Freunde und Gastfamilie

Hier Freunde zu finden ist mir am Anfang entgegen meiner Erwartungen recht schwer gefallen. Mit den anderen Freiwilligen verstehe ich mich zwar echt gut und Neele (unterrichtet seit kurzem Geige), Jannes, Luka, Jannik (ihn kannte ich durch Zufall schon aus München vom gemeinsamen Musik machen; Jannik unterrichtet Schlagzeug) und ich unternehmen oft was zusammen, aber ich wollte natürlich auch einheimische Freunde finden. Doch wegen der kulturellen Unterschiede hat sich das nur langsam entwickelt.

Weibliche ecuadorianische Freunde zu finden ist nämlich echt schwer, weil die jüngeren Mädchen zur Schule gehen und danach der Großteil, der nicht wegzieht um zu studieren, sofort die Position der Hausfrau übernimmt, den ganzen Tag kocht und putzt oder schon Kinder hat. Die Ecuadorianerinnen hier in Olón halten sich also größtenteils im Haus auf, sportliche Aktivitäten im Freien unternehmen sie selten.
Mittlerweile habe ich ein paar nette Bekanntschaften mit Frauen gemacht, aber das sind eher reisende Ausländerinnen.

Mit Jungs kann man zwar sehr gut Ausflüge unternehmen, Surfen gehen usw. aber man muss aufpassen, dass man nicht in die falsche Schublade geschoben wird. In Ecuador, wie in ganz Lateinamerika, ist der Machismus weit verbreitet und Männer haben keine Scheu davor Frauen anzusprechen, vor allem als Europäerin oder „Weiße“ bekommt man das sehr zu spüren. Am Anfang fand ich das echt unangenehm, mittlerweile fällt es mir kaum noch auf.
Wenn man es aber schafft am Anfang dieses schmale Grat zwischen Freundschaft und Mehr geschickt zu gehen und man dann in der „Freundschaftsschublade“ landet (was bisher immer mein Ziel war), dann kann man wirklich nette Freunde finden. 
Bisher ist mir das bei Christian und Geovanny gelungen, mit denen wir auch in der Gruppe viel unternehmen. Oft treffen wir uns am Strand und zu Ausflügen oder machen Abends ein Lagerfeuer oder Musik.

Ausflug nach Los Frailes
Von links nach rechts: Christian, Neele, Geovanny, Ich, Jannik und Jannes
Jannik, Ich, Jannes und Luka am Strand von Olón
Lagerfeuer bei Christian mit frischen Fisch

Gastfamilie

Mit meiner Gastfamilie verstehe ich mich super. Schon am ersten Tag, als ich mich am Anfang bisschen fremd und alleine gefühlt habe, wurde es viel besser, als am Abend meine Papa Juan nach Hause kann. Mit ihm konnte ich mich irgendwie besser unterhalten und er hat auch immer versucht, mich in Konversationen einzubinden.

So wie sich mein Spanisch verbessert hat, so auch die Beziehung zu meiner Familie. Wo ich am Anfang noch keine Wünsche ausdrücken und Fragen stellen konnte, spreche ich jetzt meine Probleme an und wir lachen auch schon von Zeit zu Zeit über Witze.                                       

Meine Familie besteht aus meinen Eltern Ana und Juan, die seit vielen Jahren glücklich verheiratet sind und zwei Kinder haben: Angie und Kevin. Angie ist 22 Jahre alt und hat einen zweijährigen Sohn, Isaac. Sie lebt mit dem Vater von Isaac im zweiten Stock unseres Hauses und ist tagsüber entweder mit ihrer Arbeit in einem Geschäft als Verkäuferin, mit ihrem Sohn oder mit Hausarbeit beschäftigt. Wir wechseln manchmal paar nette Worte, lächeln uns immer an und ab und zu helfe ich beim Kochen, aber ansonsten habe ich nicht wirklich viel mit ihr zu tun.          
Kevin ist 19 Jahre alt und studiert in Santa Elena (größere Stadt, ca. 1,5 Stunden Busfahrt von Olón entfernt) Mathematik. Er kommt immer übers Wochenende nach Hause und wenn er gerade nicht lernt, Freunde trifft oder in einer Bar am Strand arbeitet unternehmen wir manchmal was zusammen. Juan arbeitet als Elektriker und Ani führt den Haushalt, unseren kleinen Shop mit Grundnahrungsmitteln, die Wäscherei in unserem Hinterhof und ist als Freiwillige in der Kirche tätig.                                   
Immer wieder kommen auch andere Familienmitglieder, zum Beispiel Cousinen zu Besuch.

Ein Familienausflug zum nahegelegenen Fluss
Von links nach rechts: Isaac, Angie, Ich, Ana, Joselin (eine Cousine) und Neele
Ausflug nach Salinas mit Juan

Vor einem Monat ist eine neue Freiwillige, Neele, die Geige unterrichtet, hier in Olón angekommen. Da sie nicht in ihre vorgesehene Gastfamilie kommen konnte, weil die Mutter einen Unfall hatte, habe ich angeboten, dass sie für ein paar Tage, bis eine neue Familie für sie gefunden wird, bei uns wohnen kann. Doch leider hat sich unser ecuadorianischer Projektkoordinator nicht wirklich in die Suche nach einer Gastfamilie für sie reingehängt, weshalb sie schließlich fast einen Monat lang bei uns gewohnt hat. Vor paar Tagen hat sie endlich eigene Familie bekommen, worüber wir uns beide gefreut haben, weil das doch eine unvorteilhafte Situation ist, wenn zwei Deutsche in derselben Gastfamilie wohnen.