Von dem Glück, zwei Familien zu haben
Ich sitze mit Mariuxi, meiner Gastmama und meinen zwei Schwestern Amanda und Daniela gemeinsam am Frühstückstisch. Mein Gastvater Luis ist zu der Zeit schon bei der Arbeit. Nach dem Essen fängt meine Mutter mit den Worten „Mädels, ich muss mit euch reden…“ an. Die fröhlich, lustige Stimmung weicht einem angespannten Schweigen. Unsere Mama erklärt uns, dass die Familie umziehen muss. Bei der Ausführung der Gründe fängt sie irgendwann an zu weinen, nach kurzer Zeit können auch Dani und ich unsere Tränen nicht mehr zurück halten, was meine große Schwester Amanda mit den Worten „Mami, jetzt hast du auch noch Alix zum Weinen gebracht“ kommentiert.
Einige Wochen später wird mir gesagt, dass sie dieses Wochenende umziehen, also in vier Tagen… ich schreibe meiner neuen Gastfamilie – die ich zum Glück schon gesucht und gefunden habe – und frage, ob ich schon in zwei Tagen bei ihnen einziehen kann. Amnächsten Tag fahre ich mit meinen Schwestern und meiner Mama gemeinsam mit noch zwei Freunden aus der Musikschule nach Engabao, einem nahegelegenem Fischerort. Hier befindet sich das neue Haus meiner Familie. Zusammen streichen wir die Wände und machen das kleine Haus etwas schöner. Am Freitagabend packe ich meine Sachen und mache mir mit meinen Schwestern noch einen schönen letzten Abend, bevor es am Samstag für uns alle früh raus geht. Gemeinsam räumen und packen wir alles zusammen. Zur Mittagszeit verabschiede ich mich von meiner Familie und fahre mit meinem Gepäck zu meiner neuen Gastfamilie.
Zu meiner alten Familie gehören Mariuxi, Luis, Amanda und Dani, sowie Shadow unser Hund und Pelusa, die Katze. Wir haben in einem kleinen Haus gewohnt, das zwischen Cacique und Zentrum liegt. Ich konnte also alles gut zu Fuß erreichen. Mittlerweile wohne ich kurz hinterm Shopping, dem Einkaufszentrum hier in Playas. Etwas weiter draußen, mein Weg zum Strand ist aber deutlich kürzer jetzt. Dafür muss ich ins Zentrum und zur Musikschule mit dem Bus oder einem Trici fahren – oder etwa 30 Minuten in der Sonne laufen, was zwar manchmal echt schön ist, besonders wenn ich am Strand entlang ins Zentrum gehe, aber zur jetztigen Jahreszeit mit den hohen Temperaturen auch anstrengend wird. Zu meiner neuen Familie gehören, wenn gerade kein Familienbesuch aus Guayaquil hier ist, meine Gastmama Karina und meine 15jährige Schwester Andrea. Wir wohnen in einem deutlich größeren Haus und insgesamt liegt der Lebensstandard deutlich höher. Ich lebe mich schnell ein und fühle mich auch hier zu Hause. Am Wochenende fahre ich trotzdem immer einmal nach Engabao, um meine alte Familie zu besuchen. Gemeinsam verbringen wir schöne Stunden beim Grillen, am Strand, entspannt in der Hängematte oder beim Pfannkuchen backen. Unter der Woche ist es immer schön, wenn wir uns dann doch mal zufällig in Playas im Zentrum oder im Cacique zum Unterricht treffen.
Obwohl ich anfangs sehr traurig über den Familienwechsel war, bin ich im Endeffekt sehr dankbar darüber. Ich hatte das Glück zwei komplett unterschiedliche ecuadorianische Familien kennen- und lieben zu lernen.
Meine erste Familie hatte ein kleines Haus. Eine von der Straße aus unscheinbare Tür in einem Bretterzaun führt zu einem Gang. Hier stehen drei Häuser in denen eine große Familie wohnt. Im Laufe der Zeit habe ich mich mit ihnen angefreundet und Abends mit den Kindern auf der Straße gespielt. Der Gang endet vor einem weiteren Zaun. Dieser ist jedoch deutlich kleiner und man kann hindurchschauen. Meistens kommt Shadow dann auch schon nach vorne und begrüßt einen beim Ankommen. Zwischen Tor und Haus ist ein kleiner Hof. Hier sind Wäscheleinen gespannt und Luis´Motorrad steht auch meistens unter dem Baum. Von innen gesehen besteht unser Häuschen aus Eingangs- und Essbereich mit offener Küche, einem kleinen Bad und drei Schlafzimmern. Meine Eltern teilen sich ein Zimmer, Amanda hat ein eigenes und Dani teilt mit mir ihr Zimmer. Viel Platz haben wir nicht neben den zwei Betten und einer kleinen Kommode und trotzdem fühlen wir uns beide pudelwohl. So werden die nächtlichen Gespräche und Bastelaktionen, Filmabende oder Kissenschlachten sogar noch besser! So hatte ich zwar kaum eine freie Minute, aber dafür ganz viel Zeit mit meiner kleinen Schwester, die ich nicht mehr missen möchte!
Meine zweite Familie wohnt an der Ausfallsstraße Richtung Posorja. Wenn man hineinkommt steht man erst einmal im Lokal „El Playado“. Dies hat meine Familie vor einiger Zeit an das Wohnhaus angebaut und gelegentlich werden hier Feiern veranstaltet. Meistens sind wir aber einfach hier um Karaoke zu singen oder in größerer Runde zusammen sitzen zu können. Das Wohnhaus besteht aus Küche, Wohnbereich, zwei Bädern und vier Zimmern. Ich darf hier ein eigenes Zimmer bewohnen, ab und zu habe ich trotzdem zusammen mit Andrea geschlafen oder wir waren alle zusammen im hintersten Zimmer. Hier wurde nämlich vor wenigen Monaten eine Klimaanlage eingebaut und ist von nun an nur noch als „Eiszimmer“ unter uns Freiwilligen bekannt. Zudem gibt es einen Hinterhof, in dem während der letzten Monate ein Pool aufgebaut wurde, welcher Opfer mehrerer Poolparties wurde. Die angenehme Ruhe der Dreisamkeit von Karina, Andrea und mir wurde endgültig beendet, als zu Ferienbeginn die gesamte Großfamilie aus Guayaquil einfiel und wir von nun an deutlich mehr im Haus waren! Sechs kleine Kinder, zwei Tanten und die Omas wohnten ab diesem Zeitpunkt bei uns. Aus 3 wurde also ganz schnell 13. Viel Trubel, Geschrei und Lachen. Es war oft chaotisch und anstrengend, die große Zuneigung meiner kleinen Cousinen und Cousins war es aber wert!
Dank meiner zwei Familien durfte ich die Kultur Ecuadors ganz nah erleben, mein Spanisch verbessern und ganz viele große und kleine Familienmitglieder dazu gewinnen ♥

