Mittlerweile bin ich schon seit knapp sechs Wochen hier in Ecuador, meiner Heimat bis Juli nächsten Jahres.
Ich habe ein bisschen lange gebraucht, um anzufangen diesen Blog zu schreiben, deshalb ist auch schon Vieles passiert.
Als erstes möchte ich jedoch noch von meiner Anreise und Ankunft berichten. Das wird auch etwas detaillierter, da diese paar Tage sehr ereignisreich waren – in den anderen Einträgen werde ich versuchen, mich etwas kürzer zu fassen 😉
Meine Reise am 5. November ging damit los, dass mein Flug von Madrid nach Quito aufgrund von technischen Problemen drei Stunden Verspätung hatte. Natürlich habe ich mich sehr gefreut, als ich am Flughafen der ecuadorianischen Hauptstadt stand, die Flughafenmitarbeiter kaum Englisch konnten und ich mit meinen nicht vorhandenen Spanischkenntnissen versucht habe rauszufinden, was denn jetzt passieren wird, da ich meinen Anschlussflug verpasst habe. Zum Glück gab es auch andere Personen, die sich in derselben Situation befanden, also hatte ich wenigstens die Hoffnung, dass, wenn ich einfach mit der Menge mitlaufe, schon irgendwie alles geklärt wird.
Das wurde es dann auch. Hundemüde, nachdem ich seit mehr als einem Tag kaum geschlafen hatte, wurde ich in Richtung eines Taxis gelotst. Es stellte sich heraus, dass wir am nächsten Tag in der Früh einen anderen Flug nach Guayaquil nehmen werden. Die Umstände meiner Reise waren zwar nicht optimal, aber ich muss sagen, es war schon cool umsonst in so einem Luxus-Flughafenhotel zu schlafen (bis ich für so etwas zahlen kann dauert das wohl noch ein bisschen).
Endlich in Guayaquil angekommen, habe ich erstmal versucht, auf den Wartestühlen in der Ankunftshalle etwas Schlaf nachzuholen, doch wie erwartet, hat das nicht wirklich geklappt.
Ich war zwar müde, aber andererseits auch aufgeregt. Schließlich war ich gerade in Südamerika, auf der anderen Seite der Welt! Davon träumte ich schon seit Jahren. Nach so viel Planung, Vorfreude, Unsicherheit und Stress, war ich endlich angekommen und bereit, in das bis jetzt größte Abenteuer meines Lebens zu starten.
Nur noch wenige Stunden Busfahrt trennten mich von Olón, dem Dorf an der Pazifikküste, das für die nächsten acht Monate meine Heimat sein würde.
Doch noch bevor die letzte Etappe meiner Anreise begann, traf ich mich am Flughafen mit Jannes. Er ist einen Tag vor mir angereist und wird bis April im Projekt Klavier unterrichten. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zum Busbahnhof. Dass dabei die zehnminütige Taxifahrt nur zwei Dollar für uns beide gekostet hat, war schonmal der erste große Unterschied zu Deutschland, den ich bemerkte.
Da es ohne Spanischkenntnisse anscheinend bisschen schwer sein soll, mit nationalen Bussen zu fahren (weil Stationen nicht angesagt werden bzw. es gar nicht wirklich welche gibt, und Englischkenntnisse bei den Busfahrern in der Regel auch nicht vorhanden sind), war abgemacht, dass uns Luka, im Moment der einzige Freiwillige im Projekt in Olón, abholen wird. Es war nicht schwer, einen großen, blonden Deutschen in der Menschenmenge zu entdecken, vor allem, wenn man beachtet, dass in Ecuador die Durchschnittsgröße von Männern bei 164 cm liegt. Nach nur ein paar zuvor gewechselten Textnachrichten war ich natürlich gespannt, ob wir uns auch gut verstehen würden – schließlich wird Luka noch bis Mitte Januar in Olón sein. Schnell wurden meine Zweifel beseitigt und schon bald starrte ich aus dem Busfenster auf den Ozean, Richtung Indonesien. Kurz vor Olón wurde ich immer nervöser. Schließlich würde ich gleich meine Gastfamilie kennenlernen und natürlich auch endlich das Dorf sehen, welches für die nächste Zeit mein neues zu Hause sein wird.
