Urwaldtour

Die Anreise

Nach einiger Zeit der Planung ging es am Freitagnachmittag endlich los: Wir Mädels aus Playas trafen uns am Busterminal und fuhren mit dem „Directo“ nach Guayaquil. Dort trafen wir dann auf Nina, die im Partnerprojekt in Olón ist, sowie auf Franka und Tom, die MoGs im Projekt Guasmo sind. Gemeinsam kauften wir Tickets nach Coca, von wo aus wir am nächsten Morgen das Boot in den Urwald nehmen würden.

Da dieses nur einmal täglich fährt, nahmen wir bereits den Bus um 16 Uhr. Die Frau am Schalter versicherte uns, dass wir um 3 Uhr morgens ankommen würden, spätestens aber um 5 Uhr. Schon diese Aussage ist ja sehr vage… aber es sollte doch genügend Puffer bis zur Abfahrt des Bootes sein… so dachten wir.

Irgendwann nach Mitternacht muss ich wohl, trotz der geschmacklosen, lauten Ballerfilme, die hier in den meisten Bussen laufen, eingeschlafen sein. Als ich aufwachte, wurde es zumindest schon hell: Es war bereits 6 Uhr morgens! Hatten wir unsere Haltestelle verpasst?! Nein, Coca war doch eigentlich die Endstation… Auch die anderen waren inzwischen aufgewacht und gemeinsam versuchten wir, wenn wir gerade Empfang hatten, über Google Maps herauszufinden, wo wir uns gerade befanden: 30min vor unserem Ziel. Aber eigentlich hätten wir bereits um 6 Uhr am Boot sein müssen, um die Tickets zu kaufen! Glücklicherweise war Silja (die Instrumentenbauerin, die ich in meinem letzten Blogeintrag bereits kurz vorgestellt habe), die auch mit auf die Tour kommen würde, aus Quito gekommen und bereits in Coca. So konnte sie unsere Tickets reservieren und als wir dann endlich um sieben Uhr am Bootsableger standen, waren wir ganz schön erleichtert!

Dann begann der zweite Teil unsere langen Reise in den Urwald: Wir fuhren 8,5 Stunden mit einem länglichen Boot auf dem Fluss Rio Napo Richtung Nuevo Rocafuerte, was kurz vor der Grenze zu Peru liegt. Auf zwei gegenüberliegenden, gepolsterten Bänken saßen vor allem orientales (so werden die Bewohner des Orientes, dem östlichen Teil Ecuadors, genannt) und eben wir. Nach der Mittagspause um 11:30, in der wir uns mit der uns gutvertrauten Kombi aus Reis, menestra und Fisch bzw. Fleisch stärken konnten, hielt das Boot immer häufiger am Ufer an, um die orientales rauszulassen. Was man dabei an Gepäck sah, war echt lustig: riesige Monatseinkäufe, säckeweise Gemüse, Reis, Mais, teilweise sogar Flachbildschirme, etc.

Wir vertrieben uns die Zeit mit Kartenspielen, aber irgendwann fingen wir alle an zu jammern („Wann sind wir denn endlich dahaaa?“).

Als wir gegen 16 Uhr endlich ankamen, hatten wir schließlich insgesamt eine 26 stündige Fahrt hinter uns! Am Bootsanleger von Nuevo Rocafuerte holte uns unser Guide Fernando ab und begleitete uns zu unserem Hostel. Den Nachmittag verbrachten wir an der sogenannten „playa“, die sich als eine Sandbank im Rio Napo herausstellte. Am Abend ließen wir uns von den Besitzern des Hostels lecker bekochen und spielten am Ufer des Flusses das von Julia mitgebrachte Spiel „Sammers Burschen“.

Erster Tag:

Nach dem Frühstück holten uns Fernando und seine Frau mit einem Boot ab. Wir fuhren auf einem Nebenfluss des Rio Napos in den Nationalpark Yasuni, wo wir die nächsten drei Tage verbringen würden. Schon die Bootsfahrt war sehr eindrücklich: Wo man hinschaute, war es grün und die Geräusche des Regenwaldes prasselten auf uns ein.

