Todo nuevo – der Guasmo und Clave de Sur

Anfangs dachte ich oft noch „Todo nuevo“ – alles neu, aber inzwischen habe ich mich ziemlich gut an mein neues Umfeld hier im Guasmo mit der Musikschule Clave de Sur, den Hauptschauplätzen meines neuen Lebens, gewöhnt.

 

Mein neuer Alltag:

  • Ausschlafen bis ca. neun Uhr. Viel länger kann ich mit dem Ventilator im Zimmer ohnehin nicht schlafen; manchmal denke ich wegen dieses brummenden Mitbewohners, ich habe am Strand übernachtet. Die Geräusche ähneln Meeresrauschen und Windböen. Sonst werde ich ab und an auch von der bezaubernden Melodie des Müllautos geweckt, die den Zweck hat, die Bewohner des Guasmos aufzufordern, ihren Müll rauszubringen. Neugierig? Hier eine kleine Kostprobe:
  • Meinem Stundenplan folgend geht’s nach einem mehr oder weniger kargen Frühstück (das hängt von mir ab; mein Gastbruder frühstückt meines Wissens gar nicht) meist um zehn Uhr die paar Schritte zur Musikschule, wo oft andere Freiwillige oder Schüler warten. 

 

Die Musikschule „Clave de Sur“ von außen:

 

Anschließend gibt es zwei Möglichkeiten:

a) Schüler*in kommt.

b) Schüler*in kommt nicht.

Die Wahrscheinlichkeiten für eines der beiden Ereignisse liegen bei 50/50… Nehmen wir einen Mustertag aus Cons‘ Leben und gehen von Fall a) am Vormittag und Fall b) am Nachmittag aus.

In Fall a) wird zuerst ein freier Raum gesucht und dann erst wird entschieden,…

Und dann geht’s los. Das Unterrichten ist und bleibt ziemlich anstrengend, gerade in der fremden Sprache. Dabei muss man oft den Entertainer machen und teilweise auch sehr spezifische Dinge kritisieren, sodass die Sprache wichtig ist. Vor allem oft hintereinander das selbe Instrument zu unterrichten, ist anstrengend, bei schüchternen Schülern beinahe tödlich. Inzwischen habe ich aber einige Techniken entwickelt, um der Zähigkeit eines Schülernachmittags zu entgehen. Kreative Übungen (Laufen mit der Tonhöhe der Musik, ein Tipp von Charlotte) oder Gehörbildung und Theorie bringen etwas Abwechslung in den Laden.

  • Über Mittag geht es nach Hause, mit der Gastfamilie plaudern, mittagessen, skypen oder chatten. Beizeiten auch mal Spanisch lernen (mit „Kauderwelsch, Spanisch für Ecuador Wort für Wort“) oder Pablo Giordanos „Die Einsamkeit der Primzahlen“ lesen. Beides spitzenklasse Bücher. Süperbeste Empfehlung vom Autor himself!
  • Dann wieder zurück ans Werk, wobei wir ja für den Nachmittag Fall b) annehmen, viel Arbeit gibt’s da also nicht. In Freistunden kann man sich einfach in die good vibes der Musikschule legen, mit diesem quatschen, mit jenem jammen, hier eine Stunde Teakwondo nehmen und dort Gitarre lernen. Alles sehr spontan und sicher auch eine Haltung, die tief in der ecuadorianischen Kultur verankert ist. Da fühlt man sich wohl. Natürlich gibt es auch Meinungsverschiedenheiten und kleinere Intrigen, dadurch aber, dass ich noch nicht so lange hier bin, erwischen mich diese noch nicht.

 

Teakwondo mit John

  • Abends variiert das Programm. Mal geht’s einfach nach Hause, essen, Heia machen, basta, manchmal gehen wir noch was trinken und essen (die Reihenfolge ist mit Bedacht gewählt). Gestern waren wir beispielsweise UNO und die ecuadorianische Abart von „Werwolf“, hier „Mafia“ genannt, spielen. Was jeden Abend konstant bleibt, ist früher oder später der Gedanke:

Mann, schon wieder ein Tag um!

 

Autor: Cons

Cons ist ein neunzehnjähriger Weltenbummler mit musikalischen Neigungen. Diese beiden Aspekte sieht er bei dem Verein Musiker ohne Grenzen (MoG) vereint und deshalb macht er jetzt für ein halbes Jahr einen musikalischen Freiwilligendienst in Ecuador, genauer Guayaquil. Er gibt dort in einem ärmlichen Viertel, Guasmo Sur, in der Musikschule Clave de Sur Unterricht für Klavier, Horn bzw. Trompete (da muss er sich an die Nachfrage anpassen) und Gesang.

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