Weihnachten und Neujahr in Ecuador

Lange ists her… Es war einfach so viel los. Aber jetzt alles nach der Reihe:

Im Dezember hatten wir einige Vorspiele und ein Weihnachtskonzert. Wie beim vorherigen Konzert haben wir alle 12 Weihnachtslieder so arrangiert, dass mehrere SchülerInnen gemeinsam spielen und singen konnten. Das hat natürlich viel Probenarbeit erfordert, denn die Schüler mussten nicht nur ihren Part können, sondern gleichzeitig auch noch auf die anderen MitspielerInnen hören. Die Probenarbeit hat aber allen so viel Spass gemacht- das gemeinsame Musizieren weckte bei allen das Gefühl, Teil eines grossen Ganzens zu sein und  natürlich die Erkenntnis schon einiges gelernt zu haben. Ich war wieder einmal so stolz auf unsere SchülerInnen! 

Das grosse Weihnachtskonzert im Shopping war aber leider sehr enttäuschend, da das Soundsystem nicht funktioniert hat und in der Halle, wo alle Fressbuden sind, einfach keine Konzertstimmung herrschte. 
Naja, dafür hatten wir gleich zwei Vorspiele an der Strandpromenade- die für mich wahrscheinlich schönste Konzertkulisse bisher! Diese Vorspiele empfand ich aufgrund der eher familiären Stimmung und natürlich der tollen Location viel schöner.

Letztendlich ist ja immer der Weg das Ziel und ich bin sicher, dass wir alle bei den Proben schon so viel Spass und Erfolgserlebnisse hatte und nicht zuletzt durch das Zusammenspiel dazulernen konnten. 

Neben all den Konzerten blieb aber auch noch etwas Zeit, den üblichen Weihnachtstraditionen nachzugehen. So backten wir einmal eine riessen Menge Plätzchen, trafen uns zum Adventskaffee mit heisser Schokolade und Plätzchen und machten Glühwein. 
Aufgrund des sonnigen Wetters, über das wir uns wirklich sehr freuen, kam ich aber trotzdem immer nur in Weihnachtsstimmung, wenn wir beisammen sassen, Plätzchen gefuttert und Weihnachtsmusik gehört haben. 

Wegen des ganzen Weihnachtsgewusels war ich nach der clausura, eine Abschlussveranstaltung des Kulturzentrums, wo alle ein Zertifikat erhalten, ganz schön platt! Die fette Erkältung (Ja, auch bei warmen Wetter möglich- wegen der ganzen Ventilatoren!) machte mich zusätzlich ganz schön schlapp, weshalb ich echt ferienreif war.

Bereits am 23.12. bin ich dann mit meiner Familie nach Guayaquil gefahren, wo wir mit der Grossfamilie Weihnachten feierten. 

Am Weihnachtsmorgen ging es zunächst ins Stadtzentrum Guayaquils, weil meine Gastschwester noch Schuhe für ihr Outfit brauchte. Die Idee hatten noch viele andere, sodass es wahnsinnig voll war. Ich lernte, dass meine Gastmutter trotz, oder vielleicht gerade wegen ihrer kurzen Beine, extrem schnell laufen kann. Es ging in Höchstgeschwindigkeit von einem Laden zum nächsten, bis die Schuhe endlich im letztmöglichen Laden gefunden wurden. 
Nach dem Mittagessen war ich dann so platt, dass ich erst einmal schlafen musste.

Da das Haus meiner Tante ziemlich klein ist, wurde am Nachmittag das ganze Wohnzimmer ausgeräumt (die Möbel kamen einfach nach draussen), sodass eine lange Tafel für das Weihnachtsessen aufgestellt werden konnte. 

Weihnachten beginnt hier erst um Mitternacht mit einem etwas aufwendigerem Abendessen. Erst danach gibt es eine Bescherung. Einige Familien gehen auch in einen Gottesdienst, viele aber auch nicht (wie meine Familie). Andere wiederum feiern gat kein Weihnachten.
Die Zeit bis Mitternacht zog sich sehr! Ich lag den Grossteil des Nachmittags/ Abends rum, spielte mit meinen Cousinen, liess mich von ihnen schminken und half beim Kartoffeln schälen. 

Als um halb 11 fast alle fertig gestylt waren, hielten es die Kinder nicht mehr aus und machten bereits einige Geschenke auf. Auch meine Oma konnte ihren Hunger nicht mehr aushalten und schnitt das pan de pascua (Weihnachtsbrot) an. Im Fernseher liefen Musikvideos von Rappern, die dann auch die letzte Weihnachtsstimmung vertrieben. 

Das mag jetzt alles sehr unschön klingen… Tatsächlich war der ganze Tag nicht so gemütlich, traditionsreich und besinnlich, wie ich es aus Deutschland gewohnt bin. Als ich mich aber mal darauf eingelassen habe, mal eine neue Art des Weihnachtsfest kennenzulernen, empfand ich es als gar nicht mehr so schlimm! Anderes Land- andere Traditionen.

Das Weihnachtsessen um 12 Uhr, zu dem dann weitere Familienmitglieder kamen, sodass wir über 20 Personen waren, war dann auch sehr schön! Man sass beisammen, erzählte, und auch wenn das nur für knapp zwei Stunden anhielt, war ich sehr glücklich, so selbstverständlich in den Familienkreis aufgenommen zu werden.

Am 25.12 war Weihnachten dann eigentlich vorbei. Am Nachmittag fuhren wir gefühlt durch die halbe Stadt, um Verwandten noch Geschenke vorbeizubringen und bei diesen einige Kleinigkeiten zu essen. Am Abend waren wir noch an der Promenade von Guayaquil, wo alles mit Lichterketten geschmückt war. 

Am 26.12. traf ich mich dann mit den anderen Freiwilligen, bis auf Julia, die mit ihrer Familie auf Galápagos flog, frühmorgens am Busterminal Guayaquils. Wir fuhren nach Baños, einer Stadt in den Anden. Nach dem vielen Essen und vor allem dem Rumsitzen, freute ich mich so sehr, mich endlich mal wieder bewegen zu können! 

Baños bietet aufgrund seiner Lage viele Outdooraktivitäten, was wir natürlich ausgenutzt haben. Neben einer langen Wanderung, Ziplining und einer Radtour zu einem beieindruckenden Wasserfall, waren wir ausserdem in einer Therme mit heissen Quellen baden und haben uns in Wasserfällen abgeseilt („Canyoning). Ich fand es sehr angenehm, dass wir mal wieder unseren eigenen Tagesrythmus fahren konnten. Wir haben viel leckeres und gemüselastiges Essen gekocht, uns viel bewegt und hatten einfach ein bisschen Zeit für uns. Der Aufenthalt war deshalb sehr erholsam!

Am 30.12. fuhren wir dann wieder zurück nach Playas und nach einer Woche ohne Strand, freute ich mich total, am letzten Morgen des Jahres 2019 am Strand joggen und baden zu gehen. 

Da meine Gastmutter ein kleines Lokal besitzt, in dem sie an diesem Abend ein Silvestermenu verkaufte, mussten wir alle ein bisschen beim Vorbereiten des Essens helfen und später auch bedienen.

Gegen halb 12 liefen wir dann zur Strandpromenade, wo eine riessige Bühne aufgebaut war. Ich hatte den Eindruck, dass fast alle dorthin kamen, um das neue Jahr zu empfangen. Um 12 startete dann natürlich ein grosses Feuerwerk, es wurden Gaslaternen in die Luft steigen lassen und „años viejos“ verbrannt. Años viejos sind Puppen aus Pappmaschee, meistens in der Form von irgendwelchen Disneyfiguren. Mit dem Verbennen dieser Puppen lässt man alles Schlechte und Böse im alten Jahr, um ohne Altlasten ins neue Jahr starten zu können- eine sehr schöne Tradition, wie ich finde.

Nach dem Spektakel sind wir dann nochmal nach Hause um zu essen- das hatten wir vorher noch nicht geschafft. Nach dem Essen traf ich mich dann aber mit den anderen Freiwilligen und deren Gastgeschwister. Zusammen tanzten wir zur Lifemusik, bis das Konzert zu Ende war. Das hat echt total viel Spass gemacht! Wir warteten noch bis zum Sonnenaufgang, sassen an der Strandpromenade und erzählten. Bevor es ins Bett ging, machten einige von uns aber noch einen Abstecher zu einer nahegelegenen Picantería (Frühstücksrestaurant), wo wir Encebollado (Fischsuppe) assen, die hier als Katerfrühstück bekannt ist. Gegen 8 Uhr lag ich dann ziemlich müde aber sehr glücklich im Bett.
Den ersten Januar verbrachte ich dann mit Leonie am Strand- für mich der schönst mögliche Start ins neue Jahr!

In diesem Sinne schicke ich euch ein paar Sonnenstrahlen ins kalte Deutschland und hoffe, dass auch ihr gut ins neue Jahr gekommen seid!

× Sophia

Mi cumpleaños

Ich weiss, ich weiss… Dieser Eintrag kommt reichlich spät. Hier ist er nun aber, in kurzer und knackiger Form:

Im November hatte ich Geburtstag. Einerseits freute ich mich total, dass ich diesen zum ersten Mal im Sommer, an einem Samstag und dann auch noch am Meer verbringen konnte (was ein Traum!). Andererseits war es aber auch der erste Geburtstag, den ich ohne meine Familie und Freunde aus Deutschland verbrachte.

