen und Meer werden wir bald in einem anderen Blog- Eintrag schreiben.

So schnell wie die Ferien kamen, waren sie auch wieder vorbei. Mit dP1020326rei Celli und drei neu gekauften Querflöten konnte Sofie im Kinder Paradise mit sechs weiteren Schülern beginnen. Auch in Nima und Nungua gibt sie den Cello- und Flötenschülern neuen Schwung. Ich unterrichte wieder meine vielen Geigenschüler, zwei neue stießen hinzu.

Für den 19. März planen wir ein KonzeP1020329rt in Prampram mit Einbindung möglichst vieler Schüler. Es werden hauptsächlich Stücke aus dem Dschungelbuch aufgeführt. Zuletzt waren wir daher auch gut mit der Bearbeitung der Noten beschäftigt.

Mein Vater und meine Schwester sind seit dem 19. Februar zu Besuch. Mit ihnen werde ich in der nächsten Woche Kumasi und den Mole-Nationalpark besichtigen. Gleich am nächsten Tag ging es für Julius, Matthew und mich wieder an den Flughafen: Jan und Joel, die ersten Freiwilligen von Musiker ohne Grenzen in Ghana , sind für sechs Wochen zurück. Sie werden das Konzert mit vorbereiten und gestalten.                                            

Wir halten Euch auf dem Laufenden!

Liebe Grüße,

Johannes

Musik im Paradies

Prampram, ein Fischerdorf an der Küste Ghanas, 45 Kilometer östlich von Accra. Hier geht es bei weitem nicht so geschäftig zu, wie in der Hauptstadt. Es ist Donnerstagmorgen, Julius und ich sitzen im Auto. Bach kommt aus den Lautsprechern. Kaum sind wir in Prampram, sind wir auch schon wieder draußen. Wir folgen der Straße ein paar weitere Minuten bis zum bunten Wegweißer mit der Aufschrift „KINDER PARADISE“.

Als ich das erste Mal ins Kinder Paradise kam, sah ich, wie zutreffend der Name für dieses Heim für Waisen- und Straßenkinder ist. Kokosnusspalmen und Mangobäume spenden Schatten vor der Sonne. Vom Meer, das man tiefblau in der Ferne sieht, kommt ein erfrischender Wind. Schöne Vögel fliegen umher und Echsen sonnen sich. Und Kinder spielen oder gehen ihren Tätigkeiten nach.
Das Gelände ist groß: Es gibt u.a. eine Halle für Mahlzeiten, Versammlungen und Veranstaltungen, drei Wohnhäuser für die Kinder, eine Krankenstation, sowie ein Haus für Mitarbeiter. Die Kinder können sich auf Spielplatz, Fußballfeld und Basketballfeld austoben.

Dennoch – die etwa 75 Kinder, die hier leben, kann ich nicht beneiden. Schwere Vergangenheiten, Leben auf der Straße und keine Familie, die sich um sie kümmert. Hier bekommen sie eine neue Chance, sie erhalten Fürsorge und individuelle Förderung. Zudem gehen sie auf eine staatlich anerkannte Schule, die ebenfalls auf dem Gelände liegt. Die Vision, Straßenkinder als produktive und vorbildhafte Mitglieder in die ghanaische Gesellschaft zu reintegrieren, ist kein Traum, sondern Realität.

In Ghana ist die Äußerung von Emotionen weitgehend tabuisiert. Das stellt ein Problem dar, dem man im Kinder Paradise begegnet. Denn dadurch ist es schwer, einen Einblick in die Gefühlswelt der Kinder zu bekommen. Den Kindern fällt es nicht leicht, ihre Vergangenheit und ihre Probleme zu verarbeiten. Musik soll hier helfen: Sie soll den Kindern eine Ausdrucksmöglichkeit geben und Gelegenheit schaffen, in der Trauer zu entspannen, in der Wut herunterzukommen und in der Fröhlichkeit zu genießen.


Julius und ich steigen aus dem Auto und gehen zum Schulgelände. Julius geht zur dritten, ich zur vierten Klasse. Wir unterrichten Musik. Bis jetzt haben wir hauptsächlich Noten lesen beigebracht. Wir haben Rhythmen geklatscht, Lieder gesungen und Musik angehört. Zurzeit behandeln wir das musikalische Märchen „Peter und der Wolf“. Die Kinder lernen dabei über die verschiedenen Instrumente und über das Orchester.

Wie in Schulklassen üblich – egal ob in Deutschland oder Ghana – sind nicht immer alle Kinder voll und ganz bei der Sache. In Ghana sind Schläge noch eine häufige Bestrafungsmethode, was ich an anderem Ort leider immer wieder miterlebe. Doch das wird in dieser Schule zum Glück ausnahmslos nicht praktiziert.

Nach der Schule gibt es donnerstags Waakye, das ist Reis mit Bohnen. Hier im Kinder Paradise schmeckt es besonders gut. Anschließend macht sich Julius auf den Weg zurück nach Accra.
Seit diesem Schuljahr wird im Kinder Paradise Geige, Klavier und Gitarre unterrichtet. Die Lehrer von geniusHive arbeiten hier ehrenamtlich: Genevieve und Julius unterrichten Klavier, Joshua Gitarre.

Nach der Schule unterrichte ich sechs Geigenschüler. Manchmal unterrichte ich sie in Kleingruppen, oft auch einzeln. Das hat sich als wesentlich produktiver herausgestellt, als der Unterricht mit der ganzen Gruppe.