Man kann viele Adjektive verwenden um meine Gefühle bei meiner Ankunft zu beschreiben, aber „begeistert“ ist sicherlich keins davon. Ich hätte nicht gedacht, dass es mich als reiselustiger und offener Mensch so erwischt, aber das erste Mal in meinem Leben habe ich einen echten Kulturschock erlebt. Anhand von Fotos und Videos hatte ich mir natürlich schon ein Bild von Olón gemacht – welches ich romantisiert und so schön wie möglich gemacht hatte. Nun, Olón ist kein typisches Strandparadies, voller Bäume und Grünflächen mit bunten, modernen und schönen Hütten und Häusern. Es ist ein kleines Fischerdorf, mit einigen Palmen neben den staubigen und sandigen Straßen. Zwar sind manche Häuser bunt, aber als modern und schön kann man sie eher nicht beschreiben. Viele sind nur halb fertig gebaut, haben keine Türen und Fenster und sehen kein bisschen so aus wie Häuser, die man aus Deutschland kennt. Natürlich war mir klar, dass es hier sehr anders als in Deutschland sein würde, schließlich habe ich mich ja auch genau deshalb dafür entschieden in ein Entwicklungsland zu reisen, weil ich die Lebensumstände und Kultur hier kennenlernen wollte. Und mittlerweile, beziehungsweise schon seit einigen Wochen fühle ich mich auch total wohl hier.
Aber am Anfang war ich auf jeden Fall überrascht, wie anders alles aussah, als wie ich es mir ausgemalt hatte und ein bisschen unsicher, ob es denn wirklich die richtige Entscheidung war für acht Monate hierher zu kommen. Hinzu kam auch noch, dass ich spontan in eine andere Gastfamilie gekommen bin als die, die für mich vorgesehen war. Über diese zusätzliche Planänderung habe ich mich in dem Moment auch nicht so gefreut.
Unser Haus ist natürlich nicht so schön, wie ich es mir ausgemalt hatte (aber es hat immerhin eine Eingangstür ;)), mein Zimmer besitzt keine Fenster, ist feucht an den Wänden und ich schlafe auf einer dünnen Schaumstoffmatratze. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt (obwohl ich vielleicht noch etwas wegen der Matratze organisieren werde, da ich keine Lust habe weitere sieben Monate lang jeden Abend alle meine Pullover draufzulegen, um den Holzrahmen des Betts ein bisschen weniger zu spüren), aber am ersten Tag war das auf jeden Fall auch kein Zustand, der dazu beigetragen hat, dass ich mich in dieser neuen und sehr anderen Umgebung wohler fühle.
Als ich angekommen bin, war gerade nur meine Gastmutter Ana zu Hause. Wir haben uns begrüßt, sie hat mir mein Zimmer gezeigt und das war`s dann erstmal. Klar konnten wir beide wenig miteinander anfangen, schließlich konnte ich kaum ein Wort spanisch. Aber es war trotzdem ein komisches Gefühl in der Gastfamilie anzukommen und, wie ich es in dem Moment wahrgenommen habe, so wenig beachtet zu werden.
Mittlerweile ist alles super! Ich fühle mich wohl in Olón, mit meiner Gastfamilie komme ich auch bestens klar, alle sind nett und auch das mit dem Spanisch läuft schon viel besser.
Ich wollte nur einfach mal wahrheitsgemäß schildern, dass es eben ein paar Tage gedauert hat, bis ich mich mit dieser neuen Situation anfreunden konnte und wirklich in Olón angekommen bin. Ich hatte nicht erwartet, dass ich einen schweren Start haben würde und war wohl in Gedanken auch nicht wirklich auf so einen großen Unterschied und eine völlig andere Lebensrealität von einem Tag auf den anderen vorbereitet. Jetzt weiß ich, dass so ein Kulturschock total normal ist und auch, dass meine erste Wahrnehmung völlig in Ordnung war, da es einfach eine riesige Umstellung ist. In dem Moment, als ich mich nicht so glücklich gefühlt habe am Anfang, habe ich den Fehler bei mir gesucht, ob ich vielleicht doch nicht hierfür gemacht bin oder ob meine Einstellung falsch ist. Aber sich in einer, im Vergleich zu dem Alltag, den man gewohnt ist, solch anderen Situation zu befinden, ist nunmal eine Sache, an die man sich erstmal gewöhnen muss. An jeden, der sich vielleicht gerade in so einer Situation befindet, oder sich mal in einem fremden Land etwas verlassen oder unwohl fühlt: Ich kann versichern, dass alles mit der Zeit besser wird, es ist völlig normal, dass man ein bisschen Eingewöhnungszeit braucht!
So, aller Anfang ist schwer, aber schon bald werde ich von meinem Alltag, dem Unterricht, meiner Gastfamilie, dem Essen und allen anderen Sachen, die ich hier so erlebe, berichten 🙂