Meine Befürchtungen, dass ich deshalb Heimweh bekommen könnte, bestätigten sich zum Glück nicht! Meine Gastfamilie und die anderen MoGs, die mittlerweile quasi auch zur Familie für mich geworden sind, haben mir einen so schönen Tag beschert! 

Schon am Morgen wurde ich von einem aus der Anlage schmetternden „Zum Geburtstag viel Glück“ geweckt. Meine Gastoma und -mutter haben mir dann so liebe Dinge gewünscht, dass mir echt die Tränen gekommen sind. 

Nach dem Frühstück bin ich dann mit meiner Gastmutter einkaufen gegangen und habe geholfen mein Geburtstagsessen vorzubereiten. Zum Mittagessen waren nämlich alle Freiwilligen eingeladen. Als sie reinkamen, haben sie mir ein Ständchen gesungen. Sie hatten mir einen Kuchen gebacken und eine total liebe Karte geschrieben- da musste ich dann wieder ein paar Tränen verdrücken. 

Zu essen gab es dann Reis mit Hühnchen in Pilzsosse und dazu Brokkoli. Danach waren alle so voll, dass der Nachtisch auf später verschoben werden musste.  

Nach ein, zwei, drei Kaffee und einem Stück von dem selbstgebackenen Kuchen, sind wir an den Strand gegangen, um Fussball mit unseren Gastgeschwistern zu spielen und kurz ins Meer zu springen. 

Mittlerweile war es schon früher Abend, sodass wir wieder nach Hause gingen, um die Feier vorzubereiten. Ich hatte Freunde aber auch die Familien der anderen Freiwilligen eingeladen. Meine Gastmutter hatte bereits zwei Tage zuvor angefangen, das gesamte Lokal in den Farben schwarz-rot-gold zu schmücken. Sie hat sich echt total Mühe gegeben! 

Die Feier war dann richtig schön! Es hat mich total gefreut, dass meine Familie mitgetanzt und -gefeiert haben und dass auch die anderen Gastfamilien da waren. Ich konnte so mit den Familien und mit unseren Freunden feiern und hatte das Gefühl, dass dabei keiner zu kurz kam und es jedem Spass gemacht hat! Wir haben so viel getanzt, gelacht, Cocktails getrunken und einfach den Abend genossen. Ich bin mir sicher, dass ich mich deshalb noch lange an meinen 20. Geburtstag erinnern werde! 🙂

Auf dem zweiten Blick

Wahnsinn- jetzt bin ich bereits fünf Monate in Playas, Ecuador- das bedeutet, dass schon mehr als die Hälfte meines Aufenthalts vorüber ist. Höchste Zeit also, einen Bogen von meinem allerersten Blogeintrag zu eben diesem hier zu spannen.

Ich beginne wieder bei meiner Gastfamilie:

Ich fühle mich nach wie vor super wohl in meiner Familie. Mittlerweile kennen wir uns einfach auch viel besser und ich habe ein Gespür dafür entwickelt, was in Ordnung ist und was nicht. Das macht das Zusammenleben natürlich sehr viel entspannter: Abends bekomme ich nun immer einen Schlüssel mit, sodass meine Gastmutter nicht mehr auf mich warten muss und ich traue mich auch mal Essen abzulehnen (was zugegebenermaßen so gut wie nie vorkommt…)

Was mir am besten an meiner Gastfamilie gefällt ist, dass die Türen immer offen stehen: Egal, ob wir MoGs abends einfallen oder die Nachbarin vorbeikommt- es ist immer etwas los! Meine Gastoma kocht deshalb meistens mehr, man weiß nämlich nie, wer noch so vorbeikommt. Ich habe mich schon so an den Trubel gewöhnt, sodass ich mich echt alleine fühle, wenn meine Familie mal nicht zu Hause ist!

Noch immer habe ich den Eindruck, dass es meiner Familie finanziell ganz gut geht: Die Küche ist top ausgestattet, die Mahlzeiten sind abwechslungsreich und aus der Dusche kommt auch ab und zu Warmwasser. Aber auch in meiner Familie gibt es Zeiten, in denen es finanziell eng wird. Vor dem Einkaufen rechnet meine Gastmutter meistens genau durch, wieviel sie brauchen wird und als sie sich einen Staubsauger gekauft hat, hieß es in diesem Monat „Ya no tengo plata“ (Ich habe kein Geld mehr.).

Mir fehlt es aber generell an nichts hier und ich führe nach wie vor ein sehr komfortables Leben. Zwischenzeitlich war ich deshalb ein wenig enttäuscht: Ich hatte erwartet, mich noch mehr umstellen zu müssen. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen seltsam- ich bin ja auch froh, dass ich kaum Eingewöhnungsschwierigkeiten hatte. Aber ich hatte vorher einfach andere Vorstellungen.

Vielleicht haben sich meine Ansichten eines „komfortablen“ Lebens auch einfach etwas geändert… Zumindest bin ich sehr froh, in einer so lieben und offenen Familie wohnen zu dürfen!

Dass ich ein eigenes Zimmer habe, schätze ich auch sehr! Die Tage hier können sehr anstrengend sein und da bin ich froh, wenn ich die Tür auch mal zumachen kann und ein bisschen Zeit für mich habe.

An den Lärm habe ich mich glücklicherweise längst geöhnt! Ich kann mich erinnern, dass ich anfangs aufgrund des Fernsehers schlecht einschlafen konnte und auch morgens sehr früh aufgewacht bin. Das ist jetzt aber gar kein Problem mehr: Einmal habe ich meinen Wecker so lange überhört, bis meine Gastmutter mich geweckt hat. Das ist mir in Deutschland noch nie passiert.

Meine Arbeit im Cacique:

Nochmal zur Erinnerung, weil ich das Wort so oft benutze: Das Cacique ist das Kulturzentrum Playas, wo wir im Rahmen der Ola Sinfonica Musikunterricht geben.

Mein Stundenplan ist mittlerweile richtig voll, besonders montags und dienstags bin ich nach dem Unterrichten oftmals echt platt. Da Antonia nun da ist, die zum Großteil Klavier unterrichtet, könnte ich eigentlich ausschließlich Gesangsunterricht geben. Ich habe aber trotzdem noch zwei bis drei Klavierschüler täglich, einfach, weil mir die Abwechslung gefällt.

Da viele meiner Schüler spanische Songs singen möchten, muss ich neben dem Unterrichten oft nach Noten oder zumindest Akkorden suchen und wenn beides nicht vorhanden ist, selbst Melodien und Harmonien raushören und aufschreiben. Das ist sehr zeitaufwendig, weshalb ich fast jeden Tag länger im Cacique bin.

Schon seit Längerem haben wir auch einen Chor, mit dem wir gerade „Somos es mundo“ („We are the world“) üben. Mittlerweile schaffen wir es sogar, dreistimmig zu singen, was mich sehr glücklich und stolz macht. Ich freue mich auf jeden Fall schon jetzt auf das Weihnachtskonzert, wo wir unter anderem dieses Stück aufführen werden.

Ich muss aber auch ehrlich sagen, dass mir manchmal die Motivation zum Unterrichten fehlt. Das anfänglich Neue und Spannende ist ein wenig der Routine und dem Alltag gewichen. Die regelmäßigen, kleinen Erfolgserlebnisse geben mir dann aber wieder neuen Antrieb.

So auch das Konzert vom vergangenen Donnerstag: Sechs meiner Gesangsschüler und einer meiner Klavierschüler haben vorgesungen bzw. -gespielt. Wir hatte auch einige Bandstücke auf dem Programm, bei denen dann beispielsweise meine Gesnagsschüler von Gitarren- und Bassschülern begleitet wurden. So war das Programm sehr vielseitig und auf einem echt guten Niveau! Das Publikum blieb zum Großteil bis zum Schluss, woran man merkt, dass es allen gefallen hat. Das Wichtigste aber: Ich bin wahnsinnig stolz auf meine Schüler, dass sie ihre Nervosität überwunden haben und glücklich, mit allen schon so gut vorangekommen zu sein! In solchen Momenten vergesse ich dann auch alle Ärgernisse, die das Unterrichten im Cacique mit sich bringen kann.

Im Großen und Ganzen gehe ich wirklich gerne in die Musikschule und freue mich jetzt schon auf das Weihnachtskonzert!

Wie sich meine Woche sonst so gestaltet:

Wenn wir unter der Woche unterrichten, bleibt zwischen Unterricht und den Mahlzeiten zu Hause kaum Zeit für Anderes. Besonders Montag und Dienstag sind für mich volle Tage, wo ich abends nach Hause komme und gar nicht mehr viel machen kann, weil ich so erschöpft bin. Deshalb bin ich froh, den Mittwoch frei zu haben, an dem wir surfen oder an den Strand gehen, Sonstiges, wie Konzerte, in Ruhe organisieren und neue Kraft tanken können.
Am Wochenende habe ich dann auch mal Zeit, für meine Familie zu kochen, den Vormittag entspannt zum Joggen, Tagebuch- oder Blogeinträgeschreiben und Telefonieren zu nutzen. Nachmittags treffen wir uns dann eigentlich immer, um etwas mit unseren Geschwistern und Freunden zu unternehmen.
An manchen Wochenenden packt uns das Reisefieber und wir fahren mal nach Olón, in eines der Partnerprojekte, oder wie letzte Woche nach Cuenca (Eintrag folgt). Es ist dann echt schön, mal wieder etwas anderes zu sehen und eine andere Luft schnuppern zu können. Was mir an Ecuador so gut gefällt, ist, dass sich die Landschaft und auch die Leute und deren Sitten so schnell ändern: Man braucht nur zwei bis drei Stunden die Küste hochfahren und die Umgebung ist grün und das Klima feucht- kühl. In der sierra isst man ganz andere Gerichte als in der costa und im oriente
Ihr merkt schon, ich bin ein bisschen in dieses wunderschöne Land verliebt.

