Power-Training für den Coto

Nachdem wir  von der Cuicocha-Tour zurückkommend in unserer Basis wieder einigermaßen zu Kräften gekommen waren, kam Armando, Joses Vater, ernsten Blickes auf uns zu und meinte, dass er Sorge habe, ob wir mit unserer wenigen Höhenerfahrung die Tour zum Cotopaxi schaffen würden und es gut sein könnte, dass uns unser Guide, falls wir vor dem Gipfel umdrehen müssten, keinen Centavo zurückzahlen würde. Die Coto-Besteigung, die mich als Ecuador-Tipp auf der Rückseite meines Reiseführers schon im Flieger in ihren Bann gezogen hatte, stand also auf der Kippe.

Den Plan, den ich in wochenlanger E-Mail-Vorarbeit in Absprache meines wanderbegeisterten Chorleiters aus Deutschland, Hrn. Aufenanger, ausgeklügelt hatte, bestand darin, an Tag 1 in den Cotopaxi-Nationalpark anzureisen und in der Tambopaxi-Hütte auf 3.750 Metern zu übernachten. An Tag 2 wollten wir eine kleinere Akklimatisierungswanderung auf eigene Faust unternehmen. Am dritten Tag sollte der Guide zu uns stoßen, um eine Gletscher-Übung durchzuführen und anschließend mit uns in das Refugio Jose Ribas (4.800 m) umzuziehen. Von dort aus sollte es an Tag 4 um ein Uhr morgens, da um diese Uhrzeit der Schnee durch die Hitze noch nicht weich wird, zum Gipfel gehen.

Nun meinte Armando, uns in unserem allabendlichen Billiardspiel unterbrechend, dass wir das Ganze lieber bleiben lassen sollten. Stattdessen schlug er vor, mit Sara, Joses Freundin einige andere Gipfel zu besteigen. Einerseits waren wir froh, dass er uns vor einer drohenden Pleite gerettet hatte, gut möglich, dass wir tatsächlich die Tour hätten abbrechen müssen und einfach nur sehr viel Geld (immerhin $ 287 plus Leihgebühr für die Bergausrüstung) ausgegeben hätten. Andererseits war der Traum von der 5.000er-Besteigung in weite Ferne gerückt.

Also machten wir uns am Folgetag nicht zum Cotopaxi-Nationalpark auf, dafür sorgte Sara netter Weise für Alternativprogramm: Der Ilaló. Nein, kein Kleinkindgelalle, sondern ein knapp 3.200 Meter hoher Vulkan, der östlich vom Zentrum Quitos das Tal ins Valle de Los Chillos und Valle de Tumbaco zweiteilt.

 

Um der starken Sonneneinstrahlung zu entfliehen, schlug Sara vor, por la tarde (nachmittags) zu gehen. Wir beschwerten uns nicht über einen ruhigen Nachmittag in der Familie, den wir mit Cotopaxi-Trainings-Workout, Blog schreiben, Spanisch pauken, lecker zu Mittag essen und Vesper kaufen, verbrachten.

Die anschließende Wanderung war fordernd, aber nicht überfordernd. Keiner hatte Probleme mit der Höhe (Kopfschmerzen o.ä.) allerdings spürten wir unsere Beine nach dem Abstieg schon ziemlich. Wir erfuhren, dass Sara gerade Architektur fertig studiert und in diesem Studienfach Jose und mit ihm das Bergsteigen kennen und lieben gelernt hat. Nach einem eher unspektakulären Aufstieg zu einem überdimensionierten Gipfelkreuz folgte ein schönerer Teil mit abwechslungsreicher Vegetation und schönen Blicken ins Tal bis zum echten Gipfel.

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Die Idee, später zu gehen, erwies sich tatsächlich als Geheimtipp, da wir so beim Abstieg noch einen Sonnenuntergang mit schönen Lila-Tönen und sogar den Mond, der von unten beschienen war (Äquator!), zu sehen bekamen. Toll waren auch die Lichter der Stadt, die einem vom Berg aus betrachtet das Gefühl gaben, im Flugzeug zu sitzen.




