Hola Chicas y Chicos,
Als erstes Entschuldigung dafür, dass ich mich bei den meisten erst jetzt auf diesem Wege melde, aber obwohl ich erst zwei Wochen hier bin, habe ich schon genug Erzählstoff für 50 Romane.
Also, ich bin jetzt gut auf den Galapagos angekommen aber habe irgendeine Krankheit mitgebracht, doch erstmal erzähle ich euch den ganzen Rest!
Los ging alles am Flughafen in Düsseldorf. Es war schon ein komisches Gefühl allein durch die Sicherheitskontrolle zu gehen, ohne sich nochmal umzudrehen und zu wissen, dass man seine Familie die nächsten 10 Monate nicht sehen wird. Doch ich muss zugeben, dass in dem Moment meine Neugier und meine Spannung noch vorherrschend waren und ich es kaum erwarten konnte in dieses Abenteuer einzutauchen. Der erste Flug geht nach Madrid. Es ist definitiv der ungemütlichste Flug gewesen, den ich je hatte, und ich bin schon in einigen weniger vertrauenswürdigen Flugzeugen geflogen. Beim Start habe ich das Gefühl, ich säße auf einem Massagesessel und es hätte mich nicht gewundert, wenn einfach alles auseinander gefallen wäre. Snacks oder Getränke gibt es selbstverständlich auch nicht!
Den Aufenthalt in Madrid verbringe ich damit faul rumzusitzen und Leute zu beobachten, während ich, wie es sich für einen Schlagzeuger gehört auf allem was ich finde, rumtrommel. Beim Essen bestellen bei Burger King wird mir bitter deutlich, dass weder ein einziges Wort Spanisch spreche, noch verstehe… Hier nehme ich mir das erste Mal vor es zu lernen! Der zweite Flug ist viel entspannter, auch wenn mich das Pech trifft, dass ich neben einer Frau des Typen ¨3kg Schminke sind nicht zuviel¨ sitze, welche dementsprechend die meiste Zeit des Fluges mit Schminken beschäftigt war. Spät nachts komme ich in Guayaquil an und habe keine Ahnung, ob und von wem ich abgeholt werde. Also stehe ich am Ausgang und warte, aber niemand scheint sich für mich zu interessieren… Nach 30 Minuten kommen dann aber doch zwei junge Typen Anfang 20 auf mich zu und fragen mich ob ich Joshua sei. Ich war sehr erleichtert, denn ohne Spanisch, oder funktionierendes Mobilfunknetz wäre das eine lange Nacht am Flughafen geworden!
Zu dritt laufen wir über den Parkplatz, vorbei an allen Autos, bis zur Straße und steigen dort in einen weißen Pickup, dessen Ladefläche voll mit Metallschrott und Kabeln ist. Im Auto unterhalte ich mich mit Jhon und Danielle (wird er so geschrieben?) ein wenig auf Englisch, wobei ich kaum zum Reden komme aufgrund der Fahrweise unseres Taxis. Ich hatte noch nie eine so rasante Autofahrt. Die Reifen haben bei jedem Anfahren und jeder Kurve gequietscht und mit den anderen 9 Autos, die auf der 6-spurigen Straße nebeneinander fuhren, lieferten wir uns ein heißes Rennen. Rote Ampeln interessieren in Guayaquil Nachts niemanden, man hupt vor der Kreuzung einmal und fährt mit Tempo 100 über die Ampel. Als wir endlich da waren, war ich froh, dass ich es hinter mir hatte, und dankbar, dass ich es überlebt habe. Ich werde direkt vor der Haustüre rausgelassen und mein Gastbruder José Steven öffnet mir ohne ein Wort zu sagen die Tür und verschwindet sofort wieder im Bett. Ich gehe ebenfalls hoch, wo meine Gastmutter mir kurz das Bad zeigt und auf ein leeres, gemachtes Bett zeigt und auch wieder verschwindet. Also putze ich meine Zähne und leg mich einfach schlafen. Dies erweist sich als schwieriger als ich dachte, weil ich fast den gesamten Flug geschlafen hatte und es heiß und vor allem unglaublich laut war! Hunde bellen um die Wette, Katzen kämpfen und Autos hupen. Irgendwann schlafe ich dann doch ein, doch schon um 5 Uhr bin ich hellwach und krieg kein Auge mehr zu, woran auch der ohrenbetäubende Lärm seinen Anteil hat! Mir ist hier das erste Mal bewusst geworden, wie unglaublich leise Deutschland ist, auch vergleichbar große Städte wie Berlin sind so viel leiser.