Das Spanischsprechen:

Der letzte Aspekt, über den ich gar nicht viel reden möchte, von dem ich aber weiß, dass er euch interessiert….
Ich kann mittlerweile zwar fast alles verstehen (alte Leute zu verstehen ist nach wie vor oft eine Herausforderung…) aber das Sprechen fällt mir immer noch etwas schwer. Anfangs habe ich gezwungenermaßen schnell gelernt, weil ich mich ja sonst nicht hätte verständigen können. Gerade habe ich aber das Gefühl, stehenzubleiben. Ich müsste einfach jeden Tag ein bisschen für mich lernen, besonders die tausend unregelmässigen Verben und verschiedenen Zeiten machen mir zu schaffen… Aufgegeben habe ich aber noch lange nicht. Ich habe mir nämlich vorgenommen bis zum Ende meines Aufenthaltes relativ flüssig sprechen zu können ohne bei jedem Satz über die Konjugation der Verben nachdenken zu müssen. Hoffentlich klappt das!

Und zum Schluss:

Playas gefällt mir am besten früh morgens, wenn das Meer ruhig da liegt und die Stadt erst langsam wach wird. Von Chavela, unserem Surfstrand, kann man auf die ganze Stadt sehen, mit dem Meer vornedran- und jedes Mal bei diesem Anblick durchströmt mich ein Gefühl von Glück und Liebe zu meinem zweiten Zuhause.
Ok, ich werde jetzt ganz schön schnulzig- ich sollte aufhören.

Ich habe noch so viel vor hier und bin deshalb froh, noch etwas Zeit zu haben, in der ich sicherlich noch Einiges erleben, hoffentlich besser Spanisch lernen und vor allem meine Familie, Land und Leute noch mehr kennenlernen werde.

Fühlt euch umarmt!

PS.: Klar, manchmal habe ich auch Heimweh, vor allem wenn ich in schwierigen Situationen bin oder alles auf einmal kommt. Meine Gastfamilie und der tägliche Kontakt mit meinen Mitfreiwilligen helfen mir aber, auch über solche Momente hinwegzukommen.

Paro in Ecuador

Sicherlich haben einige unter euch von den Aufständen und Streiks (paro) in Ecuador Anfang Oktober gehört. Mir ist bewusst, dass dieser Eintrag reichlich spät kommt, aber ich habe gemerkt, dass mich das Thema nach wie vor beschäftigt und ich lieber später, als nie diesen Eintrag hochlade.
Bevor ich richtig beginne, möchte ich euch daraufhinweisen, dass ich mich zwar bemüht habe, alles, was ich über den Verlauf des paros schreibe, zu recherchieren, aber ich garantiere nicht für eine absolute Richtigkeit- es ging nämlich drunter und drüber und war oftmals schwer für mich nachzuvollziehen.
Wenn euch das Thema also interessiert, lest euch unbedingt Zeitungsartikel im Internet durch oder informiert euch auf anderen Kanälen.

Ein kurzer Ausflug in die politische Vergangenheit Ecuadors:

2008 wurde Correa, der Partei „Alianza País“ zum Präsidenten Ecuadors gewählt. Sein Regierungsstil, auch „Correismus“ genannt, ist vor allem durch die massiven Investitionen in öffentliche Infrastruktur, Straßen, Wasserkraftwerke, Schulen, Gesundheitszentren und andere Projekte populär. Die Regierung kämpfte ausserdem gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung an, was zu einem erheblichen Anstieg der Steuereinnahmen führte.

Nachdem Correa nach zwei Amtszeiten (10 Jahre) nicht mehr zur Wahl antreten durfte, kandidierte Lenín Moreno, der die Wahl schließlich gewann. Moreno gehört der gleichen Partei an und versprach vor der Wahl den Regierungskurs Correas fortzuführen. Sobald er jedoch im Amt war, verfolgte er eine rechtsgerichtete Agenda, tauschte die Parteiführung aus und schafft zunehmend die Errungenschaften Correas ab. Damit verlor die Partei an Unterstützung und auch die Bevölkerung wurde immer unzufriedener, da er sein Wahlversprechen nicht hielt.

Wie es nun zum paro kam und wie dieser verlief:

Am 1.10.2019 beschloss die Regierung, die Subventionen auf Treibstoff zu streichen. Daraufhin stieg der Preis für eine Gallone Diesel um mehr als die Hälfte (von 1,03 auf 2,30 Dollar) und für Benzin um knapp 25% (von 1,85 auf 2,39 Dollar).
Wegen des Kredits des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar verpflichtete sich Ecuador zu sog. Strukturreformen, zu denen eben auch diese Maßnahme gehörte.
Daraufhin brachen Demonstrationen aus, die ziemlich schnell aus dem Ruder liefen: Demonstranten warfen mit Steinen, errichteten brennende Barrikaden… Zudem blockierten Taxi-, Bus- und Lkw-Fahrer wichtige Verbindungsstraßen und stoppten den Verkehrsfluss in mehrern Städten.

Zwei Tage später, am 3.10.2019, erklärte Moreno dann den Ausnahmezustand, der ursprünglich 60 Tage andauern sollte, später dann aber auf 30 Tage gekürzt wurde. Dieser berechtigte die Regierung, Streitkräfte einzusetzen und die Pressefreiheit erheblich einzuschränken.

Aufgrund der andauernden, heftigen Proteste traf sich Moreno am 12.10.2019 schließlich zu Gesprächen mit Vertretern des Bündnisses indigener Nationalitäten („Conaie“). Nach stundenlangen Verhandlungen verkündete er die vorher festgelegten Maßnahmen zurückzunehmen und den Ausnahmezustand aufzuheben.

Wie ich den paro empfunden habe:

Ich habe erstmal nur über die Medien von den Aufständen hier in Ecuador erfahren. Zunächst waren nämlich vor allem die Großstädte betroffen. Meine Gastmutter und -oma, die sich eh schon immer über alles Sorgen und Gedanken machen, waren nun doppelt aufgeregt und besorgt.
Als der Ausnahmezustand ausgerufen wurde, erlaubten sie mir zunächst auch nicht, das Haus zu verlassen. Da es in Playas aber ruhig blieb, waren sie dann doch etwas entspannter. Der laufende Fernseher, der ständig Videos von hässlichen Straßenkämpfen, Überfällen und Schießereien zeigte, machte mich dann aber doch sehr besorgt. Ich hatte das Gefühl, es wurde ganz gezielt über die Medien Angst geschürt.

Die Streichung der Sanktionen bedeutete nicht nur, dass Taxi- und Busfahrten über Nacht teurer wurden, sondern auch, dass die Lebensmittel, die aus der sierra in die costa geliefert werden, preislich anstiegen. Durch den Streik der Transportunternehmen wurde dann ziemlich viel lahmgelegt. Die Leute konnten nicht mehr arbeiten und die Wut der Bevölkerung stieg zunehmend an. Bald schon ging es nicht allein um den gestiegenen Treibstoffpreis, sondern generell um die Politik Morenos.

Der Ausnahmezustand befeuerte meiner Meinung nach die Aufstände noch zusätzlich: Die Auseinandersetzungen mit der Polizei nahmen zu, es wurde eine grosse Zahl an Demonstranten festgenommen und leider sind auch einige während der Auseinanderstezungen gestorben.

Die indígenas (Ureinwohner der sierra), die für den Großteil des landwirtschaftlichen Ertrags Ecuadors sorgen, konnten durch die hohen Kosten kaum noch ins Land ausliefern. Um eine Einigung mit dem Präsidenten zu erzwingen, stellten sie die Auslieferung kurzerhand ein. Als aber auch das nichts bewegte, machten sich Hunderte von indígenas über eine Woche lang zu Fuß (!) auf den Weg nach Quito, um sich vor Ort an den Protesten zu beteiligen und sich mit dem Präsidenten zu Gesprächen zu treffen.

Während in der sierra wirklich Proteste stattfanden, die zwar zunehmend gewaltsamer wurden, nutzten besonders in Guayaquil die Menschen die vorliegende Situation aus: Stellenweise gab es eine geringere Polizeipräsenz, da Polizisten vor allem staatliche Institutionen bewachten und auf blockierten Bundesstraßen eingesetzt wurden, was die arme Bevölkerung ausnutzte, um Elektronik- und Lebensmittelgeschäfte sowie Banken zu überfallen und auszuplündern.
Das eigentliche Ziel der Proteste hatten somit viele aus den Augen verloren.
Besonders in den Großstädten war es deshalb sehr gefährlich zu dieser Zeit.