Nach der Anmeldung am Eingang des Parks, starteten wir unser Abenteuer mit der ersten Wanderung durch den Wald. Was mir sofort auffiel: Fernando hat ein sehr waches Auge und weiß unglaublich viel über die Tiere und Pflanzen des Urwalds. Obwohl er schon seit langer Zeit Touristen durch den Park führt, ist ihm nach wie vor seine Leidenschaft anzumerken und er steckte auch mich mit seiner Begeisterung an.

Unser Camp befand sich an einer Lagune. In einer kleinen Lichtung waren hier Zweimannszelte aufgestellt, sowie eine kleine, improvisierte Kochecke eingerichtet. Nach dem Mittagessen, bestehend aus Spaghetti mit einer Thunfisch-Gemüsesoße, eine willkommene Abwechslung für uns, ging es wieder los.

Wir stiefelten erneut durch den Wald, immer auf der Suche nach exotischen Tieren. Sobald Fernando aufgeregt auf etwas zeigte oder stehenblieb, scharrten wir uns gespannt um ihn. Am Morgen sahen wir eine Schlange und am Nachmittag Frösche, die so klein und gut getarnt waren, dass es mir ein Rätsel ist, wie Fernando diese entdecken konnte. Was mich wieder unglaublich beeindruckte, waren vor allem die Geräusche des Regenwaldes: Wir hörten zum Beispiel aus der Ferne Affen brüllen und ehrlich gesagt war ich ganz froh, dass sie so weit weg waren.

Irgendwann fing es dann an zu tröpfeln. Ich holte panisch meinen Regenponcho, der sich als Malerkittel herausstellte (das kommt davon, wenn man sich erst in letzter Minute darum kümmert), heraus und wartete gespannt auf den Platzregen, mit dem ich jetzt rechnete. Ich wurde aber enttäuscht- gerade ist hier ja Winter und dementsprechend fallen auch die Regenfälle nicht so groß aus. Vielleicht war es aber auch ganz gut, dass wir nicht klatschnass wurden. Weil im Urwald die Luftfeuchtigkeit so hoch ist, trocknet nämlich auch nichts mehr!

Auf dem Rückweg zum Camp hatten wir ein bisschen mehr Glück: Vom Boot aus sahen wir in einem Baum Kapuzineräffchen herumspringen und in einem anderen ein Faultier hängen. Zum Sonnenuntergang harrten wir auf der Lagune aus, wo sich uns ein wunderschönes Naturschauspiel eröffnete: Das Licht zauberte eine so friedliche Atmosphäre und plötzlich flogen ganz nah über der Wasseroberfläche eine Menge Fledermäuse, die auf der Suche nach Insekten waren.

Im Dunkeln hielten wir vom Boot aus auch noch Ausschau nach Krokodilen und Kaimanen. Leider entdecken wir keine, bis Fernando plötzlich einen Baby- Kaiman in der Hand hielt, den er aus dem Wasser gefischt hatte. Ich muss zugeben, dass ich es nur für einen kurzen Moment geschafft habe, den Kaimanen zu halten. Nachdem das Bild geschossen war, schmiss ich das arme Tier aus Panik einfach wieder ins Wasser.

Zweiter Tag:

Der Tag begann früh: Noch vor dem Frühstück fuhren wir mit dem Boot los, um nach Papageien Ausschau zu halten. Dazu gingen wir zu einem abgestorbenen Baumstamm, der, wie Fernando erklärte, für die Tiere, aufgrund seiner Mineralien, wie ein Krankenhaus ist. Leider schien gerade an diesem Morgen so gar kein Papagei Lust auf Krankenhaus zu haben… Naja als Entschädigung durften wir dann Ameisen mit Zitronengeschmack probieren. Ich muss sagen: Echt nicht übel. Das Pancake- Frühstück mit Marmelade und frischem Obst war mir dann aber doch lieber!

Nach dem Frühstück wanderten wir für 4h durch den Urwald. Dabei mussten wir dieses Mal auch Schlammfelder überqueren, was sich als echt schwer herausstellte! Fernando erzählte uns, dass es noch keine Gruppe geschafft hat, nicht in den Dreck zu fallen. Er hatte echt seinen Spaß, während wir zitternd über die Baumstämme balancierten. Fernando behielt auch Recht: Von uns acht MoGs, blieb nur Silja einigermaßen sauber.