Mein erster Tag ist sehr entspannt. Ich bin aufgrund der Zeitverschiebung schon früh morgens wach und sitze zusammen mit Nicol und Kenny, meinen zwei anderen Gastgeschwistern, meinem Gastvater und meiner Gastmutter am Frühstückstisch, wo es Bananenchips und Tee gibt. Auch wenn diese Chips optisch Bananen sind, erinnern sie vom Geschmack eher an ganz normale Kartoffelchips. Nachdem die beiden jüngeren Kinder aus dem Haus sind, geht meine Gastmutter wieder schlafen, also sitze ich mit Papa Chavez vor dem Fernseher und verstehe kein Wort was geredet wird. Ich warte also den gesamten restlichen Tag darauf, dass mich jemand abholt, denn die einzige Anweisung die ich habe ist:
Im Guasmo darfst du nicht allein über die Straßen laufen, es ist zu gefährlich!
Ich denke schon alle haben mich vergessen, als abends plötzlich Lena (eine Freiwillige aus Playas) mit ihrem Freund vor der Tür steht und mich mit zur Musikschule nimmt. Endlich! Es tut gut mal wieder mit jemandem zu reden, der einen versteht. Hier in Ecuador spricht wirklich fast niemand Englisch (spricht nicht für das Bildungssystem).
In der Musikschule treffe ich Samuel, Jana und Judith, andere Freiwillige aus Deutschland und ich fühle mich sofort wohl. Die Musikschule ist klein aber fein, sie hat einen Aufenthaltsraum, einen Instrumenteraum, einen Bandraum und einen normalen Unterrichtsraum. Unterrichtet wird aber auch im Flur, im Treppenhaus, auf dem Balkon und auf dem Dach, sodass immer reger Betrieb herrscht. Während wir dort sind stößt auch noch Martin zu uns, welcher im Moment übrigens auch auf den Galapagos Inseln ist und seiner ohne ihn abgefahrenen Kreuzfahrt hinterher jagt.
Jhon, der Chef, ist ein unglaublich sympathischer Mensch und bringt mich auch wieder nach Hause. Auf dem Weg finde ich heraus, dass er Dream Theater (für diejenigen, die mich nur grob kennen: meine absolute Lieblichgband) kennt, was ihn natürlich gleich noch sympathischer macht! Zuhause gibt es Abendessen und aufgrund des Jetlags bin ich Todmüde und falle sofort in einen tiefen Schlaf.
Am darauffolgenden Tag bin ich den ganzen Tag in der Musikschule, allein zum Essen gehe ich kurz nach Hause. Morgens habe ich im Fernsehen einen Bericht über das Viertel in dem ich hier wohne gesehen, es wird nur ¨Todesviertel¨ genannt. Darin wird ein Großeinsatz der Polizei aus der letzten Nacht gezeigt, bei dem duzende Menschen festgenommen werden und mehr als 100 kg Drogen beschlagnahmt werden. Tagsüber sieht man weder Polizei, noch Drogen, noch irgendwelche andere Gefahren. Es wirkt eigentlich friedlich. Aber vielleicht trügt der Schein, ich höre lieber auf die, die sich hier auskennen.
Das Wochenende verbringe ich nicht in Guayaquil. Stattdessen fahre ich mit Samuel, einem unglaublich begabtem Jazzpianisten, dessen Gastmutter und Gastschwester zum Rest seiner Gastfamilie nach Santa Elena an die Küste. Die Busfahrt dauert insgesamt bestimmt 5 Stunden ist dafür mit ungefähr 4$ unglaublich günstig! Auf der Fahrt sehe ich endlich mal Landschaften. Guayaquil ist eine riesige Stadt, hat kaum Hochhäuser und die sehr einfachen (um nicht zu sagen ärmlichen) Häuser mit maximal 3 Stockwerken ziehen sich über die sanften Hügel. Hinter der Stadtgrenze sind subtropische Waldregionen, welche jedoch relativ bald von Steppe und kahlen Wüstenlandschaften mit Kakteen soweit das Auge reicht abgelöst wird. Vom Haus des Vaters kann man tatsächlich das Meer sehen und bei unserem Ausflug am Nachmittag wagen wir uns trotz nur 19 Grad Lufttemperatur (für die Eccis ist das Arschkalt) ins Wasser allein um sagen zu können: Wir waren im Pazifik schwimmen!
Am nächsten fahren wir mit dem wunderschönen Traumauto von Samuels Gastvater an einen anderen Küstenabschnitt. Das Auto ist ein uralter VW-Bus mit zwei Betten, nur 3 funktionierenden Gängen, einer unglaublich coolen Hupe und der Motor geht jedes mal aus, wenn er stehen bleibt.. Damit ist man definitiv der langsamste (langsamer als die Roller), aber dafür der coolste auf der Straße! Der Ort, an den wir fahren ist bekannt dafür, dass man dort Wale sehen kann, was wir leider nicht taten, doch es war trotzdem wunderschön dort! Geplant ist, dass wir uns um 2 Uhr auf den Rückweg nach Guayaquil machen, doch wie es sich für die Eccis gehört, fahren wir erst um 4 Uhr los.