In Playas fand nur an einem Tag ein Protest statt, an dem dann auch das Cacique geschlossen war. Dieser verlief aber zum Glück friedlich.
An mehreren Tagen schloss die Musikschule bereits um 17 Uhr und einige Schüler kamen nicht, weil die Eltern die Lage als zu gefährlich empfanden.
Am Abend sollte ich vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein. Die Innenstadt war bereits gegen 18 Uhr wie leer gefegt und fast alle Läden schlossen früher. Die Lebensmittelengpässe sorgten dafür, dass die Regale in den Tiendas und Supermärkten immer leerer wurden. Besonders Fleisch, Gemüse, Eier und Obst wurde rarer. Das, was noch da war, wurde einfach immer teurer.

In den letzten Tagen des paros durfte man sich zudem zwischen 20 und 5 Uhr nicht mehr vor staatlichen Institutionen, wie dem Rathaus, aufhalten. Ab 12 Uhr nachts war es dann ganz verboten, sich auf den Straßen aufzuhalten.

Ansonsten konnte ich mich aber nach wie vor tagsüber sicher frei bewegen und es änderte sich nicht viel für uns. Die freie Zeit nutzten wir vor allem zum Kartenspielen und für Filmeabende. Eigentlich wollten wir bereits Anfang Oktober übers Wochenende nach Olón reisen, was dann natürlich nicht mehr möglich war.

Insgesamt war es eine turbulente Zeit. Auch in Playas habe ich deutlich die angespannte Stimmung spüren können und schliesslich auch die Erleichterung, als der paro zu Ende war.
Einerseits habe ich die Ratschläge und Sorgen meiner Gastfamilie natürlich zur Kenntnis genommen, denn sie konnten die Situation definitiv besser einschätzen als ich. Andererseits habe ich aber auch gemerkt, dass ich Abstand zu all dem wahren muss. Besonders am Anfang war ich doch sehr überrumpelt von den Geschehnissen- so etwas habe ich einfach noch nie erlebt. Ja, ich hatte wirklich etwas Angst, oder ein beklemmendes Gefühl, in das ich mich nicht hineinsteigern wollte.

Nun ist der paro ja quasi wieder vorbei. Ich kann also wieder sorglos mit meinem Fahrrad zum Cacique radeln und wir können übers Wochenende verreisen. Aber noch immer gibt es keine neue Einigung. Die Streichungen der Subventionen wurden zwar aufgehoben, es ist also alles wieder wie vorher, aber Fakt ist, dass Ecuador noch immer keine Lösung für seine finanzielle Probleme gefunden hat.
Inzwischen werden immer mehr parteikritische oder correanahe Politiker politisch verfolgt und erhalten Drohungen. Moreno säubert im Schein des wiedererlangten Friedens also die Reihen der Opposition.
Auch Fernseh- oder Radiosender wurden zeitweise ohne ernsthafte Begründung vom Netz genommen.
Die Lage ist also nach wie vor angespannt und man weiß nicht genau, was in naher Zukunft geschehen wird.

Tägliche Banane(n)

Ja, diesen Blogeintrag widme ich allein der Banane. Und der Kochbanane.

Nein, eigentlich ist mir nicht langweilig, aber ich erzähle hin und wieder einfach gerne vom Essen!

Alle, die mich kennen, wissen, dass ich in Deutschland Bananen nicht mal riechen konnte. Und jetzt liebe ich sie! Ich bin mir aber auch sicher: Hier schmecken sie einfach besser!
Zu meinem täglich Brot… äh Reis gehören jetzt also auch Bananen. Das können mal nur eine, zwei täglich sein, manchmal aber auch sechs…
Wenn ich die Kochbananen (sog. verdes) mitzähle, dann verdrücke ich am Tag gegebenenfalls auch mal zehn an der Zahl.

Ein bananenreicher Tag sieht demnach so aus:

Frühstück:
Smoothie aus Banane und Papaya, dazu Patacones (frietierte verdes) oder Bolón (eine Art Knödel aus verdes und Käse)

Mittagessen:
z. Bsp.: Reis mit Sango de pescado (aus zuvor geriebenen verdes gekochte Soße) und einer fritierten maduro (reife verde)
Die Kochbanane ist echt vielseitig, deshalb verzichte ich jetzt mal auf weitere Ausführungen von verdehaltigen Hauptgerichten

Nachmittagssnack:
Oritos (von oro= Gold)
Das sind die Babybananen, die richtig schön süß sind und das Einzige, was mich nachmittags vom übermäßigen Süsskram-Konsum abhalten kann.
Oder Chifle (Chips aus verdes oder maduros), wobei man diese eigentlich zu jeder Tageszeit essen kann (wahlweise auch in der Suppe oder zum Reis…)

Oritos sind unsere Liebsten

Abendessen:
Erneut Patacones (übrigens auch der beste Mitternachtssnacks nach dem Feiern)

Nur mit der Schokobanane konnte ich mich noch nicht so ganz anfreunden, aber da bin ich zuversichtlich!

Also liebe Leute, kommt nach Ecuador und esst Bananen (und Kochbananen!)!

Nachtrag:

Heute haben wir zum Mittagessen eine Gemüsesuppe gegessen. Normalerweise wird dazu Avocado gereicht, heute gab es zu meiner Überraschung aber stattdessen (zweimal dürft ihr raten)… Bananen. Meine Familie meinte, dass das hier in der costa so üblich ist. Bananen sind quasi der günstige Avocado-Ersatz.

Ich muss sagen, dass es sehr ungewohnt war, zu einer salzigen Suppe Bananen zu essen, aber übel war es nicht! 🙂

Urwaldtour

Die Anreise

Nach einiger Zeit der Planung ging es am Freitagnachmittag endlich los: Wir Mädels aus Playas trafen uns am Busterminal und fuhren mit dem „Directo“ nach Guayaquil. Dort trafen wir dann auf Nina, die im Partnerprojekt in Olón ist, sowie auf Franka und Tom, die MoGs im Projekt Guasmo sind. Gemeinsam kauften wir Tickets nach Coca, von wo aus wir am nächsten Morgen das Boot in den Urwald nehmen würden.

Da dieses nur einmal täglich fährt, nahmen wir bereits den Bus um 16 Uhr. Die Frau am Schalter versicherte uns, dass wir um 3 Uhr morgens ankommen würden, spätestens aber um 5 Uhr. Schon diese Aussage ist ja sehr vage… aber es sollte doch genügend Puffer bis zur Abfahrt des Bootes sein… so dachten wir.

Irgendwann nach Mitternacht muss ich wohl, trotz der geschmacklosen, lauten Ballerfilme, die hier in den meisten Bussen laufen, eingeschlafen sein. Als ich aufwachte, wurde es zumindest schon hell: Es war bereits 6 Uhr morgens! Hatten wir unsere Haltestelle verpasst?! Nein, Coca war doch eigentlich die Endstation… Auch die anderen waren inzwischen aufgewacht und gemeinsam versuchten wir, wenn wir gerade Empfang hatten, über Google Maps herauszufinden, wo wir uns gerade befanden: 30min vor unserem Ziel. Aber eigentlich hätten wir bereits um 6 Uhr am Boot sein müssen, um die Tickets zu kaufen! Glücklicherweise war Silja (die Instrumentenbauerin, die ich in meinem letzten Blogeintrag bereits kurz vorgestellt habe), die auch mit auf die Tour kommen würde, aus Quito gekommen und bereits in Coca. So konnte sie unsere Tickets reservieren und als wir dann endlich um sieben Uhr am Bootsableger standen, waren wir ganz schön erleichtert!

Dann begann der zweite Teil unsere langen Reise in den Urwald: Wir fuhren 8,5 Stunden mit einem länglichen Boot auf dem Fluss Rio Napo Richtung Nuevo Rocafuerte, was kurz vor der Grenze zu Peru liegt. Auf zwei gegenüberliegenden, gepolsterten Bänken saßen vor allem orientales (so werden die Bewohner des Orientes, dem östlichen Teil Ecuadors, genannt) und eben wir. Nach der Mittagspause um 11:30, in der wir uns mit der uns gutvertrauten Kombi aus Reis, menestra und Fisch bzw. Fleisch stärken konnten, hielt das Boot immer häufiger am Ufer an, um die orientales rauszulassen. Was man dabei an Gepäck sah, war echt lustig: riesige Monatseinkäufe, säckeweise Gemüse, Reis, Mais, teilweise sogar Flachbildschirme, etc.

Wir vertrieben uns die Zeit mit Kartenspielen, aber irgendwann fingen wir alle an zu jammern („Wann sind wir denn endlich dahaaa?“).

Als wir gegen 16 Uhr endlich ankamen, hatten wir schließlich insgesamt eine 26 stündige Fahrt hinter uns! Am Bootsanleger von Nuevo Rocafuerte holte uns unser Guide Fernando ab und begleitete uns zu unserem Hostel. Den Nachmittag verbrachten wir an der sogenannten „playa“, die sich als eine Sandbank im Rio Napo herausstellte. Am Abend ließen wir uns von den Besitzern des Hostels lecker bekochen und spielten am Ufer des Flusses das von Julia mitgebrachte Spiel „Sammers Burschen“.

Erster Tag:

Nach dem Frühstück holten uns Fernando und seine Frau mit einem Boot ab. Wir fuhren auf einem Nebenfluss des Rio Napos in den Nationalpark Yasuni, wo wir die nächsten drei Tage verbringen würden. Schon die Bootsfahrt war sehr eindrücklich: Wo man hinschaute, war es grün und die Geräusche des Regenwaldes prasselten auf uns ein.