Nach der Wanderung war ich echt fix und fertig! Das Mittagessen hatten wir uns auf jeden Fall verdient. Ich freute mich auch, dass wir am Nachmittag fischen gehen würden, weil wir dann nämlich im Boot sitzen bleiben könnten. Dass Angeln aber auch ganz schön nervenaufreibend sein kann, war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht klar.

Fernando fuhr mit uns zu verschieden Stellen in Ufernähe, an denen wir, mit von ihm selbstgemachten Angeln, Piranhas fischen sollten. Anfangs hatten wir noch nicht so viel Glück, aber dann zog tatsächlich einer nach dem anderen einen Piranha aus dem Wasser.

Als sich auch plötzlich meine Angel straffte, schoss mir das Adrenalin durch den Körper. Ich schien echt einen großen Fang an der Angel zu haben! Erst mit Fernandos Hilfe, konnte ich den Fisch herausziehen. Danach war ich echt erledigt und blieb für den Rest der Angeltour Zuschauer.

Zum Abendessen aßen wir dann den gefangenen Fisch. Er war echt lecker und ich persönlich konnte das Essen viel mehr wertschätzen, weil wir die Fische wirklich selbst gefangen hatten.

Dritter Tag:

Wieder ging es vor dem Frühstück mit dem Boot aufs Wasser, wobei wir aber außer eine Seeschlange nichts Berauschendes entdeckten. Am Vormittag fuhren wir dann zu einem indigenen Stamm, der aus ca. 8 Familien besteht und um die 30 Personen fasst. Das Dorf war nah am Ufer gebaut, die Häuser waren aus Holz und standen auf Stelzen. Alle Stammmitglieder liefen barfuß herum und sowohl die Frauen, als auch die jüngeren Mädchen trugen knielange Röcke.

Wir durften pan de yucca herstellten, wobei wir wirklich beim Ernten der Wurzel anfingen: Der Maniok wächst in Sträuchern, die wir zunächst fällen mussten, um dann die Wurzeln ausbuddeln zu können. Anschließend schälten, wuschen und rieben wir sie. Was ich jetzt in einem Satz zusammenfassen kann, hat in der Realität ca. 2h gedauert. Doch damit war nicht genug: Die geriebene Yucca entwässerten wir, indem wir sie in ein Reisigetz legten und dieses auswrangen. Danach musste das Ganze noch gesiebt werden, sodass wir schließlich feines Yuccamehl erhielten. Nun konnten wir aus dem Mehl über dem Feuer, Fladen backen.

Ich finde es sehr spannend, einmal nur mit seinen Händen und selbstgebauten Utensilien ein Lebensmittel hergestellt zu haben. Natürlich war mir auch vorher klar, dass pan de yucca nicht auf Bäumen wächst, aber den ganzen Prozess mitzubekommen, ist doch etwas ganz anderes! Ich habe mich zumindest wahnsinnig über das selbsthergestellte pan gefreut und konnte es richtig wertschätzen.

Nach dem Mittagessen fuhren wir, fix und fertig, zurück nach Nuevo Rocafuerte ins Hostel. Wir freuten uns alle, uns nach drei Tagen wieder duschen zu können und die stinkigen Sachen aufzuhängen. Vor dem Abendessen erkundeten wir noch den Ort- das war aber schnell passiert, weil dieser sehr klein ist. Dabei fanden wir aber ein Restaurant, in welchem wir zu Abend aßen. Wir waren schon fast mit dem Essen fertig, als es langsam anfing zu regnen. Erst wollten wir den „Schauer“ abwarten. Als uns dann aber die Restaurantbesitzerin sagte, dass dieser nun mindestens eine halbe Stunde anhalten würde, beschlossen wir durch den Regen zum Hostel zu rennen. Inzwischen regnete es aber nicht mehr- es goss wirklich aus allen Kübeln! Nun hatte ich den Regen, den ich im Urwald vermisst hatte! Da wir alle unsere letzte frische und trockene Garnitur anhatten, beschlossen wir einfach nur in Unterwäsche zu rennen und die Klamotten in Plastiktüten unter den Arm zu nehmen. Die Restaurantbesitzer nahmen es mit Humor und gaben uns so viele Plastiktüten, wie wir brauchten.

Naja, und dann rannten wir eben in Unterwäsche durch den strömenden Regen und ich muss sagen, allein wegen des Spaßes hat es sich gelohnt.

In diesem Sinne bis bald!

Liebe Grüße aus der Ferne

Sophia

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