Es wird für den ersten Auftritt geübt: Am 28. November wird das End-of-year-Konzert von geniusHive stattfinden. Die Planungen dafür sind in vollem Gange. Die Geigenschüler im Kinder Paradise üben zurzeit ein Stück, das sie zusammen vorspielen wollen. Und der Chor probt zwei vierstimmige Weihnachtslieder, meist unter der Leitung von Julius, manchmal auch von mir. Eines der beiden Lieder wird von einem Orchester begleitet werden. Mit einer stark vereinfachten Stimme sollen auch schon die Geigenanfänger vom Kinder Paradise mitspielen.

Am Freitagvormittag unterrichte ich fünfte, sechste und zweite Klasse, anschließend gehe ich in den Kindergarten. Natürlich ist mein Unterricht nicht in jeder Klasse gleich. So lernen die Kindergartenkinder noch nicht, Noten zu lesen, sondern singen Kinderlieder. „Peter und der Wolf“ lässt sich allerdings in allen Klassen durchnehmen; es kommt nur darauf an, wie. Im Kindergarten merken wir uns noch nicht die Namen von allen Instrumenten, sondern malen Peter und die Tiere, während wir der jeweils dazugehörigen Musik lauschen. Am Freitagnachmittag unterrichte ich wieder die Geigenschüler, bevor es für mich zurück nach Accra geht.

Eine Vision von geniusHive ist es, guten Instrumentalschülern im Kinder Paradise später einen Job als Instrumentallehrer zu geben. Das passt hervorragend zum Motto von Musiker ohne Grenzen: „Perspektiven schaffen. Mit Musik.“ Doch nicht jeder Schüler soll oder kann später zum Berufsmusiker werden. Egal, ob sie später als Musiker Geld verdienen oder nicht, werden sie – davon bin ich überzeugt – durch die Musik eine Bereicherung finden. Sie steigern ihre Disziplin und Konzentrationsfähigkeit, entdecken ihre Individualität, erfahren Gemeinschaft im gemeinsamen Musizieren und finden in der Musik vielleicht einen unerklärlichen, wunderbaren, ja paradiesischen Schatz.

Herzliche Grüße aus Ghana,

Johannes

Hallo aus Ghana!

Hallo und herzlich willkommen auf meinem Blog!

Nach gut zwei Monaten in Ghana möchte ich Euch gerne über meine Zeit und Tätigkeit hier berichten. Auf diesem Blog werde ich Euch über die Entwicklungen des Projekts von Musiker ohne Grenzen e.V. AK Ghana auf dem Laufenden halten.

Am 3. August bin ich in Accra, der Hauptstadt Ghanas, angekommen und wurde sehr herzlich von den Leuten der Musikschule „geniusHive“, sowie den „grenzenlosen Musikern“ vor Ort am Flughafen in Empfang genommen.

In der ersten Woche nach meiner Ankunft wurde ich von Markus und Julius mit Schulen und Personen bekannt gemacht, mit denen wir zusammenarbeiten. Markus ist ein deutscher Dirigent, der Musiker ohne Grenzen e.V. AK Ghana initiiert hat und der Leiter des Projekts ist. Julius ist der Leiter der Musikschule geniusHive, in der ich wohne. Ich machte in der ersten Woche viele Bekanntschaften mit netten Ghanaern sowie deutschen Freiwilligen und lernte die Wege zu den Schulen kennen. Im Laufe meiner ersten und zweiten Woche reisten Markus und die Freiwilligen ab, allerdings nicht alle zusammen, weshalb ich schon vier Mal am Flughafen war.

Julius und Markus, meine zwei LeiterJulius und Markus, meine zwei Leiter Meni gye Ghana ho! – I like Ghana!

Im August waren Schulferien; daher habe ich erst im September in Nungua und Nima angefangen, zu unterrichten. Im Straßenkinderheim in Prampram konnte ich dagegen schon im August den Kindern ihre ersten Geigenstunden geben, sowie Musiktheorie unterrichten.

Matthew (der Geiger von geniusHive) und ich machten einen Ausflug nach Elmina, einer geschichtsträchtigen Fischerstadt. Wir besichtigten das Elmina Castle, eine 1482 von den Portugiesen erbaute Burg. Sie ist die erste europäische Festung südlich der Sahara und war lange Zeit der Hauptstützpunkt der Portugiesen und später der Niederländer in Westafrika. Wir betraten die Gefängnisse, in denen Sklavinnen und Sklaven unter abartigsten Bedingungen gefangen gehalten wurden, bevor die, die überlebten, verschifft wurden.

Nach dieser sehr informativen, aber auch bedrückenden Erfahrung machten wir eine Hängebrückentour im Regenwald „Kakum-Nationalpark“. Wir hatten einen tollen Ausblick auf den Wald und sahen riesige Bäume.

Mehr Bilder aus Elmina gibt es hier.

Mittlerweile habe ich mich schon gut eingelebt. Ich bin sehr dankbar, dass ich hier gut angekommen bin und gut aufgenommen wurde. Inzwischen bin ich sehr mit Unterrichten beschäftigt: Montags in Nungua, dienstags, mittwochs und samstags in Nima und donnerstags, freitags und sonntags in Prampram. Über meine Arbeit erfahrt ihr in den nächsten Blogeinträgen mehr.

Falls Ihr jetzt noch nicht genug gelesen habt, schaut Euch doch die Seiten Verein und Projekt, Partner und Über mich an! Und in der Galerie wartet ein Album mit Fotos vom Chale Wote Street Art Festival in Accra auf Euch.

Viele Grüße & bis bald,

Johannes