Nach der Anmeldung am Eingang des Parks, starteten wir unser Abenteuer mit der ersten Wanderung durch den Wald. Was mir sofort auffiel: Fernando hat ein sehr waches Auge und weiß unglaublich viel über die Tiere und Pflanzen des Urwalds. Obwohl er schon seit langer Zeit Touristen durch den Park führt, ist ihm nach wie vor seine Leidenschaft anzumerken und er steckte auch mich mit seiner Begeisterung an.

Unser Camp befand sich an einer Lagune. In einer kleinen Lichtung waren hier Zweimannszelte aufgestellt, sowie eine kleine, improvisierte Kochecke eingerichtet. Nach dem Mittagessen, bestehend aus Spaghetti mit einer Thunfisch-Gemüsesoße, eine willkommene Abwechslung für uns, ging es wieder los.

Wir stiefelten erneut durch den Wald, immer auf der Suche nach exotischen Tieren. Sobald Fernando aufgeregt auf etwas zeigte oder stehenblieb, scharrten wir uns gespannt um ihn. Am Morgen sahen wir eine Schlange und am Nachmittag Frösche, die so klein und gut getarnt waren, dass es mir ein Rätsel ist, wie Fernando diese entdecken konnte. Was mich wieder unglaublich beeindruckte, waren vor allem die Geräusche des Regenwaldes: Wir hörten zum Beispiel aus der Ferne Affen brüllen und ehrlich gesagt war ich ganz froh, dass sie so weit weg waren.

Irgendwann fing es dann an zu tröpfeln. Ich holte panisch meinen Regenponcho, der sich als Malerkittel herausstellte (das kommt davon, wenn man sich erst in letzter Minute darum kümmert), heraus und wartete gespannt auf den Platzregen, mit dem ich jetzt rechnete. Ich wurde aber enttäuscht- gerade ist hier ja Winter und dementsprechend fallen auch die Regenfälle nicht so groß aus. Vielleicht war es aber auch ganz gut, dass wir nicht klatschnass wurden. Weil im Urwald die Luftfeuchtigkeit so hoch ist, trocknet nämlich auch nichts mehr!

Auf dem Rückweg zum Camp hatten wir ein bisschen mehr Glück: Vom Boot aus sahen wir in einem Baum Kapuzineräffchen herumspringen und in einem anderen ein Faultier hängen. Zum Sonnenuntergang harrten wir auf der Lagune aus, wo sich uns ein wunderschönes Naturschauspiel eröffnete: Das Licht zauberte eine so friedliche Atmosphäre und plötzlich flogen ganz nah über der Wasseroberfläche eine Menge Fledermäuse, die auf der Suche nach Insekten waren.

Im Dunkeln hielten wir vom Boot aus auch noch Ausschau nach Krokodilen und Kaimanen. Leider entdecken wir keine, bis Fernando plötzlich einen Baby- Kaiman in der Hand hielt, den er aus dem Wasser gefischt hatte. Ich muss zugeben, dass ich es nur für einen kurzen Moment geschafft habe, den Kaimanen zu halten. Nachdem das Bild geschossen war, schmiss ich das arme Tier aus Panik einfach wieder ins Wasser.

Zweiter Tag:

Der Tag begann früh: Noch vor dem Frühstück fuhren wir mit dem Boot los, um nach Papageien Ausschau zu halten. Dazu gingen wir zu einem abgestorbenen Baumstamm, der, wie Fernando erklärte, für die Tiere, aufgrund seiner Mineralien, wie ein Krankenhaus ist. Leider schien gerade an diesem Morgen so gar kein Papagei Lust auf Krankenhaus zu haben… Naja als Entschädigung durften wir dann Ameisen mit Zitronengeschmack probieren. Ich muss sagen: Echt nicht übel. Das Pancake- Frühstück mit Marmelade und frischem Obst war mir dann aber doch lieber!

Nach dem Frühstück wanderten wir für 4h durch den Urwald. Dabei mussten wir dieses Mal auch Schlammfelder überqueren, was sich als echt schwer herausstellte! Fernando erzählte uns, dass es noch keine Gruppe geschafft hat, nicht in den Dreck zu fallen. Er hatte echt seinen Spaß, während wir zitternd über die Baumstämme balancierten. Fernando behielt auch Recht: Von uns acht MoGs, blieb nur Silja einigermaßen sauber.

Nach der Wanderung war ich echt fix und fertig! Das Mittagessen hatten wir uns auf jeden Fall verdient. Ich freute mich auch, dass wir am Nachmittag fischen gehen würden, weil wir dann nämlich im Boot sitzen bleiben könnten. Dass Angeln aber auch ganz schön nervenaufreibend sein kann, war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht klar.

Fernando fuhr mit uns zu verschieden Stellen in Ufernähe, an denen wir, mit von ihm selbstgemachten Angeln, Piranhas fischen sollten. Anfangs hatten wir noch nicht so viel Glück, aber dann zog tatsächlich einer nach dem anderen einen Piranha aus dem Wasser.

Als sich auch plötzlich meine Angel straffte, schoss mir das Adrenalin durch den Körper. Ich schien echt einen großen Fang an der Angel zu haben! Erst mit Fernandos Hilfe, konnte ich den Fisch herausziehen. Danach war ich echt erledigt und blieb für den Rest der Angeltour Zuschauer.

Zum Abendessen aßen wir dann den gefangenen Fisch. Er war echt lecker und ich persönlich konnte das Essen viel mehr wertschätzen, weil wir die Fische wirklich selbst gefangen hatten.

Dritter Tag:

Wieder ging es vor dem Frühstück mit dem Boot aufs Wasser, wobei wir aber außer eine Seeschlange nichts Berauschendes entdeckten. Am Vormittag fuhren wir dann zu einem indigenen Stamm, der aus ca. 8 Familien besteht und um die 30 Personen fasst. Das Dorf war nah am Ufer gebaut, die Häuser waren aus Holz und standen auf Stelzen. Alle Stammmitglieder liefen barfuß herum und sowohl die Frauen, als auch die jüngeren Mädchen trugen knielange Röcke.

Wir durften pan de yucca herstellten, wobei wir wirklich beim Ernten der Wurzel anfingen: Der Maniok wächst in Sträuchern, die wir zunächst fällen mussten, um dann die Wurzeln ausbuddeln zu können. Anschließend schälten, wuschen und rieben wir sie. Was ich jetzt in einem Satz zusammenfassen kann, hat in der Realität ca. 2h gedauert. Doch damit war nicht genug: Die geriebene Yucca entwässerten wir, indem wir sie in ein Reisigetz legten und dieses auswrangen. Danach musste das Ganze noch gesiebt werden, sodass wir schließlich feines Yuccamehl erhielten. Nun konnten wir aus dem Mehl über dem Feuer, Fladen backen.

Ich finde es sehr spannend, einmal nur mit seinen Händen und selbstgebauten Utensilien ein Lebensmittel hergestellt zu haben. Natürlich war mir auch vorher klar, dass pan de yucca nicht auf Bäumen wächst, aber den ganzen Prozess mitzubekommen, ist doch etwas ganz anderes! Ich habe mich zumindest wahnsinnig über das selbsthergestellte pan gefreut und konnte es richtig wertschätzen.

Nach dem Mittagessen fuhren wir, fix und fertig, zurück nach Nuevo Rocafuerte ins Hostel. Wir freuten uns alle, uns nach drei Tagen wieder duschen zu können und die stinkigen Sachen aufzuhängen. Vor dem Abendessen erkundeten wir noch den Ort- das war aber schnell passiert, weil dieser sehr klein ist. Dabei fanden wir aber ein Restaurant, in welchem wir zu Abend aßen. Wir waren schon fast mit dem Essen fertig, als es langsam anfing zu regnen. Erst wollten wir den „Schauer“ abwarten. Als uns dann aber die Restaurantbesitzerin sagte, dass dieser nun mindestens eine halbe Stunde anhalten würde, beschlossen wir durch den Regen zum Hostel zu rennen. Inzwischen regnete es aber nicht mehr- es goss wirklich aus allen Kübeln! Nun hatte ich den Regen, den ich im Urwald vermisst hatte! Da wir alle unsere letzte frische und trockene Garnitur anhatten, beschlossen wir einfach nur in Unterwäsche zu rennen und die Klamotten in Plastiktüten unter den Arm zu nehmen. Die Restaurantbesitzer nahmen es mit Humor und gaben uns so viele Plastiktüten, wie wir brauchten.

Naja, und dann rannten wir eben in Unterwäsche durch den strömenden Regen und ich muss sagen, allein wegen des Spaßes hat es sich gelohnt.

In diesem Sinne bis bald!

Liebe Grüße aus der Ferne

Sophia

Wenn in Playas die berühmt-berüchtigten „Fiestas de Playas“ steigen

Ich melde mich mal wieder mit ein paar neuen Ereignissen aus Ecuador und im Speziellen aus Playas. Eigentlich wollte ich den Blogeintrag schon letzte Woche hochladen. Nachdem das Internet dann aber einfach für eine Woche ausgestellt wurde, war das nicht mehr möglich. Jetzt habe ich es aber endlich geschafft!

Da zwei der Freiwilligen, mit denen ich bisher in Playas war, nun wieder nach Deutschland zurückgeflogen sind, waren die letzten Wochen voll von „letzten Unternehmungen“ und despedidas (Verabschiedungen). Dies ist auch der Grund, weshalb ich erst jetzt, wo zumindest ein bisschen Ruhe eingekehrt ist, dazu komme, meinen Blog zu füttern.

