Fünf Filme hintereinander weg, einer schlechter als der andere, die mich allesamt von meinem Buch abhielten, Sierra-Highlights wie Chimborazo und Cotopaxi, sowie ein durch die heftigen Regenfälle völlig überfluteter Terminal prägten die Busfahrt von Cuenca nach Quito. Die Straßen dort glichen Flüssen, die wir mit unserem Bus durchquerten, was Wellen bildete, welche die Passanten auf dem Bürgersteig verschreckt aufspringen ließ.
In Quito besuchten wir wieder die Familie Alvarez, die wir bei unserem letzten Quito-Ausflug über Couchsurfing ausfindig gemacht hatten. Die Familie begrüßte uns herzlich mit einem Abendessen. Nach dem obligatorischen Billiard-Match legten wir uns nach diesem doch recht anstrengenden Reisetag aufs Ohr.
Am nächsten Tag unternahmen wir mit der ganzen Mannschaft einen waschechten Sonntagsausflug. Dieser führte uns zu dem wunderschönen Wasserfall Condor Machay. Armando, der nette Vater, entpuppte sich auf dem Weg dorthin durch ein grünes Tal zum Fremdenführer und erklärte uns, dass die horizontalen Linien im Fels auf Lavaströme zurückzuführen seien, die vom nahgelegenen Vulkan Cotopaxi durchs Tal strömten.
Auf dem Rückweg fing es langsam an zu regnen, sodass unsere Schritte schneller wurden. Als wir später in einem comedor (Restaurant) saßen, fing es so richtig an zu prasseln. „Justo!“ (Genau richtig), meinte Armando. Unter dem Wellblechdach verstand man durch das Trommeln des Regens bald sein eigenes Wort nicht mehr.
Anschließend fuhren wir zurück zum Haus, wo wir des W-LANs frönten, zu Abend aßen, die obligatorische Runde Billiard zockten und uns früh schlafen legten, da wir am nächsten Morgen gegen acht Uhr mit Jose, dem Sohn, an die Ferienanlage der Familie an der Nordküste bei Esmeraldas in der gleichnamigen Provinz fuhren.
Die Ferienanlage wurde von dem schweren Erdbeben im April letzten Jahres stark mitgenommen, sodass sie zurzeit in Sanierungsarbeiten steckt. Jose, ein fertig studierter Architekt fährt jede Woche von Quito die vier ein halb Stunden nach Esmeraldas, um nach dem Rechten zu schauen. Mir schlich sich die Vermutung ein, dass sein Vater, der ebenfalls Architekt ist, ihm diesen Job verschafft hat, da er Schwierigkeiten hat, eine Stelle zu finden. Er erzählte uns, dass der Job dort auch recht langweilig ist, da er nicht viel zu tun hat und es neben dem Strand auch nicht soo viel Freizeitangebot gebe.
Dass er jede Woche die Strecke fährt, merkten wir schnell an seinem Fahrstil. Die kurvige Passstraße von Quito an die Küste fuhr er wie Michael Schumacher. Plötzlich, in einer besonders engen und unangenehmen Kurve schlackerte jedoch das Lenkrad und wir mussten in einer Nothaltebucht anhalten. Es stellte sich heraus, dass die Bremsklötze bei der Hitze kristallisiert waren und nicht mehr funktionstüchtig waren. Ein Verschleißproblem.
Also wurde Papi angerufen, der versprach, mit einem Mechaniker anzurücken. Bis er schließlich kam, vergingen allerdings geschlagene drei Stunden, die wir mit Lesen, Musik hören und Kartenspielen in der Nothaltebucht zubrachten. Schließlich kamen die beiden, nahmen rasch die Reifen ab und wechselten die Bremsklötze aus. Kein Hexenwerk eigentlich. Anschließend gingen wir etwas essen und fuhren die Strecke zu Ende.
Tonsupa, das Dorf, in dem die Ferienanlage der Familie liegt, ist direkt am Meer gelegen, ist aber leider ziemlich verbaut, ein Miami-Fake, Hochhäuser mit Ferienanlagen direkt am Strand, eine Bausünde neben der anderen, aber für uns war es für umme und das Meer war natürlich so geil wie immer. Es scheint so ähnlich wie Punta Carnero von Guayaquil das Feriendomizil-Dorf von Quito zu sein. Laut Jose lebten dort viele Quiteños. Das Erdbeben hat auch die anderen Hochhäuser nicht verschont und so ist einiges kaputt und unbewohnt. Bisschen strange.