Zurück im Guasmo werde ich nach Hause gebracht und es ist einfach toll, wie überall noch Menschen auf der Straße sind und Musik hören oder mit den Kindern spielen. Zuhause sitze ich noch mit meiner Mutter und Nicol draussen und die beiden fragen mich bei jeder vorbeikommenden Frau ob sie mir gefällt. Und eine Tanzlehrerin organisieren sie mir ebenfalls.
Mir gefällt es hier unglaublich gut, aber ich bezweifle, dass ich es hier 10 Monate aushalten würde, weil mir ein wenig die Freiheit fehlt. Man kann nicht einfach allein raus und mal spazieren, sondern muss mit jemandem zusammen gehen und Nachts am besten auch nicht ohne Ecci. Da die Familien irgendwie viel Zeit Zuhause verbringen, muss man sich da anschließen, ob man will oder nicht. Auf Dauer sorgt das dafür, dass es ein wenig eintönig wird. Trotzdem möchte ich gerne hierhin zurückkommen, weil die Leute hier so unglaublich gut drauf sind und immer etwas los ist.
Am Dienstag wache ich auf und habe irgendwie schlechte Laune. Ich habe das erste Mal richtig Heimweh und möchte zuhause sein. In der Musikschule fühle ich mich auch nicht wohl und ich habe das Gefühl krank zu werden. Mittags lege ich mich kurz hin und als ich wieder aufwache, habe ich Fieber. Ich sag meiner Gastmutter bescheid, ihre erste Diagnose lautet: Du wirst sterben! Die folgenden sehen übrigens nicht anders aus. Ich finde das nur begrenzt lustig, mir geht es unglaublich schlecht, auch wenn mein Fieber nicht überdimensional hoch ist, schmerzt mein ganzer Körper und ich fühle mich einfach krank. Noch am Abend geht meine Gastmutter mit mir zu einer ¨Ärztin¨. Faktisch war es eine Krankenschwester, die in einer Apotheke (die auch Drogeriemarkt war) durch das Verkaufsfenster versucht eine Diagnose zu stellen. Ich bekomme Tabletten, nehme sie und gehe schlafen. Am nächsten Morgen ist es nicht besser. Als Jhon kommt sage ich ihm, dass ich gerne zu einem richtigen Arzt möchte, also gehen wir zum Krankenhaus. Dort wird ein Dengue-Test durchgeführt, welcher sich drei Stunden später als negativ herausstellt. Was ich dort noch nicht wusste, ist, dass Dengue-Fieber frühstens am fünften Tag nachgewiesen werden kann und mit Sicherheit erst am achten Tag. Also bin ich erstmal beruhigt und gehe zum allgemeinen Arzt des Krankenhaus. Er schien nicht genau sagen zu können was ich habe, er vermutet es sein Typhus, aber als ich ihm sage, dass ich dagegen geimpft bin fängt er an auf einer Liste alle Krankheiten anzukreuzen, die ich haben könnte… Mindestens 12 Kankheiten stehen auf der Liste. Ich bekomme wieder Medikamente und gehe wieder nach Hause. Am nächsten Tag sollte ich eigentlich nach Galapagos fliegen und da der Arzt keine Bedenken äußert fasse ich den Flug auch fest ins Ziel, weil ich dort definitiv mehr Ruhe bekomme, als im Großstadtviertel Guasmo.
Als ich am nächsten Morgen aufwache habe ich immernoch Fieber, trotzdem packe ich meine Sachen und mache mich auf den Weg zum Flughafen…
Die Fortsetzung und die hierzu gehörenden Bilder kommen später. Ich kann schonmal soviel sagen, dass ich heute einen neuen Bluttest gemacht habe und alles doch auf Dengue-Fieber hinweist. Übermorgen wird der spezifische Dengue-Test gemacht, dann weiß ich mit Sicherheit was ich habe! Das Fieber ist inzwischen aber zum Glück weg, Kopf und Gliederschmerzen ebenso. Das einzige was noch da ist, ist ein Ausschlag an Händen und Füßen, der so sehr juckt, dass ich stattdessen lieber immernoch Fieber hätte. Was auch immer ich habe. Ich hoffe, dass es vorbei ist, ich habe mich selten so schlecht gefühlt.
Ich vermisse euch alle unglaublich und hoffe, dass es euch gut geht (besser als mir gehts euch sowieso!).
Wenn ihr noch irgendwelche Fragen habt, meldet euch einfach, ich bin im Moment noch viel Zuhause und habe Zeit auf Nachrichten zu Antworten.
Ich freue mich von euch zu hören!
Much love from Galapagos,
Joshua