Zunächst ein schnelles Update zur Situation im Projekt:
Wie schon angedeutet, war die Zeit zweier Freiwilligen in Ecuador nun leider vorüber.
Weil wir nahezu jeden Tag gemeinsam verbracht haben und sie zu guten Freunden geworden sind, fiel mir der Abschied schon etwas schwer.
Außerdem waren die beiden schon länger hier und haben deshalb auch den Großteil geregelt, was nun Lea und ich alleine meistern müssen. Gerade sind wir fleißig dabei, Gastfamilien für die Freiwilligen zu finden, die im Herbst ankommen werden.

Für zwei Wochen war zudem Silja, eine Instrumentenbauerin aus Deutschland, zu Besuch, die sich sämtliche ramponierte Holzblasinstrumente aus der Musikschule vorgeknöpft hat. Neben ihrer fleißigen Arbeit, blieb für sie aber auch noch Zeit, Playas kennenzulernen und gemeinsame Abende mit uns zu verbringen.

wir Freiwilligen mit den MoGs aus dem Guasmo und Olon, sowie Silja und Adelita in Engabao
gemeinsames Empanadaessen bei mir zu Hause, ebenfalls mit den MoGs aus dem Guasmo und Silja

Vor ein paar Tagen ist nun eine „neue“ Freiwillige, Julia, angekommen, sodass wir gerade drei Mädels in Playas sind.

die Mädels aus Playas

Nachdem wir zwischenzeitlich aber nur noch zu zweit waren, könnte man ja meinen, es wäre uns in Playas langweiliger. Aber das ist hier zu keiner Zeit der Fall!
Gerade fanden nämlich die „Fiestas de Playas“ statt, bei denen für zwei Wochen jeden Tag über die Stadt verteilte Events, Wettbewerbe und Umzüge stattfanden. Weil die landesweit bekannten „fiestas“ vor allem Leute aus der Sierra herlocken, wo gerade Ferien sind, ist es momentan besonders voll hier.

Für die „fiestas“ wurde die Stadt richtig rausgeputzt: An der „plaza civica“ wurden die Bänke und die Bordsteinumrundungen neu gestrichen, neue Pflanzen gepflanzt und der Springbrunnen wieder in Stand gesetzt. Man hat sich sogar die Mühe gemacht, den Weihnachtsbaum mal abzubauen.
Auch der malecón, also die Strandpromenade, wurde, wo vorher nur Sandpiste war, frisch geteert.

An einem Nachmittag habe ich bei einer Vorführung traditioneller Tänze zugesehen, bei denen unter anderem auch meine Gastschwester mitgewirkt hat.
Das spektakulärste an jeder Gruppe waren die Kostüme: Farbenfroh und traditionell. Einige der teilnehmenden Gruppen waren zwar etwas unkoordiniert, aber eigentlich ist es beachtlich, dass es jede Schule hier im Umkreis schafft, eine Tanzgruppe zusammenzustellen! Ich habe auf jeden Fall einen guten Eindruck von den jeweiligen Tanzstilen Ecuadors bekommen. Zu erwähnen ist definitiv auch der Hüftschwung von den Mädels und Jungs, der mich echt etwas neidisch gemacht hat!

Das eigentliche Highlight der „fiestas“ ist aber der Umzug am ersten Tag. Leider konnte ich selbst nicht dabei sein, weil wir zur gleichen Zeit Jakob zum Flughafen gebracht haben. Es fanden aber noch weitere Umzüge statt und ich habe viele Videos gesehen, sodass ich doch etwas darüber erzählen kann.
Beim ersten Umzug machen alle Schulen des gesamten Umkreises mit. Jede Schule stellt eine Tanzgruppe von 15 bis 40 Personen und einen Spielmannszug von ungefähr der gleichen Größe! Ich glaube, die fiestas sind DAS Event hier- die Proben für die Umzüge laufen zumindest schon seit meiner Ankunft. Das Ergebnis lässt sich aber auch wirklich sehen: Die Choreos sind super einstudiert und bei den Spielmannzügen trommeln alle im Takt!

meine Gastschwester beim Tanzen

Am Donnerstag, dem letzten offiziellen Tag der „fiestas“, fand am Vormittag ein weiterer Umzug statt. Nun muss ich einmal kurz einen Schwenker machen: Meine Erfahrungen hier haben bislang ergeben, dass die Planung von Events, Konzerten oder Sonstigem immer sehr offen bleibt. So wissen wir vor einem Vorspiel meist nicht, wo, wie und wann wir genau spielen sollen… Oftmals wünsche ich mir einfach eine klare Ansage, aber ich habe schon gelernt, dass man hier einfach etwas flexibler sein und die Situation so hinnehmen muss, wie sie eben kommt.
Umso mehr war ich deshalb überrascht, als wir am Donnerstagmorgen bei dem besagten Umzug mitlaufen wollten: Alles war durchorganisiert und top geplant. Die teilnehmenden Gruppen rückten mit riesigen Mannschaften an und glänzten wieder mit ihrem Auftritt. Daneben wirkten wir mit unseren selbstgemalten Plakaten und nur vier Schülern etwas mickrig. Aber wir hatten unseren Spaß und auch die Schüler waren tatkräftig dabei!
Ich finde solche Aktionen auch sehr wichtig für das Projekt, denn auch wenn nicht viele gekommen sind, haben wir etwas gemeinsam unternommen und Engagement für unser Projekt gezeigt.
Und außerdem haben wir auf die Musikschule aufmerksam gemacht und können so vielleicht den ein oder anderen neuen Schüler gewinnen.

nach dem Umzug beim Eisessen mit einem Schüler
einer der teilnehmenden Gruppen

Am Abend war dann große fiesta an der Strandpromenade: Es kamen national bekannte Sänger und Bands, um ein Konzert zu geben. Wir dachten, man würde alle möglichen Leute treffen, aber es war so voll, dass wir in der Menge nur wenig bekannte Gesichter entdeckten. Am Freitag waren die „fiestas“ dann eigentlich zu Ende, es fand jedoch am Abend noch ein Salsakonzert statt. Das Tanzen dort machte echt Spaß, obwohl ich leider noch nicht wirklich Salsa tanzen kann. Bei den Ecuadorianern sieht das nämlich so leicht und geschmeidig aus- da muss ich echt noch üben! 

beim Salsakonzert mit Lea, Julia und Pablo

Nun sind die „fiestas“ glaube ich wirklich zu Ende, aber das weiß man hier nie so genau…

Aufgrund der „fiestas“, bei denen auch viele Schüler eingespannt waren, war es in der Musikschule sehr ruhig. Als wir dann noch erfuhren, dass das Cacique an einem Freitag wegen eines Feiertags geschlossen sein würde, beschlossen Lea und ich ziemlich spontan, das verlängerte Wochenende zu nutzen, um nach Cuenca zu fahren. Cuenca ist eine Kolonialstadt, die auf 2500m zwischen hohen Bergen in einem Tal eingebettet liegt. Schon die Fahrt von Guayaquil nach Cuenca, war beeindruckend: Nach einer Stunde, fing der Anstieg an. Eigentlich war es ziemlich bewölkt an diesem Tag, aber plötzlich durchbrachen wir die Wolkendecke und fanden uns unter strahlend blauem Himmel wieder! 
In Cuenca angekommen, machten wir uns zunächst auf die Suche nach einem Hostel. Schon jetzt fiel uns auf, dass es in Cuenca erstens deutlich frischer und zweitens sehr viel aufgeräumter und sauberer, als in Playas ist. Cuenca ist außerdem ein Magnet für sämtliche Touris und scheint deshalb auch deutlich mehr Geld zu haben.

Unser Hostel war direkt in der Altstadt gelegen und unser Zimmer teilten wir mit einem Amerikaner und zwei Argentinier, mit denen wir gleich in Kontakt kamen. Am ersten Nachmittag ließen wir uns erstmal nur durch den Altstadtkern treiben. Immer wieder stießen wir auf ruhige Plätze mit beeindruckenden Kirchen, prächtigen Kolonialbauten und kleinen Cafés. Ich fühlte mich echt nach Europa gebeamt. 

Am Samstag nahmen wir an einer Führung teil, bei der wir noch mehr über Geschichte, Tradition und Bräuche der Stadt lernten. Im Markt zeigte uns die Tourführerin lokale Spezialitäten, wie Meerschweinchen, papas locas (verrückte Kartoffeln) und Spanferkel. Leider war auch am Samstag Feiertag in Ecuador, weshalb schon am Mittag sämtliche Museen und Kirchen geschlossen hatten. Wir gönnten uns dann aber den Luxus eines warmen Cafés. Am Abend kam zudem Silja, die vor dem schlechten Wetter der Costa geflohen war, auch nach Cuenca. Gemeinsam mit dem Amerikaner aus unserem Zimmer machten wir uns auf ins Nachtleben Cuencas. Nach einem kurzen Spurt schafften wir es sogar noch zur Happy Hour. 

