Mein neues Zuhause befindet sich inmitten des Guasmo, einem Ghetto im Süden von Guayaquil. Es ist ein kleineres Haus mit Wellblechdach. Innen ist alles ziemlich chaotisch und ein wenig heruntergekommen. In einer staubigen Straße, die voll von Hunden und Ecuadorianern ist, liegt der Eingang ziemlich unscheinbar mit Gittern vor der Tür. Das ist für mich auch eine neue Erfahrung: alleine herumgehen ist jetzt am Anfang, wo ich noch wenige Leute kenne, viel zu gefährlich. Ich bin also immer abhängig von jemand anderem, der sich auskennt und mich begleiten kann.

Mein Gastbruder Jairo zum Beispiel. Er ist auch Lehrer in Clave de Sur und wird von den anderen als loco (verrückt) bezeichnet. Außerdem arbeitet er in einem Krankenhaus. Er ist der Jüngste von drei Brüdern. Jose ist der Mittlere. Er ist der Präsident von Clave de Sur und von ihm stammt der Ausspruch

v.l.n.r.: Cons, Leonardo, Jairo, Jose; unten: Filadelfia

„Los medios son los más intelligentes“

(Die Mittleren sind die Intelligentesten)

Wo er recht hat, hat er recht.

Der Älteste ist Leonardo. Seine Arbeit hat etwas mit Design zu tun. Was genau, habe ich leider nicht ganz verstanden. Meine Gastmutter heißt Filadelfia und ist unzufrieden mit ihrem Namen. Sie arbeitet als Krankenschwester. Ihr Mann ist vor einigen Jahren gestorben, sodass sie den Laden alleine schmeißen muss. Etwas war mit seinem Herz nicht in Ordnung.

A propos nur die Hälfte verstehen: Mit dem Spanisch sprechen komme ich einigermaßen durch. Vieles ist noch von meinem zweimonatigen Schüleraustausch in Chile letzten Sommer da. Die Aussprache ist relativ ähnlich zu Chile. Allerdings gibt es gerade in der Umgangssprache Unterschiede. Angeblich soll es sogar Ausdrücke geben, die man nur im Guasmo spricht. Wenn die Familienmitglieder sehr schnell miteinander sprechen, gibt es auch Situationen, in denen ich nichts verstehe.

Das Klima gefällt mir sehr gut, während man in meiner Heimat beim Fahrradfahren schon Handschuhe tragen muss, kann ich hier wieder die FlipFlops auspacken. Jairo meinte jedoch, es gebe auch Tage, an denen die Hitze und Schwüle unerträglich würde.