 


Am nächsten Tag führte uns unsere Führerin Sara zum Rucu Pichincha (Quechua [Inka-Sprache]: „alter Pichincha“; sein Nachbar-Berg, Guagua Pinchincha, bedeutet auf Quechua „Baby-Pinchincha“), dem Hausberg von Quito, welcher der bekannten Bank Banco Pinchincha den Namen gibt. Diesmal machten wir uns in aller Herrgottsfrühe auf, um der brennenden Sonne und dem Stadtstau zu entgehen.

Sara holte uns ab, wir fuhren zum teleférico (Seilbahn)der uns nach oben bringen sollte, wunderten uns noch, weshalb der Wachposten unbesetzt war und erlebten dann die böse Überraschung: Einige andere top equipte Wanderer wussten zu berichten, dass die Seilbahn repariert wurde und deshalb nichts ging. Schade, dass darüber im Internet kein Sterbenswörtchen verloren wurde.

Doch  ein mal mehr zahlte es sich aus, dass wir mit einer Einheimischen unterwegs waren: Sie schlug kurzerhand vor, den südlich von Quito gelegenen, 4.200 Meter hohen erloschenen Vulkan Pasochoa zu besteigen.

 

Dieser war, pädagogisch wertvoll von Sara ausgewählt, ein Level höher als der Ilaló. Nach zwei verschiedenen Trainingstouren im Voraus (Cuicocha und Ilaló) konnten wir den Pasochoa gut meistern. Allein der aufkommende Nebel in Gipfelnähe hielt uns davon ab, ganz bis oben aufzusteigen.

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Gegen Ende des Aufstiegs legte Badman mal wieder ein ganz schönes Tempo zu, sodass Sara, die auch eher der Meinung war, dass wir gringos keine ausreichende Ausdauer hätten, ganz schön staunte. Plötzlich war er ein ganz schönes Stück voraus und erschien winkend auf einem Nebengipfel. Wir hielten kurz inne, winkten zurück und liefen weiter bis zum letzten Aussichtspunkt der Tour. Dieser war durch den Blick auf den Schutzwald, der durch aufkommenden Nebel mystisch wirkte und an Avatar-Landschaften erinnerte, zwar atemberaubend schön, allerdings wartete dort kein verschwitzter Badman auf uns, wie wir uns erhofft hatten. Wir schossen also hektisch folgende Bilder und machten uns anschließend auf, um den Vermissten zu suchen.

Wir riefen laut nach ihm und pfiffen, erhielten aber keine Antwort. Langsam kroch Panik in uns auf. Wo bleibt er? Ist er die andere Umgehung gegangen? Ist er ganz zum Gipfel hoch in den dichten Nebel? Hoffentlich nicht!

Nach langen Minuten hörten wir zum Glück einen Antwort-Pfiff. In einem klassischen Mistverständnis war er davon ausgegangen, dass wir zu ihm auf den Nebengipfel kommen würden und hatte dort auf uns gewartet. Glücklich wiedervereint machten wir uns auf zum Abstieg.

Anschließend gingen wir im Valle de los Chillos noch Essen und ich bestellte mein erstes cuarto pollo con papas (Viertel Hühnchen mit Pommes). Resultat: Ganz schön viel Fleisch!

Der Abend gestaltete sich ruhig mit bloggen, chatten und der obligatorischen Billiardrunde, die ab und zu von den super süßen, aber auch super anstrengenden Hunden Neil und Hassan gestört wurde.

Autor: Cons

Cons ist ein neunzehnjähriger Weltenbummler mit musikalischen Neigungen. Diese beiden Aspekte sieht er bei dem Verein Musiker ohne Grenzen (MoG) vereint und deshalb macht er jetzt für ein halbes Jahr einen musikalischen Freiwilligendienst in Ecuador, genauer Guayaquil. Er gibt dort in einem ärmlichen Viertel, Guasmo Sur, in der Musikschule Clave de Sur Unterricht für Klavier, Horn bzw. Trompete (da muss er sich an die Nachfrage anpassen) und Gesang.

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