Durch die Sanierungsarbeiten lebten wir quasi in einer Baustelle. In langen Zelten lebten die Bauarbeiter, die von einer Köchin mit Mittagessen versorgt wurden. Abendessen gab es leider nicht, sodass wir uns nach einer Baderunde mit Sonnenuntergang und Strandspaziergang mit Brot, Thunfisch, Oliven, Senf und Marmelade begnügen mussten. Das, was halt da war.
Am folgenden Tag gingen wir aus dreierlei Gründen am Strand Joggen: Erstens wollten wir es Tobias aus dem Projekt in Playas gleichtun, zweitens wollten wir fit bleiben, da wir noch vorhatten, am Chimborazo zu wandern und drittens um gegen den drohenden Reis-Bauch anzukämpfen. Danach kühlten wir uns im Pool der Anlage ab.
Ziemlich bald darauf bekam ich eine Migräne-Attacke, die mir auch nicht gestattete, mein Mittagessen im Bauch zu behalten. Badman musste sich dann alleine aufmachen, um die Playa Escondida kennenzulernen, weswegen ich unbedingt nach Esmeraldas kommen wollte, sie wurde von meinem Reiseführer nämlich in den höchsten Tönen gelobt. Immerhin hat er mir und euch ein paar Bilderchen geschossen:
Badmans Fazit: Schöner einsamer Strand, gerade im Gegensatz zum Strand von Tonsupa, allerdings sei er zum Baden nicht gut geeignet. Ich verbrachte den Nachmittag dann mit dösen und Blog schreiben, und als es mir besser ging, ging ich einkaufen, die Tickets zum Chimborazo für den Nachtbus kaufen und noch ein letztes Mal baden. Später trudelte Badman ein, mit dem ich Spaghetti Carbonara kochte, was mir glaube ich besser schmeckte als ihm.
Auf der Busfahrt nach Riobamba, von wo aus der Chimborazo zu erreichen ist, mussten wir erst total schlaftrunken eine Polizeidurchsuchung über uns ergehen lassen und später völlig schlaftrunken von Quito ein Busticket nach Riobamba lösen. Um 5:45.
Gegen zehn Uhr kamen wir dort an, suchten uns schnell ein Hostal in Terminal-Nähe und frühstückten ein gutes Encebollado, eine Suppe aus der kartoffelähnlichen Pflanze Yuca, Fisch und Zwiebeln, verfeinert mit Limone und Chiffles (Kochbananen-Chips). Ist vor allem dafür berühmt, gut gegen den chuchaqui (Kater, übrigens ein Quechua-Wort) zu sein.
Dann ging es auch schon ab zum höchsten Berg Ecuadors, eben jenem Chimborazo, den Berg, den Humboldt fast ganz als erster bestieg, dafür aber trotzdem wie ein Held gefeiert wurde. Leider zeigte sich der Gigant in weißem Wolkenkleid, sodass der Aufstieg außer den Vikunjas, kamelartigen Andentieren, recht öde und durch den schneidenden Wind und die Wolken- bzw. Nebelfetzen, die sich wie Regen anfühlten, sogar anstrengend wurde. Hinzu kam natürlich wieder einmal die Höhe, wir starteten bei einer Hütte auf 4.800 m und endeten bei einer Lagune auf 5.100 m. Bis zum Gipfel hätten zwar noch gute 1.200 m gefehlt, aber wir waren, da wir ja gerade vom Normal Null bei Esmeraldas kamen, schon dort ganz gut bedient.
Auf der Hütte, auf der wir uns eine heiße Schokolade zur Stärkung gönnten, schlossen wir mit einer netten Belgierin Bekanntschaft, die in derselben Nacht den Gipfel besteigen wollte. Hut ab! Den Heimweg verkürzten wir uns, indem wir uns mit einer Gruppe lustig aufgelegter Medizin-Studenten aus Riobamba, die aufgrund von Wahlen an der Uni einen freien Tag hatten, in einen Viehlaster setzten, mit dem wir ziemlich holprig, aber lustig nach unten kamen. Die Stimmung wurde durch Bier und Kekse noch versüßt.
Mit der Rückfahrt nach Guayaquil am nächsten Morgen endete dann unsere Best-of-Sierra-Essential-Tour und für mich auch das letzte Mal reisen in Ecuador. Schnief… Zumindest für diesen Aufenthalt. Dass ich irgendwann mal wiederkommen will, steht schon fest. Wann noch nicht…