Shadow

in unserer alten Küche

José, Dani, Amanda, Mariuxi, Narcisa, Charly und ich bei mir zu Hause

meine Schwestern

hermanas

Pelusaaa

Daniela

in unserem Zimmer mit Dani und unserer kleinen Cousine Analia

mi familia

Camila, Domenica Andrea und ich

Lucas und Camila – meine Cousins

Mama Karina und meine Schwester Andrea

meine Cousine Camila macht mir die Haare

Mama Karina, Oma Betty und Uroma Antonieta
Videos:
bei Regen Spaß im patio mit Andrea und meinen Cousinen Domenica und Camila
Camila macht mir Zöpfe auf ihre besondere Art und Weise
Karneval in Playas – Schaumschlacht im Lokal

Dani und ich am Strand

Mariuxi Karina Dani und Narcisa

nach unserem Regentanz, meine Schwester Andrea zwei Cousinen und ich

Dani und ich, mit Amanda im Hintergrund

Shadow

meine zweite Familie anlässlich des 1. Geburtstages meiner Cousine Isabella

hermanas

hinter dem Zaun steht unser rotes Häuschen, Shadow wartet schon an dem Tor auf mich

Mami Mariuxi und Amanda

meine Gasteltern

unser kleines Haus

von der Straße muss man einen Gang mit Häusern von anderen Familien durchqueren, bevor man zu uns kommt

der eine Hund unserer Nachbarn hat mich die ersten Meter auf der Straße immer begleitet und auf mich gewartet, wenn ich wieder gekommen bin

Schwimmbecken im Hinterhof

Familienfoto zu Amandas 19. Geburtstag
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