Lea und ich vor der neuen Kathedrale
Gemüse- und Obstmarkt
eine der Spezailitäten der Sierra: Meerschweinchen
pünktlich zur Happy Hour


Am Sonntagvormittag stiegen wir für einen letzten Ausblick über die Stadt auf die neue Kathedrale Cuencas. Nach dem Mittagessen (Mittagsmenu gibts hier für 2,5$!!!) ging es dann auch schon wieder nach Playas. Dort freute ich mich wirklich über die etwas milderen Temperaturen und natürlich meine Gastfamilie, die mich schon erwartete. 

mit Lea und Silja auf der neuen Kathedrale
der Ausblick von oben

Soweit zu meinen jüngsten Erfahrungen aus Ecuador. 

Bis bald

× Sophia

Meine verruuuckte Familie

„Am Wochenende fahren wir nach Guayaquil zu meiner ‚verruuuckten‘ Familie.“ Gesagt, getan. Am Freitagabend ging es also für Karina, Andrea und mich per directo (Bus, der zweimal die Stunde ohne Zwischenstopp nach Guayaquil fährt) nach Guayaquil. Dort angekommen lernte ich dann gleich einen Teil von Karinas Familie kennen. Am malecón, der Promenade Guayaquils, trafen wir Mama Betty und Karinas Schwester Grace, ihren Mann Kevin und deren drei Kinder Camilla, Emilia und Kevin (ja, er hat den gleichen Namen, wie sein Papa- das ist hier häufiger so). Damit sich Papa und Sohn Kevin nicht immer beide angesprochen fühlen, wenn jemand nach ihnen ruft, wird Sohn Kevin oft einfach nur „Junior“ genannt. So viel zu den Namen…

Gemeinsam liefen wir dann durch „las peñas“, das Künstlerviertel Guayaquils, welches an einem Hang liegt. Inzwischen war es natürlich schon dunkel, weshalb man von oben einen beeindruckenden Blick auf das Lichtermeer der Stadt hatte.


Zum Abschulss des Abends gingen wir noch (ganz typisch ecuadorianisch) Döner essen 😉


Bei Grace zu Hause angekommen, war ich dann echt hundemüde- die Kinder sind zwar sehr süß, aber mit so viel Trubel wird es irgendwann auch anstrengend. Da die Familie nur eine Drei-Zimmer-Wohnung besitzt, mussten wir ein bisschen zusammenrücken: Ich teilte mir ein Bett mit meiner Gastschwester und im selben Zimmer schliefen noch meine drei primos (Cousins und Cousinen) und Mama Betty. Erstaunlicherweise habe ich sogar ganz gut geschlafen- um halb 9 war dann aber Schluss mit der Ruhe. Beim Nachbarn lief schon laute Salsamusik und nach und nach kam der Rest der Familie in unser Zimmer, um sich auch noch in die Betten zu quetschen. Es wurde dann erst einmal (Überraschung) ein ausführliches Pläuchschen gehalten.
Als ich noch in Deutschland war und hörte, dass ich in einer relativ kleinen Familie wohnen werde, war ich erst ein bisschen enttäuscht, aber der Wunsch einer Großfamilie hat sich ja nun doch erfüllt…

Eigentlich wollten wir bereits um 10 Uhr zum Planetarium fahren, bis aber alle gefrühstückt und geduscht hatten, war es bereits 13 Uhr. Als wir dann endlich vor dem Planetarium standen, mussten wir feststellen, dass dieses geschlossen hatte. Also Planänderung: Nach einer Stunde Fahrt durch die ganze Stadt, fanden wir uns abstruser Weise in einem Shoppingcenter wieder. Mir wurde erklärt, dass hier nur die wohlhabenden Leute herkommen, zu denen meine Familie aber nicht zählt. Wir konnten dort also nichts machen außer Schaufensterbummeln und auf dem Spielplatz Rumalbern. Keine Ahnung, was das sollte- selbst meine Familie hat sich dort gelangweilt…

Bevor es wieder ins Zentrum ging, stoppten wir noch bei Karinas Bruder, der mit seiner Frau auch drei kleine Kinder hat. Also lernte ich sie auch noch kennen.
Am Abend gingen wir dann zur Guayarte (Guayaquil + Arte), wo zwischen Streetart alle möglichen Kunsthandwerke verkauft und Musik gespielt wurde.

Ich und Camilla


Auch wenn es schon 23 Uhr war, als wir wieder im Haus ankamen, haben wir noch fett zu Abend gegessen.

Da wäre ich beim Thema Essen (ich kann es mir doch nicht verkneifen):
Es gibt sehr oft Reis, das in großen Mengen und es wird mit viel Öl und Zucker gekocht. Aber trotzdem, oder gerade deswegen, ist das Essen super lecker.
Die anderen MoGs sagen, dass meine Familie relativ modern ist, was das Kochen anbelangt: Es gibt beispielsweise ungefähr einmal die Woche keinen Reis zum Mittagessen, es kommt auch mal ein vegetarisches Gericht auf den Tisch und fast immer gibt es zum Essen Salat oder Obst dazu – alles eher untypisch für Ecuador.
Zum Frühstück essen wir oft patacón (in Fett gebackene Kochbananen (verdes)) oder einfach pan (weiße Brötchen, die ein bisschen wie Milchbrötchen schmecken) mit Käse, Spiegelei und Kaffee.
Mittags gibt es, wie gesagt, fast immer Reis- Reis mit menestra (eine Linsen-Gemüse-Soße), mit Fleisch, mit Fisch, mit Kartoffelbrei, mit Kochbananen usw.
Eine witzige Vorliebe der Ecuadorianer ist, den Reis absichtlich anbrennen zu lassen- den knusprigen, angebrannten Reis (cocolón) isst man dann einfach dazu. Außerdem wird fast immer ein frischer Saft aus Papaya, Melone oder anderem leckeren Obst gemacht. Manchmal darf ich diesen machen- dann lasse ich den Zucker weg, denn sonst ist gefühlt ein halbes Kilo davon drin…
Abends gehe ich oft mit den anderen Freiwilligen eine Kleinigkeit essen- Empanadas, tortilla de Verde oder pan de yuka. Wenn ich abends zu Hause esse, gibt es meistens gar nicht viel: entweder werden die Reste vom Mittagessen oder pan gegessen. Auch das ist hier bei den meisten Familien anders.
Zwischen den Mahlzeiten wird eigentlich nichts gegessen. Wir Freiwilligen snacken aber in der Musikschule oft Obst, pan de yuka oder Eis- man muss sich ja für die schwere Arbeit belohnen!

Genug dazu…

Am nächsten Tag haben wir eigentlich gar nicht mehr viel in Guayaquil gemacht. Wir haben noch den Vater von Mama Betty besucht und sind dann am Mittag zurück nach Playas gefahren.

Wie ihr merkt, habe ich am Wochenende vor allem die Familie kennengelernt und trotzdem habe ich noch lange nicht alle getroffen! So habe ich zwar nicht wahnsinnig viel von Guayaquil gesehen, aber es war schön von der ganzen Familie gleich so nett aufgenommen zu werden und mit ihnen Zeit zu verbringen!

Warum der Artikel nun so heißt, wie er heißt: Eines der wenigen deutschen Wörter, das die Familienmitglieder sagen können, ist „verrückt“. Sie finden, dass es sie ganz gut beschreibt- und dem würde ich auch zustimmen: herrlich chaotisch, lustig und zugleich sehr herzlich.

Noch ein paar Updates…

Mein Spanisch wird langsam etwas besser und es macht mich stolz, wenn meine Gastmutter sagt: „Si, si, entiende“ (Jaja, sie versteht es schon) 🙂

Im Cacique bin ich sehr gerne: Es sind immer Leute da, mit denen man sich unterhalten kann, ich schließe mich manchmal spontan der Tanzgruppe an oder spiele mit den Kindern.
Manchmal werden wir von der Musikschulleitung zu irgendwelchen Spontanaktionen überredet: So musste ich neulich bei einer Veranstaltung im Cacique eine Tracht anziehen und damit zu Leas Geigenspiel tanzen.

Das Unterrichten macht im Großen und Ganzen echt Spaß. Bereits jetzt ist mir bewusst geworden, dass ich mit meinen SchülerInnen nicht nur auf musikalischer Ebene arbeite. Ich habe beispielsweise einen Schüler, der total unsicher ist und sich nach jedem Ton, den er singt, entschuldigt. Bei ihm würde es mich einfach freuen, wenn er nach und nach an Selbstvertrauen und -bewusstsein gewinnt.
Was leider super nervig ist: Wenn ich am Tag im Schnitt sechs Schüler habe, bin ich froh, wenn davon vier zum Unterricht erscheinen. Es ist mir bisher einfach unbegreiflich, wie man einerseits unbedingt Klavier- oder Gesangsunterricht haben möchte und andererseits nicht mal zur ersten Stunde kommt. Aber ich habe natürlich auch Schüler, die jedes Mal kommen und auch immer motiviert sind! In solchen Stunden kann ich dann richtig Energie tanken und auch selbst dazulernen.
Ich nehme nun bei Lea Bratschenunterricht. Es ist echt schön, nochmal ein neues Instrument zu lernen und außerdem sehe ich so alles auch aus Schülerperspektive. Dadurch wird mir nochmal Einiges bewusster und erleichtert mir das Unterrichten.

Mir gefällt es außerdem sehr, dass ich mich tagsüber immer sicher, auch alleine, in Playas bewegen kann. Ich gehe mittlerweile beispielsweise ab und zu am Strand joggen oder laufe auch mal alleine nach Hause. Ich habe jetzt auch endlich ein Fahrrad und muss deshalb nicht jedes Mal ein Trici nehmen, wenn ich irgendwohin möchte. Diese Freiheiten nach wie vor zu haben, schätze ich sehr!

