Galapagos, die Zweite!
Wahnsinn.
Ich bin wieder hier, wieder in Ecuador, wieder auf den Galapagosinseln.
Wieder auf den Inseln, die mir so sehr ans Herz gewachsen sind, dass ich mich nach 3 Monaten in Deutschland wieder in den Flieger gesetzt habe um hier zu landen.
Die Zeit, bis meine Füße wieder Vulkanboden berührten, war geprägt von unglaublich vielen, sehr gemischten Gefühlen. Allen voran war da die riesige Freude nach 6 Monaten wieder zu Hause zu sein. Doch schnell kam da auch das Fernweh.
Wenn man ein halbes Jahr lang einen Ort auf der anderen Seite der Welt zu seinem zu Hause gemacht hat, dann fragt man sich plötzlich, was genau „zu Hause“ denn eigentlich bedeutet? Und nach all meinen Erfahrungen kann ich nur sagen:
HOME IS, WHERE YOUR HEART IS.
„Zu Hause“ ist kein spezieller Ort. Zu Hause ist da, wo Menschen sind, die dich lieben und die du liebst. Da wo du zufrieden bist und dich wohl fühlst. Es mag Menschen geben, die sagen, man kann nur ein zu Hause haben – aber ich sage, man kann überall zu Hause sein.
Aber was tut man nun, wenn man sich an zwei Orten zu Hause fühlt? Wenn ich auf den Inseln bin, vermisse ich meine Familie, meine Freunde aus Deutschland – und sobald ich in Deutschland bin, vermisse ich meine Freunde auf den Inseln, die in dem halben Jahr wie eine große Familie für mich waren.
In den Tagen nach meiner Ankunft in Deutschland wünschte ich mir nichts mehr, als diese beiden Orte, dich ich jetzt „zu Hause“ nannte, verbinden zu können, Erdplatten zu verschieben und eine Brücke zwischen Deutschland und den Galapagos Inseln zu bauen, so dass ich nach Lust und Laune von einer Welt in die andere spazieren könnte.
Aber klar, das ist unmöglich. Und diese Tatsache ist nicht leicht zu verdauen.
Mit der einen Hälfte meines Herzens lebte ich also noch auf Galapagos, während die andere Hälfte ständig Luftsprünge machte, als ich meine Familie, Freunde und altbekannte Orte wieder sah. Doch je mehr Zeit verging, desto mehr rutschte ich wieder in den deutschen Alltag und auch mein Herz rutschte Stück für Stück wieder in mein deutsches Leben.
Und trotzdem entschied ich mich Mitte Mai dazu, am 16. Juni wieder auf die Galapagos Inseln zu fliegen.
Es sind viele verschiedene Gründe die mich dazu bewegten. Natürlich schlug mein Herz höher, bei dem Gedanken, mein Leben auf den Inseln nochmals aufleben zu lassen. Aber es ging mir auch sehr um unser Projekt, dessen Grundstein Jana, Marlen, Nina und ich im Oktober 2013 gelegt hatten. Denn dieses war immer noch sehr unorganisiert und zerbrechlich und zudem standen mehrere Entscheidungen an, die die Zukunft des Projekts stark prägen werden.
Geplant war, dass Mitte Juni die erste von 3 Freiwilligen (Josefin) allein auf die Inseln fliegt und die anderen Beiden dann im August nachkommen, doch keiner hatte ein gutes Gefühl dabei, Josefin ganz allein, ohne Spanischkenntnisse in das Chaos zu schicken, in dem sich unser Projekt zu dieser Zeit befand.