Mittlerweile habe ich auch hier einen Alltag und es ist nicht mehr alles nur neu. Da Playas nicht so groß ist, trifft man auch außerhalb der Musikschule immer wieder Leute, die man kennt. Die Verkäufer in der tienda um die Ecke oder beim Obststand, wo ich regelmäßig einkaufe, kennen mich jetzt schon. Ich habe also immer mehr das Gefühl, hier auch zu Hause zu sein.

Bis bald und liebe Grüße aus Playas!

× Sophia

Die ersten zwei Wochen im neuen Zuhause

Nun bin ich bereits seit zwei Wochen in Playas, Ecuador. Eigentlich müsste ich schreiben, erst zwei Wochen- es fühlt sich nämlich schon viel länger an! Seit meiner Ankunft ist schon so viel passiert und ich bin selbst überrascht, wie selbstverständlich ich mich jetzt schon hier bewege. Ich bin den anderen MoGs, die gerade noch hier sind, sehr dankbar, dass sie mich sofort so lieb aufgenommen haben und mir helfen, hier trotz wirklich weniger Spanischkenntnisse zurechtzukommen. Ich werde sicherlich nicht alles berichten können, deshalb folgen hier meine ersten Eindrücke und bisherigen Highlights.


Meine Gastfamilie: 


Anfangen möchte ich mit meiner Gastfamilie, bei der ich die nächsten Monate wohnen werde. Hier wohnen meine Gastschwester Andrea, die 16 Jahre alt ist, meine Gastmutter Karina und zur Zeit auch meine Gastoma Mama Betty, die aber eigentlich in Guayaquil wohnt. An beiden Wochenenden war zudem noch die Mutter von Betty (sprich meine Uroma…), die einfach nur „Mami“ genannt wird, zu Besuch.Wir wohnen in einem einstöckigen Haus mit fünf Zimmern, wovon ich eines alleine bewohnen darf. Zu meiner großen Freude, wohne ich gerade mal 2 Minuten zu Fuß vom Strand entfernt! Dafür habe ich es etwas weiter zur Musikschule (ca. 40 Gehminuten). Zurzeit nehme ich immer ein Trici- ein Fahrrad soll aber meine nächste Anschaffung sein! Mein bisheriger Eindruck ist, dass meine Familie sowohl finanziell als auch von der Wohnsituation gut gestellt ist. Es scheint an nichts zu fehlen und es ist im Grunde genommen nicht viel anders als in Deutschland.Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, sind wir ein absoluter Frauenhaushalt- es wird daher sehr viel gequatscht (mir würde irgendwann der Gesprächsstoff ausgehen!). Was Karina und Betty den lieben langen Tag so machen, habe ich bisher noch nicht so ganz ergründen können. Wenn ich das Haus verlassen, um ins Cacique, der Musikschule, zu gehen und mittags und abends zurückkomme, ist zumindest immer jemand da- meistens sogar beide. In der Mittagspause zwischen 12 und 15 Uhr komme ich immer zum Mittagessen nach Hause- gemeinsame Mahlzeiten einzuhalten, ist in  Ecuador sehr wichtig. Aber ich finde es auch schön mittags beim Kochen zu helfen und Zeit mit der Familie zu verbringen. So langsam verstehe ich auch ungefähr, über was sie sich am Tisch so unterhalten, am Gespräch beteiligen kann ich mich aber noch nicht wirklich. Das ist aber auch gar nicht so schlimm- ich habe das Gefühl, dass sie sich einfach freuen, ein bisschen frischen Wind in ihrer Familie zu haben und Andrea ist so auch nicht mehr ganz Einzelkind. Ich fühle mich zumindest sehr wohl hier und freue mich darauf, bald noch mehr ein Teil der Familie zu werden. 

Karina, Andrea, ich, Mama Betty und Mami

Was ich hier mache:


Von Montag bis Freitag geben wir Freiwilligen in der Musikschule Ola Sinfónica Musikunterricht. Die Musikschule befindet sich im Kulturzentrum Cacique Tumbalá, einer städtischen Einrichtung, wo außerdem Näh- Bastel-, Tanzkurse, etc. stattfinden. Ich gebe hier Gesangs- und Klavierunterricht. Mein Stundenplan muss sich noch ein bisschen einpendeln aber ich gebe im Moment täglich von 10 bis 12 und von 15 bis 18 oder 19 Uhr Unterricht. Da ich jetzt erst eine Woche wirklich unterrichtet habe, kann ich dazu noch nicht so viel erzählen. Mein erster Eindruck ist aber, dass es mir großen Spaß macht, aber auch sehr anstrengend ist. Mit der Routine und bald auch mehr Vokabular, wird das sicherlich auch einfacher. 


Meine ersten Unternehmungen hier:


Mit den anderen MoGs war ich in den letzten zwei Wochen nahezu jeden Tag auf Achse. Hier über alles zu schreiben, würden den Rahmen absolut sprengen- deshalb hier meine bisherigen Highlights…

Als ich am Dienstag völlig verschlafen und auch ziemlich aufgeregt am Flughafen in Guayaquil ankam, wurde ich bereits von ALLEN Freiwilligen erwartet- das hatte ich gar nicht erwartet und mich deshalb umso mehr gefreut. Das war schon mal ein schöner Start!

Es hat sich so eingebürgert, dass sich die Freiwilligen den Mittwochvormittag zum Surfen freinehmen. Da ich vorher noch nie wirklich gesurft bin, klappt das bei mir noch nicht so gut aber es macht suuuper viel Spaß!!! Dass ich hier jetzt am Meer wohnen darf und jeden Tag die Möglichkeit habe, schwimmen oder surfen zu gehen, erfüllt mir einen kleinen großen Traum!

Am Freitagabend haben wir relativ spontan vor einer tienda im Zentrum von Playas gespielt. Dazu haben wir einfach die Instrumente ins Taxi gepackt, sind zur tienda gefahren und haben dort mitten auf der Straße drei Songs gespielt. So eine Spontanaktion hätte in Deutschland wahrscheinlich nie funktioniert aber hier war es super unkompliziert und hat einfach Spaß gemacht. Der Besitzerin hat es so gut gefallen, dass sie uns in der folgenden Woche mit Speis und Trank entlohnt hat.

Am Mittwoch wurden wir von Mariuxi, die in der Musikschule sehr aktiv ist und jetzt auch eine Gesangsschülerin von mir ist, zum Abendessen eingeladen. Mariuxi und ihre Familie sind unglaublich herzlich und offen. Was mich an diesem Abend glaube ich am meisten beeindruckt hat, war, dass die Familie trotz einfacher Verhältnisse total zufrieden wirkte. Von Mariuxis offener, liebenswürdiger und lebensfreudiger Ausstrahlung muss man sich einfach anstecken lassen!


Am Freitag fand ein Konzert im Cacique statt, wo die Schüler der anderen Freiwilligen vorgespielt haben. Der schönste Moment war definitiv das Abschlusslied „A mi lindo Ecuador“ (zu Deutsch: „Für mein schönes Ecuador“), bei dem alle mitgespielt haben. Anschließend waren wir Freiwilligen mit einigen Eccis Pizzaessen- das war tatsächlich auch hier sehr lecker. Das anschließende Beisammensein mit schönen Gesprächen, viel Lachen und ein bisschen Tanzen, haben den Abend zu einem der bisher Schönsten hier gemacht. 

die Bühne im Cacique
A mi lindo Ecuador

Am Samstag habe ich nach eineinhalb Wochen mal wirklich einen ganzen Tag mit meiner Gastfamilie verbracht. Samstags gehts hier sehr gemütlich zu. Den Nachmittag haben wir in Andreas Schule auf einer Art Schulfest verbracht. Am Abend habe ich dann mit meiner Gasturoma (sie nennt mich mittlerweile schon liebevoll „mi amor“) einen Nudelauflauf gekocht. Die Familie hat sich total darüber gefreut und glücklicherweise hat es jedem gut geschmeckt. Was mir erst hinterher bewusst wurde: Sowohl während des Kochens als auch während des gesamten Essens blieb der Fernseh aus (und das ist bisher kein einziges Mal hier passiert!) 


Dazu käme ich zu einer letzten Sache, die ich in meinem ersten Blogeintrag noch loswerden möchte: Ich möchte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass ich hier ein einziges Abenteuer mit nur schönen Momenten erlebe! Natürlich gab es bereits schon einige schwierige und echt blöde Situationen! Erst langsam gewöhne Ich mich beispielsweise an den Lärm… Unser Haus liegt direkt an einer viel befahrenen Straße und der Fernseh läuft von morgens 6 Uhr bis 23/24 Uhr. Da im Haus die Wände einfach 20cm unter der Decke aufhören, hört man selbstverständlich alles, was gerade so im Haus passiert. An meinem ersten Wochenende wurde außerdem bereits mein Handy gestohlen… Auch nicht die schönste Erfahrung aber das war wohl das Lehrgeld was ich zahlen musste. 


Um den Blogeintrag aber trotzdem positiv abzuschließen: Mir geht es echt gut hier, ich fühle mich sehr wohl und freue mich einfach auf die nächsten acht Monate hier! 


Fühlt euch umarmt!


× Sophia