Und so fiel mir die Entscheidung, mich ihr anzuschließen, sehr leicht. 7 Wochen als offizielle MoG-Koordinatorin mit Josefin auf den Inseln verbringen und danach 3 Wochen lang mit einer Freundin aus Deutschland (Veri) auf dem ecuadorianischen Festland zu reisen, damit hatte ich gleich sehr viele Fliegen mit einer Klappe geschlagen! 🙂
Ich dachte, mit dieser Entscheidung würde das Gefühlschaos verschwinden. Aber Pustekuchen. In meinem Kopf ging es drunter und drüber wie eh und je. Plötzlich machte ich mir Gedanken, ob meine zweite Inselzeit denn überhaupt so schön werden könnte, wie die erste oder ob ich danach eher enttäuscht als glücklich wäre. Oder würde das zweite Mal noch besser werden als das erste Mal und wäre ich dann bei meinem Abschied nicht nur noch trauriger als vorher?
Tag für Tag kam nun die Abreise näher und meine Vorfreude wurde immer größer. Aber je näher der Abflug rückte, desto mehr hatte ich auch das Gefühl wieder richtig in Deutschland angekommen zu sein.
Da war es schon wieder: zwei völlig gegensätzliche Gefühle in mir.
Im Nachhinein ging dann alles super schnell. Planen, buchen, packen, verabschieden. Und schon saß ich neben Josefin im Flieger mit Kurs auf Ecuador. Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres. Zu verdreht für meinen Kopf um das zu wirklich verstehen!
Wie schon beim letzten Mal machten wir einen „Zwischenstopp“ in dem Projekt von MoG in Guayaquil. Geplant war, dass wir 5 Tage bleiben, uns um unsere Visa kümmern und dann auf die Inseln fliegen. Wie gesagt, so war es geplant. Weil FUNDAR mal wieder vergessen hatte, sich um unsere Dokumente zu kümmern, wurden aus 5 Tagen 10 Tage.
10 Tage, in denen ich sehr viel Zeit hatte, mir meine zweite Zeit auf Galapagos auszumalen. Aber genau das wollte ich nicht. Ich wollte mit so wenigen Erwartungen wie nur möglich auf den Inseln ankommen. Und so waren diese 10 Tage zwar einerseits eine unersetzbare Erfahrung, da wir in einer Gastfamilie wohnten und das Leben der ärmeren Bevölkerung Ecuadors am eigenen Leib erfahren konnten, aber andererseits war es auch eine lange, schwere Geduldsprobe für mich.
Am 26. Juni 2014, genau 3 Monate nach meiner Abreise aus Galapagos, saßen Josefin und ich dann endlich im Flieger. Die letzten 5 Minuten des Fluges, in denen die Inseln immer näher kommen, verbringe ich mit wild klopfendem Herzen und völlig verwirrten Gedanken.
Endlich gelandet und aus dem Flieger gestiegen, passiere ich mit einem glückseligen Lächeln die Passagierkontrollen und als ich meinen Rucksack hole kommt mir schon das erste bekannte Gesicht (ein Freund, der ab und zu Frisbee gespielt hat) entgegen.
Es ist einfach unglaublich.
Enio holt uns ab und ohne viel Smalltalk sind er und ich schon in die Alltagsdiskussionen über FUNDAR und das Projekt verstrickt. Es fühlt sich an, als hätte ich nur ein paar Tage auf dem Festland verbracht, nicht drei Monate auf einem anderen Kontinent.
Doch Enio hat leider schlechte Nachrichten. Da es diese Nacht noch keine Bleibe für uns in Puerto Ayora gibt, sollen wir die Nacht im Reserva im Hochland von Santa Cruz verbringen.
Ich will meinen Ohren nicht trauen als ich das höre. Das kann doch nicht Enios Ernst sein – meine erste Nacht auf Galapagos, so nah an meinem Ziel, und doch soll ich noch eine Nacht länger warten bis ich all meine Galapageño-Freunde wieder sehen kann.
Aber nach ein paar vergeblichen Überzeugungsversuchen sehe auch ich ein, dass es für diese Nacht das Beste ist wenn wir im Hochland bleiben, und erst morgen nach Puerto Ayora fahren.